15.03

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Niemand auf der Regierungs­bank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Geschichte zu diesem Fristsetzungsantrag, der heute in der Früh eingebracht wurde, ist ja eine spannende: Es geht um das Sicher­heitspaket, das sich in zwei Teile teilt, einerseits in den Teil, der im Innen­ausschuss behandelt wird, und andererseits in den Teil, der im Justizausschuss behandelt wird. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Ich erinnere mich, dieser Gesetzentwurf ist bereits in der vorigen Gesetzgebungs­periode aufgelegen. Zu diesem Entwurf gab es in Summe 9 035 Stellungnahmen – ich möchte nur dazusagen, normalerweise gibt es so in etwa 100, 150 Stellung­nah­men. 9 035 Stellungnahmen! Aufgrund dessen haben wir Sozialdemokraten uns ent­schlossen, dass wir diesem Gesetz in der Form nicht zustimmen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist weiter passiert? – Es gab einen Ministerrat, die Regierungsparteien haben sich darauf geeinigt, dieses Gesetz wieder einzubringen, und zwar mit – so wie ver­sprochen – Änderungen. Ich kann mich erinnern, wir haben dieses Gesetz schon einmal debattiert, und wir haben uns über die Änderungen auch schon einmal kurz unterhalten. Die Änderungen, die ich in diesem Gesetz gefunden hätte, wären etwa Verlängerungen dahin gehend, dass man Videoaufzeichnungen länger aufbewahren muss, dass diese länger gespeichert werden müssen. Das sind also nicht wirklich Verbesserungen im Sinne der Bevölkerung.

Worum geht es eigentlich in diesem Entwurf? – Ich bleibe bei dem Teil, der im Innen­ausschuss behandelt wird, mein Kollege Jarolim wird dann zum Justizteil sprechen. Es geht in diesem Gesetz um die Herausgabepflicht für bereits vorhandenes Video­ma­terial, um die Möglichkeit der Verlängerung der Aufbewahrungsdauer bei Video­über­wachungen durch bestimmte Rechtsträger, die zulässig den öffentlichen Raum über­wachen, um Registrierung von Prepaid-Handywertkarten, um den Ausbau der Kenn­zeichenerkennungssysteme, um die Einführung von Sicherheitsforen und um den Ausbau der Kostenersatzpflicht bei mutwillig verursachten Polizeieinsätzen.

Ich möchte mich nur auf einen Punkt beschränken: Es ist derzeit so – und wir alle kennen das, wenn wir mit dem Auto auf der Autobahn fahren –, dass für die Asfinag die Möglichkeit besteht, eine Section Control durchzuführen. Wir alle haben die leidvolle Erfahrung gemacht, dass, wenn wir zu schnell durch die Section Control fahren, circa einen Monat später der Strafzettel kommt. Dann muss man einzahlen, denn man wird dafür bestraft, dass man zu schnell gefahren ist.

Was ist der Plan in diesem Gesetz? – Der Plan ist, dass es nicht nur eine Strafe für das Fahren mit erhöhter Geschwindigkeit gibt, sondern dass auch Daten gesammelt werden. Es werden Daten gesammelt: Was ist das für ein Kraftfahrzeug? Wer ist der Fahrer des Kraftfahrzeugs? Wer sitzt zusätzlich noch im Kraftfahrzeug? Diese Daten werden gesammelt. Das heißt, es besteht die Möglichkeit, wirklich Bewegungsmodelle von Menschen zu erstellen; Pendler fahren regelmäßig durch Section Controls. Wir, und das haben wir auch damals schon gesagt, halten nichts von dieser Orwell’schen Überwachungsmanie, denn es ist schlichtweg so, dass niemand diese Summe und Fülle an Daten dann auch auswerten kann. (Beifall bei der SPÖ.) – So weit zum Inhalt des Gesetzes.

Jetzt komme ich zur weiteren Vorgangsweise: Wie ist das weiter vor sich gegangen? – Die Regierung hat im Ministerrat beschlossen, dass dieser Entwurf mit Verschär­fun­gen – das sind diese Veränderungen – erneut ins Parlament kommen soll. Somit war auch geplant, dass wir für den 5. April eine Sitzung des Innenausschusses vorbereiten, in der dieses Gesetz zu Beginn eigentlich nur hätte besprochen werden sollen. Wir waren aber der Meinung, dass es, da es so viele Stellungnahmen gibt, erneut eine Begutachtung braucht; ÖVP und FPÖ wollten keine Begutachtung mehr. Wir haben uns darauf verständigt, dass es eine Ausschussbegutachtung gibt, die am 7.3. begon­nen hat. Wir hatten uns auch darauf verständigt, dass es zu einem Expertenhearing kommt. Somit war eigentlich klar, dass wir dieses Gesetz noch einmal ordentlich durchbesprechen können, wir können vielleicht noch Korrekturen veranlassen, damit vielleicht mehr als nur die Regierungsparteien zustimmen können.

Was ist aber gestern passiert? – Gestern gab es seitens der ÖVP und der FPÖ auf einmal die Meinung: Wir wollen das Expertenhearing nicht öffentlich abhalten. – Wozu macht man ein Expertenhearing, wenn es nicht öffentlich ist? Meine Damen und Herren von FPÖ und ÖVP! Fürchten Sie sich vor der Öffentlichkeit, fürchten Sie, dass Sie Ihre Sache nicht durchziehen können? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Von unserer Seite besteht die Möglichkeit, wir sagen, wir hätten gerne die Öffent­lichkeit dabei, man soll über dieses Gesetz noch einmal öffentlich diskutieren, damit man sich auch ein Bild über dieses Gesetz machen kann. Das wollen Sie nicht.

Was ist heute in der Früh passiert? – Heute in der Früh gab es auf einmal einen Frist­setzungsantrag. Was bedeutet das? – Für Menschen, die mit dem Parlamentarismus nicht so vertraut sind: Wenn dieser Ausschuss nicht stattfindet, weil wir dieser Tages­ordnung nicht – in keiner Weise! – zustimmen werden, weil die Expertenhearings nicht öffentlich sind – die Begutachtung hat stattgefunden –, dann, so haben Sie hier den Antrag gestellt, soll nach dem 19. April dieses Jahres dieses Gesetz hier im Plenum beschlossen werden – ohne Expertenhearing, ohne zusätzliche Begutachtung, ohne Debatte im Ausschuss, sondern gleich hier im Plenum. Da soll drübergefahren werden. Das ist das Einzige, was Sie hier planen.

Sie befürchten, dass es seitens der Öffentlichkeit noch negative Meldungen betreffend dieses Gesetz gibt. Ich kann ein paar berühmte, sehr schätzenswerte Menschen zitieren, die sich auch zu diesem Gesetz geäußert haben. Die neue Präsidentin des Ver­fassungsgerichtshofes Bierlein sagt: „Öffentliches Interesse und Grundrechte müssen immer in Balance stehen. In die Grund- und Freiheitsrechte kann nur einge­griffen werden, wenn das durch eine Überwachungsmaßnahme zu schützende öffent­liche Interesse höher zu bewerten ist und andere Maßnahmen nicht ausreichen.“

Ich darf noch jemanden zitieren, und zwar Präsident Wolff vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag, der sagt, dass sich die Entwürfe im Wesentlichen nicht geändert haben. Sehr „befremdlich“ ist für ihn aber, „dass in einigen Punkten sogar die Fristen erweitert wurden, was einen gravierenden Eingriff in die Rechte der Bürger darstellt“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie hätten hier und heute noch die Chance: Machen wir den Ausschuss, machen wir das Exper­tenhearing, machen wir das Expertenhearing öffentlich und schauen wir, dass dieses parlamentarische Prozedere, das jahrelang so üblich war, so durchgeführt wird! Denn Sie werden auch keine Möglichkeit haben, das gegenüber der Bevölkerung zu argu­mentieren, wenn Sie der Meinung sind, dass Sie das hinter verschlossenen Türen machen können, und wenn es der Bevölkerung nicht passt, dann ziehen Sie es einfach durch. – Damit werden Sie hier keine Chance haben! (Beifall bei der SPÖ.)

15.12

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Amon. – Bitte. (Abg. Jarolim: Herr Amon ...! – Abg. Amon – auf dem Weg zum Rednerpult –: Kollege Jarolim freut sich immer, wenn ich spreche!)