9.37

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Hohes Haus! Ja, jetzt bin ich angekommen im politischen Diskurs. (Abg. Jarolim: Das Mikrofon etwas lauter stel­len! – Abg. Hammer: Das hilft nichts bei dir!)

Jetzt bin ich angekommen im politischen Diskurs. – Ich habe das in meiner Berufslauf­bahn so eigentlich nicht angestrebt, aber es ist so. Ich höre hier Dinge wie, ich will die Spaltung der Gesellschaft, die Gesellschaft brennt, ich bin nicht an der Zukunft in­teressiert! – Herr Strolz, alles das sind natürlich Unterstellungen! Ich verstehe, dass man dies im politischen Jargon so gebrauchen kann, ich würde mich aber dennoch freuen, wenn wir den bildungspolitischen Diskurs in einer Art und Weise führen könn­ten, wie wir ihn auch in den Ausschüssen führen. Ich glaube, damit erreicht man mehr für die Sache als mit Unterstellungen, dass man an den Dingen nicht interessiert ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Der Budgetentwurf 2018 umfasst insgesamt einen Betrag von 8 824 Millionen Euro. Das ist eine Zunahme von 368 Millionen Euro gegenüber dem bisherigen Finanzrah­men – 2019 wird das Budget abermals steigen. Das ist eine Budgetsteigerung von insgesamt 670 Millionen Euro für 2018 und 2019. – Damit, sage ich, bin ich zufrieden.

Natürlich kann man sagen, man hätte gerne mehr. Das kann man aus einer Oppo­sitionshaltung heraus wahrscheinlich viel leichter als von der Warte der Regierung, denn mehr könnte es immer sein, aber es gibt klarerweise auch in diesem Ressort so etwas wie eine gesamtbudgetäre Verantwortung, die man mittragen muss.

Mit dem Budget werden sich Schwerpunktsetzungen ausgehen, und das werden die Dinge sein, die immer diskutiert wurden und auch immer wieder an mich herange­tragen werden. Das sind nämlich so ganz einfache Dinge, wie man einsparen könnte, wie: Erhöht doch die Klassenschülerzahl!, was sicherlich ein Unsinn ist, wenn man für die Individualisierung im Unterricht eintritt, oder: Erhöht doch die Lehrverpflichtung bei den Lehrern und Lehrerinnen! – Auch da kann ich nicht mit, denn warum soll eine Be­rufsgruppe ohne Lohnausgleich mehr arbeiten, wenn es andere nicht tun? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das Budget erlaubt Schwerpunktsetzungen, die ich gleich aufzählen werde, und es er­laubt, glaube ich, auch eine sehr gute Weiterentwicklung des Bildungssystems. Ob Sie dann dazu progressiv oder moderat sagen, ist eine Diskussion um bestimmte Begriffe.

Was wir machen können und was wir machen werden, ist sicherlich, ausreichend Res­sourcen für die Deutschförderklassen bereitzustellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Ich höre von Sonja Hammerschmid, ich hätte diesbezüglich einen Zickzackkurs einge­schlagen. Ich weiß nicht, ich habe immer gedacht, dass der parlamentarische Diskus­sionsprozess auch darin besteht, dass man Gesetzesvorlagen in einen Stellungnahme­prozess einbringt und dass man diesen Stellungnahmeprozess auch ernst nimmt, hin­hört, sensibel hinhört, auf die Bedürfnisse und Interessen unterschiedlicher Stakehol­der Rücksicht nimmt und dann mit einem Vorschlag kommt. Wenn das jetzt mit Zickzackkurs negativ belegt wird, dann habe ich, das muss ich noch einmal sagen, eine andere Vorstellung eines parlamentarischen Prozesses. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Loacker: Wenn die ÖVP von Parlamentarismus redet! Lächerlich!)

Aber ich sage Ihnen: Zuhören wird weiterhin zu meinem Stil dazugehören, auch dann, wenn ich mir dafür negative Kritik einhole.

Ich möchte noch Folgendes sagen: Herr Strolz, natürlich weiß ich auch, dass mit den Deutschförderklassen und mit den daran anschließenden Deutschförderkursen sozu­sagen die grundsätzliche Frage von Integration nicht zu lösen sein wird. Es hat mich auch sehr gefreut, dass Sie den von mir immer wieder propagierten Begriff übernom­men haben: Integration ist ein Prozess, ein Prozess, der auch kein genaues Enddatum kennt, weil sich Integration immer wieder als neue Herausforderung an die Gesell­schaft stellt. Mich hat es gefreut, dass die von mir in dieser Art formulierte Darstellung des Integrationsvorganges auch von Ihnen übernommen worden ist.

Dahin gehend ist klar: Das ist eine Maßnahme. (Zwischenruf der Abg. Hammer­schmid.) Wir werden diese Maßnahme installieren, wir werden sie implementieren, wir werden schauen, wie zielorientiert sie ist, und man wird sie nachjustieren, wenn man sieht, dass sie vielleicht weniger gut funktioniert. Ich werde mich freuen, wenn sie gut funktioniert. Seien Sie sicher. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Strolz! Eines hat mich aber schon gewundert, weil ich Sie für einen aufmerksa­men Leser auch der Budgetentwürfe gehalten habe: Die 15a-Vereinbarung zur sprach­lichen Frühförderung ist etwas ganz Wichtiges, d’accord. Wir müssen sicherlich im Kin­dergarten bereits anfangen, damit wir uns dann die Deutschprobleme beim Übertritt vom Kindergarten in die Volksschule vielleicht ersparen können. Die sprachliche Früh­förderung ist budgetiert, sie ist aber dort budgetiert, wo sie – wenn Sie so wollen – kompetenzmäßig auch durchaus hingehören kann, nämlich im Integrationsministerium. Es gibt aber die Vereinbarung mit dem Integrationsministerium, dass mein Haus die 15a-Vereinbarungen verhandeln und auch die entsprechenden Ressourcen verwenden wird. Nehmen Sie also zur Kenntnis: Geld für die sprachliche Frühförderung ist vorhan­den. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Strolz! Sie können mir jetzt meine Offenheit in der Beantwortung der Fragen im Budgetausschuss hinsichtlich der Lehrerfortbildung vorwerfen, aber dann hätten Sie auch weitergehen und sagen müssen, dass ich auch gesagt habe, dass für die Lehrer­fortbildung insgesamt natürlich sehr viel mehr zur Verfügung steht. Ich erinnere Sie da­ran: Wir haben Pädagogische Hochschulen, und die Pädagogischen Hochschulen sind ex lege für die Lehrerfort- und -weiterbildung zuständig. Wenn Sie jetzt in die UG 30 hi­neinschauen, dann sehen Sie: Die Pädagogischen Hochschulen sind mit einer Grö­ßenordnung von über 230 Millionen pro Jahr budgetiert. (Abg. Strolz: Digitalisierung! – Abg. Steinacker – in Richtung Abg. Strolz –: Das ist auch das Einzige, was bleibt, sonst war nichts mehr zu finden! – Abg. Rosenkranz: Peinlich!) Wo ist jetzt Ihr Vor­wurf, dass mit 230 Millionen keine Lehrerfortbildung stattfinden könnte?

Ich muss auch etwas zu dieser Bildungs-Innovationsstiftung sagen, die eine sehr gute Konstruktion ist. Ich schmücke mich hier gar nicht mit fremden Federn, die Bildungs-Innovationsstiftung ist in der alten oder anderen oder vorangegangenen Koalitionsre­gierung beschlossen worden. Wir haben den Auffüllrahmen, den Auffüllzeitpunkt hi­nausgeschoben, aber die Innovationsstiftung selbst bleibt von ihrer Zielrichtung und von ihrer Konstruktion her auch als ein – wenn man so will – Instrument, um weitere Gelder über Substiftungen hereinzubringen, vollkommen erhalten. (Abg. Strolz: Herr Minister, Sie kürzen das Budget um 96 Prozent! Das ist ein Kahlschlag! Es ist lächer­lich, zu sagen, das ist super, nach so einer Kürzung!)

Herr Strolz! Was ich Ihnen im Ausschuss schon gesagt habe, und das ist das Ent­scheidende, ist, wir haben so viele unterschiedliche Bildungsförderungen und so viele unterschiedliche kleine Töpfe für Bildungsinnovationsförderung. Der FWF kann etwas machen. Wir haben die Pädagogischen Hochschulen, die ich Ihnen aufgezählt habe. Wir haben an den Universitäten bildungswissenschaftliche Fakultäten. Jeder macht ein bisschen etwas. Ich habe Ihnen gesagt, wir werden das stärker zusammenführen, da­mit wir eine klare Übersichtlichkeit im Bereich der erziehungswissenschaftlichen For­schung herstellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Was natürlich bezeichnend ist, ist das, was man nicht erwähnt. Sie sagen nicht, dass es beispielsweise sehr löblich ist, sehr vernünftig ist – auch im Sinne der Integration –, dass das Nachholen des Pflichtschulabschlusses und die Basisbildung weiterhin mit 18 Millionen Euro budgetiert ist. Das ist eine wesentliche Angelegenheit, denn gerade das Nachholen der Basisbildung und des Pflichtschulabschlusses betrifft sehr viele Zu­gewanderte, weil sie kommen und eben oft keinen Bildungsabschluss haben. Also, Integration läuft weiter, auch dann, wenn auf dem Topf nicht unbedingt Integration draufsteht. Das ist, glaube ich, eine wesentliche Sache.

Wir haben auch das Projekt Lehre mit Matura weitergeführt und dafür 25 Millionen Eu­ro veranschlagt. Das ist eine wesentliche Sache, eine gute Sache, damit die duale Ausbildung an Attraktivität gewinnt und jene, die eine duale Ausbildung gewählt haben, auch leichter und auch finanziell unterstützt Matura machen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Natürlich stellen wir umfangreiche finanzielle Ressourcen zur Verfügung, um den Schulausbau, die Schulrenovierung und -sanierung weiter finanzieren zu können. Schulen leben auch davon, wie sie untergebracht sind, und dazu gibt es ganz klare Ak­zente in unserem Budget.

Ich bin mir ganz sicher, dass wir mit diesem Doppelbudget 2018/2019 die österreichi­schen Schulen weiterentwickeln können, ihnen weiterhin einen sehr guten Rahmen zur Verfügung stellen und letztlich auch wichtige Weichenstellungen in Angriff nehmen. Ich möchte mich nicht der Banalität nähern, aber natürlich ist klar, dass wir über Schule und über die Bildung der nächsten Generation so etwas wie Zukunftsgestaltung in die­sem Land machen. Das ist ein politischer Allgemeinplatz, zu dem ich mich aber den­noch bekenne, weil er ein ganz wichtiger ist.

Es ist aber auch klar, dass wir innerhalb des Budgets und innerhalb des Hauses Re­formmaßnahmen setzen werden müssen. Wir müssen auch eine kritische Ausgaben­reflexion durchführen, um zu wissen, wo wir weitere Handlungsspielräume schaffen können.

Insgesamt aber – und wenn man sich die Fakten anschaut, muss man das sagen – zählt die UG hinsichtlich der budgetären Zunahme zu den Gewinner-UGs. Ich kann Ih­nen daher nur empfehlen, mit ruhigem Gewissen der UG 30 zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

9.49

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass das von fünf Ab­geordneten gemäß § 33 Abs. 4 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, über das Verlangen der Abgeordneten Krainer, Dr. Krisper und Zadić auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend „die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung“ eine kurze Debatte durchzuführen. Das Verlangen ist ausreichend unterstützt, die Debatte darüber findet nach Erledigung der Tagesordnung statt.

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Wir gehen in der Rednerliste weiter: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Marchetti. – Bitte.