11.37

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kenne mich eigentlich nicht mehr ganz aus. Diese Sache mit der Positionierung der FPÖ in Sachen Frei­handel oder ganz konkret zu Ceta, die Diskussion darüber, das ist etwas, was die FPÖ in den nächsten paar Wochen wird aushalten müssen, wenn ganz klar aufgezeigt wird, dass es nicht hundertprozentig schlüssig ist, wie Sie zu Ihrer neuen Meinung gekom­men sind. (Abg. Gudenus: Das entscheiden unsere Wähler!)

Das, von dem Sie jetzt behaupten, dass es gelöst ist – wo ich Ihnen zustimme, es sind lauter Punkte, die bei Ceta gelöst wurden; das ist das beste Abkommen, das die Euro­päische Union mit irgendeinem Land zustande gebracht hat, das zeigt sich auch in Zusammenhang mit Südkorea und Japan (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP) –, sind aber alles Punkte, die auch schon vor den Nationalratswahlen schwarz auf weiß nachzulesen waren, als Sie noch gesagt haben, das ist absolut - - (Abg. Rosenkranz: Nein! Nein!) – Ja, schon! (Abg. Rosenkranz: Eben nicht!)

Kommen wir aber zu dem Punkt Europa der Konzerne. Das ist ein Satz, eine Phrase, mit der man vortrefflich populistische Politik machen kann. Das ist eine mit Vorurteilen besetzte Phrase, die man so lange wiederholt, bis man den Menschen die Sicht auf die vielen Chancen, die die Europäische Union bietet, verstellt. Das ist im Übrigen genau das, was Herr Klubobmann Schieder, der jetzt leider abwesend ist, vor circa eineinhalb Stunden (Abg. Plessl weist in Richtung des zwischen den Sitzreihen stehenden Abg. Schieder) – okay, dort hinten stehen Sie, Herr Klubobmann Schieder – gesagt hat, nämlich ÖVP und FPÖ würden antieuropäische Propaganda machen. Ich stimme Ihnen sogar zu, aber das ist genau dasselbe – die Formulierung Europa der Konzerne fällt genau in dieselbe Kategorie antieuropäische Propaganda. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) Das ist ein Feindbild, das keinen einzigen Fuß in der Realität hat, es ist ein Feindbild, zu dem sich Rechts und Links in der Vergangenheit immer wieder genau in der Mitte getroffen haben und sich plötzlich einig waren. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schieder: Das ist falsch! – Abg. Krainer: Falsch!)

Genau das Gegenteil ist der Fall, und ich möchte ein paar Punkte aufzählen, um das zu beweisen.

Der freie Personen- und Warenverkehr bietet vor allem den UnionsbürgerInnen unge­schätzte Vorteile, die Niederlassungsfreiheit ermöglicht vielen neue berufliche und auch private Perspektiven. Die EU setzt den Konzernen sehr wohl Schranken. Das Wettbewerbsrecht liefert der Kommission ein Arsenal an Möglichkeiten, um markt­feindliches und missbräuchliches Verhalten auch zu sanktionieren. Ob globale Unter­nehmen Steuern zahlen müssen, ist vor allem auch eine Frage, die sich die einzelnen Finanzminister zu stellen und zu beantworten haben. Die EU tritt auch als Wettbe­werbshüterin auf. Die EU-Kommission hat Google die mit Abstand höchste Geldbuße, die je gegen ein einzelnes Unternehmen ausgesprochen wurde, aufgebrummt, nämlich 2,42 Milliarden Euro Strafe.

Microsoft wurde 2008 ein Bußgeld von knapp 900 Millionen Euro auferlegt, weil es zu hohe Lizenzgebühren für technische Informationen verlangt hat; das US-Unternehmen hat ja auch schon in der Vergangenheit Strafen bekommen, und zwar insgesamt 1,7 Milliarden Euro. Ich würde sagen, das ist nicht nichts.

Das wäre ohne die EU undenkbar, das würde es ohne die Europäische Union nicht geben, und das ist nicht unbedingt etwas für die Konzerne, sondern für die Menschen. Dass ein größerer Single Market natürlich auch Economies of Scale bietet, ist die eine Sache, aber für die Konsumenten wiederum bedeutet das günstigere Preise, weil Zölle wegfallen, aber natürlich auch weil Produktstandards vereinheitlicht worden sind.

Die EU hat vor allem kleineren und mittleren Unternehmen Chancen für einen Eintritt in einen Markt gegeben, der vorher nicht möglich gewesen ist und der ohne die Europäische Union nie möglich geworden wäre, was gerade auch für österreichische Unternehmerinnen und Unternehmer positiv ist. Und die EU tritt auch als sehr starker Verhandler bei globalen, multilateralen Handelsabkommen auf. Wir können da Erfolge erzielen, wenn es darum geht, europäische Standards durchzusetzen, etwas, was ein­zelne Staaten so nie gekonnt hätten, wozu sie nie die Möglichkeit gehabt hätten. Wenn man sich anschaut, welche Handelsabkommen Österreich in der Vergangenheit abge­schlossen hat, dann stellt man fest, die neuen Handelsabkommen der Europäischen Union mit Südkorea, mit Japan, mit Kanada sind von einer ganz anderen Qualität. Und das ist etwas Positives, da muss man neuerdings der FPÖ ausnahmsweise recht geben, aber in diesem Fall ist die neue Realität ja nichts Schlechtes.

Auch die Aussagen von Herrn Karas zur schwarzen Liste, zur Geldwäscherichtlinie, zu den Kontrollausschüssen im Europäischen Parlament sind Beweise dafür, dass die Union für die Menschen arbeitet. Und das ist im Kontrast zur vorherigen Debatte genauso ein Punkt, bei dem wirklich antieuropäische Propaganda gemacht wird, die das Bild der Europäischen Union bei den Bürgerinnen und Bürgern wirklich ungerecht­fertigterweise schlechtmacht. Das ist etwas, was brandgefährlich ist, und zumindest vor einer Stunde war sich die SPÖ noch darin einig, dass solche Dinge brandgefährlich sind. Deshalb möchte ich Sie jetzt auch noch einmal darauf hinweisen, dass es in die­sem Punkt genau dasselbe ist; aber wir werden hier um 15 Uhr im Rahmen des Dringlichen Antrages noch einmal über das Thema reden. Ich freue mich, dass wir uns dann genauer mit dem Thema Ceta beschäftigen können, und da würde mich dann die Argumentation der FPÖ noch einmal genauer interessieren. (Beifall bei den NEOS.)

11.42

Präsidentin Doris Bures: Ich möchte die Damen und Herren der Pensionistengruppe aus Matrei auf der Galerie ganz herzlich bei uns hier im Parlament begrüßen. Grüß Gott! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gelangen Sie, Herr Abgeordneter Dr. Kolba. Bitte.