11.15

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Hohes Haus! Ein sehr großes Kompliment an die neue Bundesregierung, Sie hat es geschafft, die EU-Vergaberichtlinien innerhalb von nur wenigen Monaten des Regierens in einem neuen Vergaberechtsreformgesetz umzusetzen. (Heiterkeit des Abg. Noll. – Abg. Plessl: Aufgrund der SPÖ-Vorarbeit! Das finde ich sehr klug!) Das ist natürlich jener Arbeitsstil, den wir als dynamisch und kompetent bezeichnen. – Danke an dieser Stelle an die österreichische Bundesregierung für diesen wirklich großen Wurf. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Bei dieser Gelegenheit frage ich mich natürlich, was die Kern-SPÖ in den letzten zwei Jahren gemacht hat. Die Gesetzesvorlage lag zur Bearbeitung im Bundeskanzleramt, dort gab es einen zuständigen Kanzleramtsminister. Die Umsetzungsfrist für die Richt­linie ist bereits am 18. April 2016 abgelaufen und der EuGH hat auch schon Klage gegen die Republik Österreich erhoben. (Abg. Wittmann: Fragen Sie den Otten­schläger!)

Sehr geehrte Damen und Herren, mein Eindruck ist, dass Herr Altkanzler Kern offenbar ganze zwei Jahre im Dornröschenschlaf verbracht hat, bevor er diese Richtlinie zur Umsetzung bringen hätte sollen. Es gibt bei Ihnen offenbar niemanden, der ihn wachgeküsst hätte. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Hätte die österreichische Bundesregierung jetzt nicht schnell reagiert, wären Bußzah­lungen in Millionenhöhe auf die Republik zugekommen. Das sind wirklich riesige Sum­men, sehr geehrte Damen und Herren, und es ist ziemlich enttäuschend, dass die SPÖ-Fraktion das heute auf keine Art und Weise thematisiert hat. (Abg. Plessl: Sie haben vorhin nicht zugehört! – Abg. Wittmann: Sie haben nichts dazugelernt!)

Gehen wir vielleicht ein bisschen in medias res: Das Vergaberecht ist eine der wich­tigsten Gesetzesmaterien und es geht um sparsame und nachhaltige Verwendung öffentlicher Mittel. 2010 betrug der Anteil des öffentlichen Auftragswesens am öster­reichischen Bruttoinlandsprodukt rund 15 Prozent. Das sind mehr als 60 Milliarden Euro jährlich beziehungsweise entspricht das einem Anteil von 18 Prozent am euro­päischen Bruttoinlandsprodukt.

Die volkswirtschaftliche Dimension des Vergaberechts ist eine gewaltige, sehr geehrte Damen und Herren, umso mehr – noch einmal! – wundert es mich, dass die SPÖ da so lange geschlafen hat. (Heiterkeit der Abgeordneten Plessl und Vogl.) Man sieht, kaum sind die Freiheitlichen in der Regierung – das muss man sagen –, werden die Dinge umgesetzt und es wird nicht mehr gefaulenzt, sehr geehrte Damen und Herren. – Das ist ja das Schöne. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Plessl: Aber die ÖVP klatscht eh nicht!)

Mit diesem österreichischen Vergaberechtsreformgesetz, das jetzt zur Abstimmung gelangt, wird das österreichische Vergaberecht für das 21. Jahrhundert fit gemacht.

Kurz einmal zu den Eckpfeilern, denn die österreichische Bevölkerung soll erfahren, worum es in diesem Gesetzentwurf geht: Es kommt zu einer Vereinfachung, zu einer Flexibilisierung der Vergabeverfahren, der Zugang zum Verhandlungsverfahren wird vereinfacht, es gibt mehr Flexibilität und auch große Vereinfachungen im Unterschwel­lenbereich – das ist wichtig für kleinere Auftragsvergaben und vor allen Dingen für die kleine und mittelständische Unternehmerstruktur –, es kommt zur Qualitätssicherung – ein zentraler Punkt – durch eine weitere Verstärkung des Bestbieterprinzips. Der Bil­ligstbieter ist eben nicht immer der Bestbieter. Gerade bei der Gewichtung von Ver­gabekriterien gibt es ein Punktesystem – jene, die in der Praxis damit zu tun haben, kennen das –, das man dann oft nach Belieben gewichten kann und das natürlich missbrauchsanfällig ist. Kommt man da zum Bestbieterprinzip, dann kann man das ein bisschen besser unter Kontrolle halten.

Zu guter Letzt kommen elektronische Vergabeverfahren ab 2018 – das ist sozusagen das 21. Jahrhundert. Dabei geht es um harmonisierte Softwarelösungen, auch um eine enge Abstimmung zwischen Unternehmern, Bund und Land, damit das eben auch entsprechend elektronisch abgewickelt werden kann.

Ein ganz besonderer Punkt ist eine verstärkte Berücksichtigung der Barrierefreiheit, was positive Effekte für Menschen mit Behinderung bringt. – Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Ich möchte abschließend noch kurz zu Kollegen Noll etwas sagen. Den Vorwurf des Abschreibens der Richtlinie möchte ich nicht so stehen lassen. (Abg. Noll: Das glaube ich!) Sie wissen, die EuGH-Judikatur ist für Österreich natürlich relevant. Der EuGH trifft bestimmte Interpretationsfragen, klärt das, und es wäre dann so, dass es auf der zweiten Ebene, wenn wir andere Begriffsbestimmungen verwenden, ganz einfach zu ständigen Lücken beziehungsweise Abgrenzungsproblemen käme, unter Umständen zu zig Novellierungen. Ihr Vorschlag würde also zu einem ziemlichen Rechtschaos führen, wenn wir das zu Ende denken. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Noll: The­menverfehlung!)

In diesem Sinne ist das alles in allem ein großer Wurf. – Danke an die österreichische Bundesregierung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.21

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak zu Wort gemeldet. – Bitte.