Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll15. Sitzung, 21. März 2018 / Seite 38

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gefallen, so bin ich dennoch der festen Überzeugung, dass Veränderung das einzig Be­ständige im Leben ist. Ich habe diesen Spruch auch sehr lange als Bildschirm­schoner auf meinem Parlamentslaptop gehabt.

Für mich gibt es ab morgen auch eine Veränderung. Ich werde heute meine letzte Rede hier im Parlament halten, nach genau 15 Jahren 3 Monaten und einem Tag Tätigkeit hier im Hohen Haus. Morgen werde ich in Niederösterreich als Landesrätin für Gesundheit und soziale Verwaltung mit Kinder- und Jugendwohlfahrt angelobt. Ich sehe meiner neuen Aufgabe mit viel Freude, viel Neugier und viel Zuversicht entgegen, nicht wissend, was es genau werden wird.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, genauso war es aber auch vor 15 Jahren 3 Monaten und einem Tag, als ich hier in das Hohe Haus eingezogen bin. Niemand weiß – auch viele neue Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete wissen das nicht –, was genau von einem Abgeordneten, einer Abgeordneten erwartet wird. Niemand weiß genau, wie sich das gestalten wird. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Wege entstehen im Gehen, und ich bin in den letzten 15 Jahren viele Wege gegangen – viele gerade Wege, auch manchmal einen Irrweg, aber wir sind immer nach vorne gegangen.

Ich habe in den letzten 15 Jahren viele, viele Schülerinnen und Schüler und auch viele andere Besucherinnen und Besucher bei uns im Hohen Haus begrüßen dürfen. Es ist von den jungen Menschen sehr oft die Frage gekommen: Was haben Sie denn eigentlich gelernt, bevor Sie Abgeordnete geworden sind? Was muss man denn eigentlich als Abgeordneter oder als Abgeordnete können? – Und ich habe dann oft zu ihnen gesagt: Nichts. (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.) Dann war das große Staunen da. Sie haben sich gedacht: Was gibt es denn da? In Österreich ist doch Ausbildung eine ganz, ganz wichtige Voraussetzung dafür, um überhaupt Karriere machen zu können.

Ich habe ihnen immer gesagt: Das ist das Schöne an der Demokratie. Jede und jeder kann politisch tätig werden, wenn er genug Engagement mitbringt und vor allem – geschätzte Damen und Herren, davon bin ich wirklich überzeugt! – die Menschen mag. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS, Liste Pilz sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Wenn man die Menschen nicht mag, dann sollte man diesen Job nicht machen – ganz einfach.

Dann habe ich ihnen gesagt: Aber dann, liebe Schülerinnen und Schüler, muss man viel lernen. Man muss lernen, Gesetze zu lesen. Man muss lernen, sich selbst sehr gut zu organisieren. Man muss die Usancen des Hauses lernen – das wünsche ich auch allen neuen Kolleginnen und Kollegen. Man muss lernen, die eigenen Anliegen zu den Anliegen von vielen zu machen, damit sie in Anträge oder bestenfalls in Beschlüsse münden. Man muss lernen, harte Diskussionen zu führen, um seinen Standpunkt zu vertreten, aber immer wertschätzend und respektvoll anderen Meinungen gegenüber zu bleiben. Man muss lernen, Kompromisse zu schließen, denn das ist Demokratie. Man muss lernen, den eigenen Wählerinnen und Wählern zu erklären, warum man einen Kompromiss mitbeschlossen hat – das werden auch die freiheitlichen Kollegin­nen und Kollegen noch lernen. Man muss lernen, zu netzwerken.

Man muss lernen, mit dem roten Lamperl am Rednerpult umzugehen, und es ist sehr schwer, in 2 oder 3 Minuten seine Standpunkte zu einem Thema, für das man brennt, auch tatsächlich rüberzubringen. Und wenn man da nicht aufpasst, dann schimpfen die Ordner. Das weiß der Gerald, und das wird in Zukunft der Markus wissen. Also ganz wichtig: Man muss lernen, mit dem roten Lamperl umzugehen.

Man muss auch lernen, eine Balance zwischen der Wahlkreisarbeit und der Arbeit hier im Parlament zu finden. Ich bin davon überzeugt, dass das wichtig ist, vor allem, damit man die Bodenhaftung nicht verliert, damit man auch in Zukunft das Ohr immer beim Wähler und bei der Wählerin hat.

 


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