16.32

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! In den 1970er-Jahren hat Österreich dem Sudan bundesstaatliche Garantien für Exportgeschäfte und zum Aufbau ziviler Infrastruktur gewährt. Diese sind heute ungefähr 1,66 Milliarden Euro wert, und es gibt seit Langem die Absicht, den Sudan in dieser Höhe zu entschulden.

Wenn man so etwas tun will, dann gibt es mehrere Instrumente. Üblicherweise muss der sogenannte Pariser Club der OECD zustimmen, in anderen Fällen auch noch die Weltbank und der Währungsfonds. Wenn die Entschuldung real passiert, dann kann die entschuldete Summe auf die Official Development Assistance, sprich auf die offi­ziell geleisteten Entwicklungshilfezahlungen Österreichs angerechnet werden, das ist im Einklang mit den OECD-Kriterien. Es gibt dafür mehrere Voraussetzungen. Eine ist – ich zitiere aus einer Anfragebeantwortung des Finanzministeriums –, dass „sich die politische Lage im Sudan und Südsudan ausreichend stabilisiert“.

Ich hatte mit den entwicklungspolitischen Sprecherinnen und Sprechern der anderen Parlamentsfraktionen voriges Jahr die Möglichkeit, das Flüchtlingslager Imvepi im Nor­den Ugandas zu besuchen, wo die meisten Flüchtlinge aus dem Südsudan leben, und ich würde ihnen allen wünschen, dass sie sehr bald nach Hause zurückkehren können, weil die Situation dort nicht sehr erfreulich ist, wie Sie sich vorstellen können.

Das Problem ist nur, dass es kaum jemand, der die Lage in der Region gut kennt, auch nur ansatzweise realistisch sehen würde, dass sich die Situation im Südsudan, auch im Konflikt mit dem Sudan, in einigermaßen absehbarer Zeit wirklich substanziell ändert.

Das Problem ist, dass das Finanzministerium diese Tatsachen und damit die Geopolitik einfach seit einem Jahrzehnt ignoriert und in jedem Dreijahresprogramm seit zehn Jah­ren in der Budgetvorschau immer diese 1,66 Milliarden Euro, aufgeteilt auf drei Tran­chen, in drei Jahren als Entschuldung, als ODA-Zahlungen vorsieht. Die kommt natür­lich nie, weil der Pariser Club aufgrund der politischen Situation im Südsudan auch gar nicht zustimmen könnte, dass diese Entschuldung kommen kann.

Das ist nicht nur Budgetkosmetik, das ist auch insofern sehr perfid, weil im Laufe der letzten zehn Jahre aus diesen 1,66 Milliarden Euro 6 Milliarden Euro geworden sind, die im Budget seit 2009 immer wieder auftauchen, es aber natürlich nie zu einer wun­derbaren Budgetvermehrung kommt, sondern einfach zum Vorspiegeln falscher Pro­gnosen, zur Fata Morgana eines Entschuldens, das es nie und nie und nie gibt.

Finanzminister Löger hat, wie viele seiner Vorgänger, abermals bis zum Jahr 2020 die­se drei Tranchen an Entschuldungen vorgesehen, das kann man in der Budgetbeilage zur Entwicklungszusammenarbeit sehen. Er macht genau diesen Vorgang wieder, mit ungefähr immer 600 Millionen, die Rüge der OECD aus dem Jahr 2015 – als wir die letzte DAC Peer Review hatten und Österreich, konkret dem Finanzministerium gesagt wurde, wir können diese Vorschau auf die Entschuldung erst dann wirklich machen, wenn der Pariser Club diese Entscheidung getroffen hat – vollkommen ignorierend. Der Pariser Club hat diese Entscheidung schlicht noch nicht getroffen, und doch finden sich die Zahlen in der Budgetbeilage.

Im letzten Budgetausschuss sagte der Finanzminister wiederum, er erwarte aufgrund der Informationen, die er hat, dass der Sudan demnächst entschuldet wird. Es ist dies nur jetzt nicht der Fall, es ist dies seit zehn Jahren nicht der Fall. Wenn das so wei­tergeht, werden Sie aus diesen 1,66 Milliarden Euro irgendwann einmal 12, 20 Milliar­den Euro fürs Budget gemacht haben, die auf dem Papier stehen, die es aber real nicht gibt. Das ist nicht nur eine vollkommen falsche Budgetpolitik, das ist eine Vorspie­gelung falscher Tatsachen, und ich verstehe nicht, warum Sie das weiter betreiben.

Noch dazu sieht man, wenn man sich in die EZA-Vorlage vertieft, dass der ODA-Pfad, wenn ab dem Jahr 2021 diese falsch vorgetragenen Entschuldungen dann nicht mehr da sind – und wir sind für unsere ODA-Quote 2017 von 0,3 Prozent von der OECD gerügt worden –, auf 0,25 und 0,24 Prozent des BNE im Jahr 2022 zurückfallen wird. Wenn das Bekenntnis des Regierungsprogramms ist, sich in Richtung 0,7 Prozent zu entwickeln, dann, Herr Finanzminister, ist das die falsche Richtung. Es geht hinunter, wir müssen aber von 0,3 auf 0,7 Prozent hinauf. Das ist kein Leuchtturm, den Sie uns da präsentieren, sondern ein weiteres schwarz-blaues Grablicht. (Beifall bei der SPÖ.)

16.36

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ange­rer. – Bitte.