11.42

Abgeordneter Dr. Peter Kolba (PILZ): Frau Präsidentin! Liebe Mitglieder der Bundes­regierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere aber die Besucher und Besucherinnen auf der Galerie und auch diejenigen, die uns vor den Fernsehschirmen zusehen! „Ein Europa für die Menschen und nicht für die Konzerne“ – ein wunder­schöner Satz, schöner die Glocken nicht klingen, aber ich befürchte, dass diese Bun­desregierung diesen Satz umkehren und auch beim Vorsitz im Rat der Europäischen Union eine Position einnehmen wird, in der sie sich als Regierung für die Konzerne und nicht für die Menschen erweisen wird. Das haben wir bei den ersten Maßnahmen im innerstaatlichen Politikbereich gesehen, und die Ankündigungen für die Europapolitik verheißen nichts Gutes.

So wurde heute ganz offensichtlich beschlossen, Ceta durchzupeitschen, und ich möchte Sie warnen, wenn es immer heißt, die Giftzähne seien gezogen worden: Das ist falsch! Es ist so, dass der Investorenschutz natürlich ein wesentlicher Teil dieses Abkommens ist, und um Ihnen das zu erklären, möchte ich ein Beispiel anwenden.

Wenn Sie heute als Mieter in eine Mietwohnung investieren und es durch irgendeine Änderung des Mietrechtsgesetzes dazu kommt, dass sich Ihr Mietzins erhöht, dann können Sie natürlich nicht den Staat Österreich klagen, weil Sie in Ihrer Erwartung ent­täuscht wurden. Genau das ist aber der Investorenschutz für globale Konzerne: Wenn die in ihrer Erwartung in eine Investition enttäuscht sind, dann soll es ihnen – und das ist die Grundlage in diesem Abkommen – möglich sein, sehr wohl den Staat in puncto Schadenersatz in Anspruch zu nehmen.

Ich sage Ihnen auch weiters: Lassen Sie sich nicht durch die vorgeschobene Diskus­sion täuschen, dass man jetzt statt geheimer Schiedsgerichte einen Investitions­gerichtshof einrichten will! Und lassen Sie sich schon gar nicht täuschen, wenn behauptet wird, dass das nicht eine Paralleljustiz wäre! Wenn Sie heute Ansprüche durch­setzen wollen, dann müssen Sie zu den ordentlichen Gerichten in Österreich gehen. Diese ordentlichen Gerichte arbeiten im Grunde auch sehr ordentlich. Sie rufen nach mehr Geld, aber diese Regierung gibt ihnen dieses Geld nicht. Das heißt, diese Justiz, die Ihnen zur Verfügung steht, wird kaputtgespart.

Ceta ermöglicht es den Konzernen, zu einem extra eingerichteten internationalen Gerichtshof zu gehen. Ich frage: Wieso gibt es keinen internationalen Gerichtshof für globale Wirtschaftsverbrechen? Wieso wird der VW-Abgasskandal nicht vor einem internationalen Gerichtshof rasch abgehandelt? – Da ginge es um Verbraucher­interes­sen, und die stehen hier nicht auf der Tagesordnung. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Ich möchte noch auf eine Frage eingehen, die auch damit zusammenhängt, und da erwähne ich wieder den VW-Skandal. Sie wissen – ich habe es auch schon häufig hier gesagt –, in den USA hat VW 25 Milliarden Euro Schadenersatz bezahlt und in Europa ein Softwareupdate durchgeführt, über dessen Güte man sehr streiten kann. Europa hat bei der Verfolgung eines großen und weltweiten Wirtschaftsskandals schlicht und einfach versagt! Die Europäische Kommission hat daraus aber ihre Schlüsse gezogen und hat so etwas wie eine europäische Sammelklage, eine Richtlinie für Verbands­klagen auf den Weg gebracht, und die ist auch ganz ordentlich. Jetzt kommt aber der gefährliche Zeitpunkt: Diese Richtlinie muss oder soll, so die Kommission, bis 1.1.2019 in Kraft treten. Das ist eine Herausforderung für die österreichische Ratspräsident­schaft, die mit 1. Juli beginnt, und da habe ich angesichts des Bewusstseins, das in dieser Bundesregierung zum Konsumentenschutz vorherrscht, große Sorge.

Wir erinnern uns daran, dass Minister Blümel in irgendeinem Ausschuss, glaube ich, auf die dritte Nachfrage, in welchen Bereichen man Gold Plating, das heißt das Über­erfüllen von EU-Normen, bekämpfen sollte, gesagt hat: beim Konsumentenschutz. Das sehe ich kommen, dass diese Regierung diese Richtlinie möglicherweise derartig ver­wässern wird, dass europaweit kein Fortschritt erzielt werden kann, und das sollten wir hier alle gemeinsam verhindern. – Danke schön. (Beifall bei der Liste Pilz.)

11.48

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte.