15.35

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! (Ruf bei der FPÖ: Jetzt wird’s schwer!) – Nein, es wird gar nicht schwer. Ehrlich gesagt hätte ich es gern kurz gemacht, wenn mich Kollege Gerstl jetzt nicht noch einmal aus der Reserve gelockt und mich auf die Idee gebracht hätte, auf diese Pressekonferenz der beiden Regierungsmitglieder zu sprechen zu kommen.

Ich muss sagen, das ist im Grunde genommen ein klassischer Fall von vermeintlicher Dynamik, von vermeintlicher Aktivität. Damit, dass man hergeht und sich hinstellt und sagt, wir werden jetzt das Kulturerbe schützen und sichern, und dann auf die konkreten Journalistenfragen sagt, wir diskutieren das und wir schauen uns das an und wir werden jetzt Gipfel einberufen, ist noch gar nichts geschützt und noch gar nichts gesichert. Am Ende ist es das Vortäuschen von konkreter Aktivität. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Ich lasse mir auch ungern den Vorwurf machen, diese Sache nicht ernsthaft betrieben zu haben, da das nicht stimmt.

Im Übrigen an die Adresse des Kollegen Zinggl: Wir diskutieren heute über Über­wachungsstaat und Sicherheitspakete und waren in einer Diskussion über ganz ele­mentare Fragen. Warum dieses Thema heute diese Dringlichkeit hat, lasse ich einmal dahingestellt. Es ist dir unbenommen, diese Dringlichkeit zu sehen. Ich persönlich sehe sie nicht an einem Tag, an dem es um Datenschutz, Überwachung und so weiter geht. (Abg. Neubauer: Ist euch das nicht recht? Das ist das typische Drüberfahren in Wien!) Aber es macht nichts, du wirst dann sicher zu Wort kommen.

Nichtsdestotrotz stelle ich mich gerne dieser Diskussion, zu jeder Tages- und Nacht­zeit, selbstverständlich auch am vierten Plenartag in Folge, und erörtere auch meine Haltung zu diesem Thema, das Sie jetzt als unbedingt dringlich ansehen.

Erklärt man seine Haltung, so muss man einmal sagen, was der Ausgangspunkt ist und wo man steht. Wir stehen dort, dass wir ein Kulturland repräsentieren, das gern in allen Reden beschworen wird. Wien zählt in Fragen der Lebensart, der Kunst, der Kultur, der Architektur zu den schönsten Städten der Welt. Darum verbietet sich auch jeder Vergleich mit Aleppo und mit Städten in Syrien. Um diese Präzision würde ich im Zusammenhang mit dieser Diskussion wirklich bitten.

Wir wissen um die Bedeutung der Bundesmuseen. Wir wissen um die Bedeutung der Theater, der Philharmoniker, der Symphoniker, aller Traditionskulturinstitutionen in unserem Land. Wir wissen um den Reichtum des kulturellen Erbes. Worüber wir viel weniger Bescheid wissen, ist die Bedeutung junger Künstlerinnen und Künstler und die Bedeutung einer kreativen Szene im Bereich Kunst und Kultur abseits der Weltkultur­erbestätten. Ich muss sagen, ich würde mich ganz gern in der kunst- und kultur­politi­schen Debatte mit dem Blick nach vorne und mit dem Blick in die Zukunft beschäftigen und weniger mit dem Blick in die Vergangenheit, der die letzten drei Tage so intensiv geprägt hat.

Natürlich gibt es beim Denkmalschutz immer eine Abwägung zwischen Konservieren und Modernisieren. Die unmittelbare Gefahr, dass wir den Verlust der Kulturnation proklamieren müssen, besteht meines Erachtens nicht. Ich kann auch den beruhi­genden Hinweis geben, dass die Wiener Kaffeehauskultur immer noch Teil des im­materiellen Kulturerbes ist, genauso wie übrigens der Nachlass von Arnold Schönberg. Keine Frage, beim Denkmalschutz muss jeder Fall ganz genau geprüft werden. Ich halte es auch mit Odo Marquard: ohne Herkunft keine Zukunft.

Gerade deshalb bin ich aber der Meinung, dass wir eine Diskussion über eine qualitätsvolle Entwicklung der Stadt führen müssen, insbesondere vor dem Hintergrund dessen, dass Wien Jahr für Jahr um die Dimension einer Kleinstadt weiterwächst. Auf diese Frage des Wachstums der Stadt wird uns der Canaletto-Blick, wie ich vermute, keine Auskunft geben, und die Diskussion um den Canaletto-Blick wird uns auch nicht entscheidend weiterbringen. Ich glaube, da helfen ernsthafte Diskussionen und ein Blick auf die Fakten.

Es würde den Rahmen sprengen, hier die Chronologie der Ereignisse darzustellen, aber vier Dinge möchte ich doch in Erinnerung rufen:

Erstens: Diese Diskussion wird seit Jahren geführt, und der Verhandlungsprozess wurde nach einem jahrelangen transparenten Verfahren in Form eines verbindlichen Flächenwidmungsplans und Bebauungsplans abgeschlossen.

Zweitens: Es wurde erfolgreich versucht, zwischen den Interessen der privaten Inves­titionen und dem öffentlichen Interesse einen Ausgleich zu finden. Dies wurde auch in einem städtebaulichen Vertrag festgehalten. Ich habe jedenfalls ein anderes Verständ­nis von der Entwicklung einer Metropole und sehe beim konkreten Projekt durchaus auch den öffentlichen Nutzen für Eislaufverein, Konzerthaus und öffentlichen Raum.

Drittens: Darüber hinaus wissen wir alle, dass im Zuge der mehrjährigen Diskussion ein internationaler Architekturwettbewerb stattgefunden hat, an dem sich das Who’s who der internationalen Architektenschaft beteiligt hat. Diesen Wettbewerb hat der renommierte Architekt Weinfeld mit einem herausragenden Entwurf gewonnen.

Viertens: Am 5. Mai 2017 gab es einen einstimmigen Beschluss des Wiener Ge­mein­derats – und ich zitiere daraus –, „[...] dass in der Inneren Stadt [...] keine zusätzlichen Hochhäuser sowie keine Aufstockungen von bestehenden Hochhäusern geplant und verordnet werden“.

Ich bin daher dafür, dass man sich selbst ernst nimmt, ich bin dafür, dass man Wett­bewerbe ernst nimmt, und ich bin dafür, dass die Politik sich selbst ernst nimmt und geschlossene Vereinbarungen, geschlossene Verabredungen und einstimmig gefasste Beschlüsse ernst nimmt.

Natürlich kann man prinzipiell alles skandalisieren und alles problematisieren. Warum das jetzt passiert, erschließt sich mir nicht, zumal es ja auch einen Diskussionsprozess gibt.

Abschließend möchte ich Sie auf eine Stellungnahme jemandes verweisen, der beim Thema Architektur einen erstklassigen Ruf hat und jahre- und jahrzehntelang in dem Bereich gearbeitet hat, nämlich des langjährigen Leiters des Architekturzentrums Wien Dietmar Steiner. Er sagt Folgendes: „Und ich bin Isay Weinfeld für seinen Entwurf dankbar, der die Typologie und Modernität dieses Ortes ästhetisch und stadträumlich angemessen und perfekt weiterentwickelt.“

Meines Erachtens ist es genau so, und dem ist auch von meiner Seite nichts hinzu­zufügen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.42

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Rosenkranz ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.