10.22

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Zuseher! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sie haben in Ihrer gestrigen Rede angekündigt, der Schuldenpolitik nach 64 Jahren ein Ende zu setzen und 2019 einen Budgetüberschuss zu erwirtschaften. Sie nannten das – Zitat – „einen Wendepunkt in der Budgetpolitik Österreichs“. Sie meinten, die Politik habe die Verantwortung, nicht nur jetzt, sondern auch für die Zukunft die richtigen Schritte zu setzen.

Herr Finanzminister! Ich stimme Ihnen da voll und ganz zu, und ich glaube Ihnen auch, dass Sie das sehr ernst meinen. Das Problem ist im Augenblick nur, es ist nicht gelungen, diese Worte in das Budget zu gießen. Es ist Sand-in-die-Augen-Streuen. Das strukturelle Budgetdefizit, also konjunkturbereinigt, beträgt sowohl heuer als auch nächstes Jahr minus 0,5 Prozent.

Herr Wöginger – ich sehe ihn jetzt nicht –, Sie reden immer sehr, sehr viel vom Haus­verstand. Es geht hier um das Budget der Republik Österreich für die nächsten zwei Jahre, und da muss man sich Zahlen anschauen, die auch aussagekräftig sind, und das ist das strukturelle Budgetdefizit und nicht ein administrativer Überschuss.

Herr Finanzminister! Die Konjunktur hätte Ihnen und der Regierung im Interesse Österreichs einen raketenhaften Start finanziert, dennoch lassen Sie sich Zeit mit den überfälligen Reformen, und auch Zukunftsinvestitionen sehen wir in diesem Budget nicht. Es wird verwaltet, es wird nicht gestaltet. Die großen Themen wie Bildung, Umweltpolitik, Klimaschutz, Digitalisierung streifen Sie bestenfalls.

Wie Sie auch in Ihrer Budgetrede erwähnt und richtigerweise festgestellt haben, ist die Alterung der Gesellschaft ein Riesenproblem. Pflege, Pensionen, Absicherung, das sind die ganz großen Themen, die Sie zwar erwähnt haben, aber wozu Sie einfach keine Lösungen geboten haben. Es geht schon heute jeder vierte Euro des Steuer­gelds in die Pensionen. Wir sehen diese Bereiche als für die Zukunft nicht abgesichert.

Die zweite Geschichte, die auch heute wieder erwähnt worden ist, ist die Abschaffung des Pflegeregresses. Sie haben 100 Millionen Euro dafür budgetiert. Wir wissen jetzt – seit Weihnachten, glaube ich, reden wir davon –, dass es zwischen 500 und 600 Mil­lionen Euro sein werden. Ein umsichtiger Kaufmann hätte das schon in das jetzige Budget einpreisen können. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe es erwähnt, wir sehen im Augenblick die Probleme, aber die Lösungen sehen wir im jetzigen Budget nicht. Leidtragende werden die nachfolgenden Generationen sein.

Der zweite Punkt, den Sie gestern erwähnt haben, ist, dass Sie im System sparen wollen. Wir haben uns die Zahlen angeschaut, die wir vorgestern bekommen haben: Im Jahr 2017 waren circa 3 Milliarden Euro für Sondereffekte budgetiert, vielleicht sogar 3, 3,5 Milliarden Euro. Sie haben gesagt, Sie sparen 2,5 Milliarden Euro im System ein. Wenn wir jetzt die Zahlen 2017/2018 im Ausgabenbereich vergleichen, dann sehen wir, dass insgesamt 2,5 Milliarden drinnen stehen, nach der Berechnung mit den Son­dereffekten, die ja heuer nicht angesetzt sind. Statt diesen 2,5 Milliarden Euro sollten wir aber eigentlich zwischen 6 und 7 Milliarden Euro heuer einsparen können, wenn diese Zahlen denn so stimmen.

Das Zweite, das wir ansprechen müssen, ist das Einhalten der Versprechen aus dem Wahlkampf. Herr Gudenus, wenn ich auf Ihre Rede verweisen darf, diese Wahlver­sprechen werden nicht eingehalten. Ich weiß nicht, ob wir die gleichen Unterlagen dazu gelesen haben, aber ÖVP und FPÖ haben im Wahlkampf eine weitreichende Steuer­reform versprochen. Die ist offenbar verschoben. (Abg. Rosenkranz: Wie lang dauert denn bei Ihnen eine Legislaturperiode? Drei Monate oder ‑ ‑?) – Zwei Jahre. Jetzt ist die Zeit, die Dinge anzugehen! (Abg. Rosenkranz: Ja, eh!) 2020 schaut es wieder anders aus.

Die Transparenzdatenbank haben Sie uns auch im Wahlkampf versprochen. Die ist offenbar auch verschoben. (Abg. Rosenkranz: Was soll diese Ungeduld?) Und die Senkung der Körperschaftsteuer – reden wir einmal von den Unternehmerinnen und von den Unternehmern in diesem Land –, die ist offenbar auch verschoben. (Abg. Rosenkranz: Ich weiß schon, dass Sie alle von den NEOS Zauberer sind!) Von der Abschaffung der kalten Progression wollen wir gar nicht reden, die ist offenbar nicht nur verschoben, die ist vielleicht sogar ganz aufgehoben. Dass Sie damit den Familien­bonus und vielleicht eine Steuerreform, die irgendwann einmal kommen könnte, finanzieren werden, das haben wir heute auch schon gehört. (Abg. Rosenkranz: Ich bin überzeugt davon, in fünf Jahren wählen Sie FPÖ! – Heiterkeit.) – Ich bin überzeugt davon, dass das nicht passieren wird.

Herr Finanzminister! Sie haben gestern auch gesagt, dass Sie ein Quereinsteiger sind, und haben Ihre Vorgänger kritisiert. Ich finde das legitim. Man muss aber auch sagen, auch Ihre ersten hundert Tage im Amt sind vorbei; wir kommen beide aus Füh­rungs­positionen in der Privatwirtschaft, und wir wissen genau, was das bedeutet: Nach den ersten hundert Tagen muss man sich hinstellen, Entscheidungen treffen, man muss die harten Richtlinien festlegen und man muss Kurs setzen für eine erfolgreiche Zukunft.

Mit allem Respekt, zu diesem Budget muss ich festhalten: Es ist mutlos, es ist nicht nachhaltig, es ist ein Biedermeierbudget, das Sie uns hier vorgelegt haben. Wir haben hier im Hohen Haus heute die erste Lesung, und die Ausschussberatungen liegen vor uns, daher kann ich nur an Sie appellieren: Zeigen Sie uns allen, dass Sie zu Recht in diesem Amt sind! Zeigen Sie uns Ihre Führungsqualitäten, die Sie in der Privat­wirtschaft bewiesen haben, und lassen Sie uns hier noch nachbessern! Ich glaube, da ist noch einiges mehr drinnen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Rosenkranz: Die NEOS hätten lieber ein Barockbudget von Ludwig XIV.!)

10.27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Peter Kolba. – Bitte.