11.34

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (PILZ): Frau Präsidentin! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Im November 2017 erklärte der Obmann des Landesverteidigungsausschusses Kollege Bösch in seiner Funktion als FPÖ-Koalitionsverhandler dem „Standard“ gegenüber, dass es eine Erhö­hung des Militäretats auf rund 1 Prozent des BIPs oder umgerechnet 3,5 Milliarden Euro dringend bräuchte. Das Bundesheer liege seiner Einschätzung nach „am Boden, was Ausstattung, Personal, Zustand der Kasernen, Gerät betrifft“. Würde man eine bessere Finanzierung verhindern, hieß es laut Kollegen Bösch von der FPÖ, würde man das Bundesheer in den „freien Fall“ schicken.

Dass Kollege Bösch damit nicht so weit danebenliegt, das bestätigen nicht nur zahlrei­che Bedienstete des Bundesheers, die sich aufgrund der teilweise unzumutbaren Zu­stände (Zwischenruf des Abg. Höbart) an die Parlamentarische Bundesheerkommis­sion gewandt haben, sondern sogar Generalstabschef Commenda, der zugleich auch noch von einer sich international verschärfenden Bedrohungslage warnt.

Man könnte also meinen, dass es bei der Regierung angekommen ist, dass im Bereich der Landesverteidigung dringend Handlungsbedarf gegeben ist, doch ein Blick auf die­ses Doppelbudget, ein Blick auf die Realität des Budgets 2018/2019 sorgt schon für einiges an Enttäuschung. Im Bundesvoranschlag, im Ergebnisvoranschlag wird das Verteidigungsbudget im Jahr 2018 mit 2,25 Milliarden und im Jahr 2019 mit 2,28 Mil­liarden Euro dotiert. In Prozent des BIPs gemessen – in Prozent des BIPs gemessen, um das noch einmal zu betonen – bedeutet dies nach Schätzung der Statistik Austria, nach Schätzung des Wifo einen Rückgang des Landesverteidigungsbudgets von 0,58 auf 0,57 Prozent des BIPs. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Höbart.) Wir sind also weit weg vom selbst gesteckten Ziel, 1 Prozent des BIPs oder 3,5 Milliarden Euro für das Bundesheer zur Verfügung zu stellen.

Ja, und wenn wir einen Blick auf das Bundesfinanzrahmengesetz 2018 bis 2021 und 2019 bis 2022 werfen, so weist dieses gemäß der Analyse des Budgetdiensts des Par­laments mit minus 0,7 Prozent sogar eine Entwicklung unterhalb der Inflationsrate auf. Es sind erschütternde Zahlen, die hier auf dem Tisch liegen und uns auf den Tisch ge­legt werden, und sie werden wahrscheinlich bei dem einen oder anderen Angehörigen der Streitkräfte für Überlegungen sorgen und Zweifel aufkommen lassen, ob sie den richtigen Beruf gewählt haben. Die budgetäre Wertschätzung, die öffentliche Wert­schätzung, die sich im Budget ausdrückt, ist jedenfalls nicht in dem Ausmaß vorhan­den, wie die Angehörigen unserer Streitkräfte es eigentlich verdient hätten. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Um vielleicht noch das eine oder andere zu retten und um an die Aussage des Kol­legen Bösch anzuknüpfen: Es wäre mir wichtig, das Bundesheer eben nicht in den frei­en Fall zu schicken, wir haben deshalb einen Antrag vorbereitet, mit dem wir insbeson­dere die berechtigten Anliegen unserer Rekruten und Rekrutinnen aufgreifen möchten. Diese erhalten aktuell lediglich 321 Euro pro Monat, einen lächerlich geringen Betrag, der unterhalb der Armutsschwelle in Österreich liegt. Große Teile unserer Armee kön­nen demnach als Working Poor bezeichnet werden. Als wäre das an Perversion nicht zu überbieten, sind es genau diese Personen und diese Jugendlichen, die nichts Ge­ringeres tun, als im Ernstfall ihr Leben auch für unsere Sicherheit einzusetzen.

Es ist deshalb dringender Handlungsbedarf gegeben, und ich stelle deshalb folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „die Erhöhung der Grundvergütung für Grundwehrdiener“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Verteidigungsminister, wird aufgefordert, dem Parlament ehestmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die, in Übereinstimmung mit dem Regierungsprogramm und im Rahmen des Doppelbudgets 2018/19, eine An­hebung der Grundvergütung für Präsenzdiener ermöglicht, um diese aus einer Situa­tion akuter Armutsbetroffenheit zu befreien.“

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Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, stimmen Sie zu! – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

11.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA,

Kolleginnen und Kollegen,

betreffend die Erhöhung der Grundvergütung für Grundwehrdiener

eingebracht im Zuge der Debatte über die Tagesordnungspunkte 4-6

zu Top 4) „Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (64 und Zu 64 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2018 bis 2021 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2019 bis 2022 erlassen werden (102 d.B.)“

Begründung

Vor rund 5 Jahren, am 20.01.2013, wurde die österreichische Bevölkerung zur Zukunft des Bundesheeres befragt. Die Menschen konnten sich damals für „Die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres“ oder „Die Beibehal­tung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes“ aussprechen. Bei einer Befra­gungsbeteiligung von knapp mehr als der Hälfte der Stimmberechtigten (52,4 %) vo­tierten – wie allgemein bekannt – 1.947.116 Personen oder 59,7 % für den zweiten Lö­sungsvorschlag und damit für die Beibehaltung der Wehrpflicht.

Dass die Zukunft des Österreichischen Bundesheeres jedoch weniger über Fragen der Organisation und Schlagkraft militärischer Landesverteidigung, als vielmehr über den Themenkomplex Zivildienst/Wehrersatzdienst, Katastrophenhilfe und Ehrenamt ent­schieden werden würde, zeichnete sich schon in den Kampagnen von GegnerInnen und BefürworterInnen ab. Besonders interessant war in diesem Falle festzustellen, wie auch aus dem Lager jener, die noch wenige Jahre zuvor Zivildiener gerne als Vater­landsverräter oder Drückeberger bezeichnet hatten, plötzlich in höchsten Tönen über die unverzichtbaren Leistungen dieser jungen Männer gesprochen wurde.

Ein wahltaktischer Spagat, der sich entsprechend einer Analyse des Institutes SORA als geglückt herausstellen sollte. Demnach gaben 74 % der Wehrpflicht-BefürworterIn­nen als Grund für ihre Entscheidung „die Beibehaltung des Zivildienstes“ an.

Hat die Wehrpflicht-Volksbefragung also vor allem für die UnterstützerInnen des Be­rufsheeres, in Verbindung mit der Einführung des fair entlohnten Freiwilligen Sozialen Jahres, nicht das gewünschte Ergebnis gebracht, so konnte die breite öffentliche Dis­kussion doch zur Bewusstseinsbildung, ob der großartigen Leistungen sowohl der Zivil- als auch der Wehrdienstleistenden, beitragen.

Nach wie vor bestehen jedoch gravierende Benachteiligungen für junge Menschen bei der Ableistung ihres Dienstes, etwa hinsichtlich der extrem geringen finanziellen Ver­gütung von lediglich 321,22 € (Stand: 2018) für Grundwehrdiener (bestehend aus einer monatlichen Grundvergütung von 110,07 € zzgl. eines Monatsgeldes i. H. v. 211,15 €).

Trotz ergänzender Sachleistungen, wie der kostenlosen Unterbringung am Dienstort (Ka­serne), sowie der kostenlosen Zurverfügungstellung von Dienstkleidung (Uniform) und Verpflegung, ist man in der Vergütung des Grundwehrdienstes weit vom Erreichen der Armutsschwelle nach EU-SILC 2016 von 1.185 €/Monat entfernt.

Die Republik Österreich verfügt damit offiziell über eine Armee von Working Poor. Also über Soldaten, die im Ernstfall ihr Leben für den Schutz der Bevölkerung einzusetzen haben, aber nicht genug verdienen, um „ihre Wohnung angemessen warm zu halten, oder ein Auto zu betreiben“1.

Dass hier ein massives Problem vorliegt, wurde scheinbar auch von der Regierung erkannt. Auf S. 53 des Regierungsabkommens hält die Koalition daher eine „Erhöhung der Grundvergütung der Grundwehrdiener“ als Ziel fest. Allein Taten folgten bis dato nicht – ganz im Gegenteil wurde von den Koalitionären am 13.3.2018 der Beschluss eines entsprechenden Antrages im Landesverteidigungsausschuss verweigert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Verteidigungsminister, wird aufgefordert, dem Parlament ehestmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die, in Übereinstimmung mit dem Regierungsprogramm und im Rahmen des Doppelbudgets 2018/19, eine An­hebung der Grundvergütung für Präsenzdiener ermöglicht, um diese aus einer Situa­tion akuter Armutsbetroffenheit zu befreien“.

1 http://www.statistik.at/web_de/presse/112260.html (14.04.2018).

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, auch ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Kunasek. – Bitte, Herr Minister.