Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll19. Sitzung, 17., 18. und 19. April 2018 / Seite 493

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Medien lesen können, was die Arbeiterkammer in Wien und auch in anderen Bundes­ländern bereits postuliert: dass wir mit 100 Millionen Euro nicht einmal im Ansatz aus­kommen werden, um diesen Pflegeregress zu finanzieren. Die Kostenschätzungen da­für belaufen sich auf 600, 700 vielleicht sogar auf 800 Millionen Euro.

Ich möchte meiner Ministerin nicht mitteilen müssen, dass wir Anpassungen im So­zialbudget vornehmen müssen und ich will es auch nicht meinem Finanzminister anlas­ten, die zusätzlichen Finanzierungen aufzustellen, sondern wir werden darüber nach­denken und damit beginnen müssen, dieses Pflegesystem zu finanzieren.

Das ist halt dann so: Wie man auch eine Stiege von oben nach unten wischt, so wird man im Ministerium damit beginnen müssen, die gesetzlichen Regelungen dafür zu schaffen, aber auch die Länder müssen dabei mitziehen. Wenn es irgendwelche Re­bellen unter den Landesfürsten geben wird, die sich dann wieder querlegen werden, dann werden wir in diesem System nicht weiterkommen.

Ich kann mich erinnern – weil ich selbst Sozialreferent des Landes Kärnten war (Zwi­schenruf des Abg. Noll–, wie oft wir blockiert wurden, es ist immer an der Finanzie­rungsfrage gescheitert. Das allein ist aber nicht der entscheidende Grund, sondern auch die Frage der Ausbildung, die parallel dazu geregelt werden muss.

Fragen Sie einmal eine Krankenschwester, die heute in einem Pflegeheim ihren Dienst macht, welche Aufgabenbereiche sie hat! 50 Prozent ihrer Arbeit sind Dokumentation, 20 Prozent ihrer Arbeitszeit sitzt sie am Abend beim Einschachteln der Medikamente für die alten Menschen und 30 Prozent ihrer Arbeitszeit übt sie ihre Pflegetätigkeit aus.

Wenn das die Verantwortung ist, die eine ausgebildete Krankenschwester heute hat, dann haben wir ein falsches System. Die Deutschen zeigen uns seit über 15 Jahren vor, dass man Medikamente verblistern kann. (Abg. Loacker: Gibt es in Österreich auch!) Die Schweden haben es schon längst eingeführt und sich mittlerweile über 300 Millionen Euro nur mit diesem System erspart.

Berliner oder Dresdner Pflegeheime zeigen vor, wie man heute mit einfachen Doku­mentationsformen in der Pflege arbeiten kann. Wir müssen auch beginnen, darüber nachzudenken, wie sich die Ausbildung verändern muss, welche Aufgaben diplomierte Krankenschwestern oder pflegende Angehörige haben können.

Wir müssen auch einen Schritt weiterdenken. Wir reden immer über neue Lehr- und Pflegeberufe, aber die Schweizer praktizieren es uns vor. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Dort gibt es seit zehn Jahren eine Pflegelehre für junge Menschen, dort hat man ihnen einen neuen Pfad ermöglicht, den sie gegangen sind. – Das ist der eine Bereich.

Der zweite Bereich: Wir werden Vorsorge dafür treffen müssen, dass alte Menschen in Wien oder in allen anderen Bundesländern nicht nur ins Pflegeheim gesteckt werden – damit ist die Geschichte gegessen, dort sollen sie einsam ihre letzten Tage verbrin­gen –, sondern wir werden auch anders vorgehen müssen, das heißt, zu Hause die Versorgung ermöglichen.

Ich war seinerzeit ganz stolz darauf, wie auch der Rudi Hundstorfer und alle, die jedes Jahr im Forum Alpbach sitzen, als die große Diskussion losgetreten wurde, über Ambient Assisted Living. Alle waren begeistert, keiner hat gewusst hat, worum es geht, bis man irgendwann probiert hat, sich in anderen Ländern Rat zu suchen.

In Amsterdam werden derzeit 2 000 Wohnungen für alte Menschen vernetzt. Die Schot­ten haben 1999 schon begonnen, die Pflege zu Hause anzuwenden. Wir berufen uns heute noch immer auf dieses System, alle in die Pflegeheime zu stecken. Wir werden Untergliederungen des mobilen Dienstes, der heute daheim versorgt, machen müssen. Wir werden die Möglichkeit schaffen müssen, dass niedrige Pflegestufen, nicht im Pfle-


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