15.55

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Als ein wichtiges Wirkungsziel haben Sie definiert, dass die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs durch eine einfache, transparente und leis­tungsgerechte Gestaltung des Steuersystems verbessert werden soll, denn in der Tat, das ist das, was die Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeden Tag spüren: Das Steuersys­tem in Österreich ist kompliziert, unübersichtlich und von manchen wird es als leis­tungsfeindlich bezeichnet. Der Doing Business Report, der die Messgröße für dieses Wirkungsziel ist, sagt, wir liegen aktuell auf Platz 39 von 180 Ländern, und 2019 und 2020 wird der Zielwert einfach weiter übernommen. Das ist nicht exzellent, meine Da­men und Herren Abgeordnete, ich glaube, da stimmen wir alle überein, dass das nicht zufriedenstellend ist. Ich kann mir auch nicht vorstellen, Herr Finanzminister, dass Sie damit einverstanden sind. Wir sollten schon den Ehrgeiz haben, dass wir da zu den Besten gehören und unser Land auf den vordersten Plätzen rangiert.

Zurück zu Ihren Vorhaben, Herr Finanzminister: Sie haben angekündigt, in naher Zu­kunft eine Steuerreform durchführen zu wollen – die Steuern senken, die Menschen entlasten. Ich höre Ihre Worte, und ich möchte ihnen auch Glauben schenken, denn Sie kennen ja meinen Schmerz, den ich schon ausgedrückt habe, nämlich dass wert­volle Zeit in einer perfekten Hochkonjunktur und in einer Niedrigzinsphase verschenkt wird. Ich verstehe, dass Sie das überlegt angehen wollen und dass Sie sich das noch einmal anschauen müssen, aber, Herr Finanzminister, die Konzepte, die konkreten Vorschläge waren auch schon während des Wahlkampfes auf dem Tisch, und sie wa­ren auch Teil der Wahlkampfversprechen von ÖVP und FPÖ.

Wenn Sie damit nicht glücklich sind, dann verstehe ich das. Die Vorschläge waren sicher nicht alle gut, da stimme ich Ihnen zu, aber dann setzen wir uns doch zusam­men, diskutieren wir das und justieren wir das nach! Lassen Sie uns das eine oder andere noch einmal nachrechnen, damit das dann auch stimmt, aber lassen Sie uns ins Tun kommen!

Wenn wir schon von den Dingen reden, die angegangen werden sollten, dann ist es auch besonders wichtig, über das System des Finanzausgleichs zu sprechen. Wenn ich Ihren Hut tragen würde, dann wäre das das Erste, das ich angehen würde, denn wir alle wissen, dass Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung in eine Hand gehören.

Die Berichte des Rechnungshofes kennen wir alle, und wenn wir das nicht ändern, dann wird derjenige, der sich nicht um die Einnahmen kümmern muss, lässig ausge­ben und sorgenfrei agieren. Wir alle wissen, wir reden von unseren Landeshauptleu­ten – um die Bezeichnung Fürsten der Finsternis heute zu vermeiden. Wir haben jetzt die perfekten Rahmenbedingungen, das zu tun und das anzugehen. Was wäre ein Beitrag zur Budgetdebatte ohne Zahlen, und es gibt ein paar ganz wichtige Zahlen! Es wurde vorhin gesagt, Zahlen lügen nicht. Dem stimme ich nicht ganz zu, mit Zahlen lässt es sich hervorragend manipulieren. Eine Zahl, auf die ich hier eingehen möchte, ist die Lohnsteuereinnahme. Seit 1995 ist die Steuerleistung pro Kopf um 87 Prozent gestiegen. Klar, das hat mit Inflation zu tun, das hat auch mit Wirtschaftsentwicklung zu tun, aber wir reden seit den Achtzigerjahren von der Entlastung des Faktors Arbeit, auch jetzt wieder, und es ist nie passiert.

Bleiben wir kurz bei den Einnahmen. Die Lohnsteuereinnahme ist nicht das Einzige, was rapide angestiegen ist, sondern in den letzten Jahren ist die Lohnsteuer um 6 Mil­liarden Euro – das sind 21 Prozent –, die Körperschaftsteuer um 4 Milliarden Euro – das sind 63 Prozent – und die Umsatzsteuer um 7 Milliarden Euro angestiegen. Das sind unglaubliche Steigerungsraten, die wir im Augenblick haben. Sowohl die ÖVP als auch die FPÖ haben im Wahlkampf versprochen, dass sie den Staatshaushalt durch ein angemessenes Abgabenaufkommen tragfähig finanzieren wollen.

Was passiert nun? – Wir sind in einer Hochkonjunktur, wir nehmen alles, was durch diese Hochkonjunktur hereingespült wird, her, geben es aus, um 2019 zu sagen: Hier gibt es einen leichten Überschuss! Aber auch das werden wir erst sehen. Wir haben bereits darüber gesprochen, strukturell wird es kein Überschuss werden und vermutlich auch sonst nicht – Stichwort: eingepreiste Einmaleffekte.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, erlauben Sie mir als Budgetsprecherin, noch einen Punkt zur Budgetdebatte in diesem Haus anzusprechen; wir sind jetzt am Ende unserer dreitägigen Plenarberatungen angekommen, und wir nähern uns der Beschluss­fassung.

Ich denke, es wird vielen von Ihnen so gehen, wenn ich sage, die Emotionen sind in diesem Haus manchmal hochgegangen – das ist okay, das ist normal; wir sind halt vielfach unterschiedlicher Meinung, und auch das ist in Ordnung, denn aufgrund dieser unterschiedlichen Blickwinkel sind wir auch gewählt worden. Aber hier im Hohen Haus sollen diese Meinungen in der politischen Diskussion aufeinandertreffen, und es geht hier durchaus auch um einen respektvollen Umgang, nicht nur damit wir die Basis ha­ben, auch in Zukunft gut miteinander arbeiten zu können, sondern besonders auch deshalb, weil wir stets unter Beobachtung stehen.

Dass uns viele Menschen nicht mehr beobachten wollen und sich von uns abwenden, das ist kein Naturgesetz, sondern es liegt in unserer Hand, ob dies so der Fall ist oder nicht. Heute früh hat ein Kollege auf seinem Weg hierher ins Parlament auf einem Pla­kat ein Zitat von Ödön von Horváth gelesen, und zwar: „Ich denke ja garnichts, ich sa­ge es ja nur.“ – Ich denke, das ist eben nicht der Weg, wie wir vorgehen und voran­schreiten sollten, sondern die vielen hoch kompetenten Redebeiträge, die es in den letzten drei Tagen in den Fachbereichen ja auch gab, das sollte der Weg sein. Viel­leicht kann das auch tatsächlich der Weg in die Zukunft sein – im Interesse unserer Demokratie und auch im Interesse der Menschen draußen.

Herr Finanzminister! Sie werden sich nicht sehr wundern, dass NEOS diesem Dop­pelbudget 2018 und 2019 und auch dem Budgetbegleitgesetz nicht zustimmen wird. (Die Abgeordneten Martin Graf und Höbart: Na geh!) Das haben Sie vermutlich alle geahnt. Für uns ist dieses in Zahlen gegossene Fundament der Politik der Regierung für die Jahre 2018 und 2019 nicht ambitioniert genug, es ist visionslos, es ist ein Bie­dermeierbudget. Sie erhalten den Status quo, und das für fast die Hälfte der Regie­rungsperiode. Aber vielleicht haben Sie in dem einen oder anderen Punkt sogar recht – ich will das gar nicht ausschließen, das wird die Zeit weisen und das werden wir sehen.

Ich wünsche uns allen hier vor allem eine anhaltende, gute Hochkonjunktur, muss ich sagen, und Ihnen, Herr Finanzminister, im Interesse Österreichs beim Budgetvollzug viel Erfolg. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.01

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die SchülerInnen der Hans-Mandl-Be­rufsschule herzlich auf unserer Galerie begrüßen. Schön, dass ihr da seid. (Allgemei­ner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brückl. – Bitte.