12.08

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Herren Bundesminister! Wir besprechen den dritten Teil der Veränderungen durch die Datenschutz-Grundverordnung, die Anpassung der Materiengesetze, und ich muss am Beginn meiner Rede festhalten, dass ich eigentlich sehr enttäuscht bin von der Vorgangsweise der Regierung, die sich schon in mehreren Dingen dadurch aus­gezeichnet hat, dass sie das Parlament massiv missachtet, beispielsweise durch die Bestellung eines Nationalratspräsidenten auf drei Wochen. Das heißt, man nimmt das Parlament nicht ernst.

Das hat sich bei diesem Gesetz jetzt weiter fortgesetzt, indem man hier Materien­ge­setze versteckt hat, die nichts, aber schon überhaupt nichts mit der Datenschutz-Grundverordnung zu tun haben, die nicht einmal einen Bezug zu ihr hergestellt haben, sondern letztendlich Materiengesetze waren, die in ganz anderen Ausschüssen, nämlich im Finanzausschuss, zu behandeln gewesen wären. Sogar die Kollegen der Freiheitlichen Partei – ich nehme an, das war keine gespielte Überraschung – waren überrascht davon, dass diese Materiengesetze in diesem Gesetz verpackt waren. Das ist eine Missachtung des Parlaments, wie ich sie hier seit 17 Jahren noch nicht erlebt habe. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich muss auch meinen Unmut kundtun, dass Präsident Sobotka da nicht eingeschritten ist betreffend die Art und Weise, wie man das Parlament behandelt und den Gesetz­werdungsprozess, den sich das Parlament selbst gegeben hat, in verschiedenen Ausschüssen eigentlich missachtet. Ich halte das für ein Versagen des Präsidenten – es tut mir leid, dass er heute nicht hier sitzt, und ich werde das auch in einer schrift­lichen Anfrage noch einmal thematisieren –, und ich halte es insbesondere für ein voll­kommen ungerechtfertigtes und das Parlament missachtendes Verhalten des Finanz­minis­teriums.

In dem Paket waren drei Gesetze verpackt, die nichts mit dem Datenschutz zu tun haben, und in den Materiengesetzen, in denen man einen Bezug zum Datenschutz hergestellt hat, waren dann trotzdem noch einmal Veränderungen enthalten, die nichts mit dem Datenschutz zu tun haben. Wenn man schon eine so schwierige Materie anzupassen versucht, ist das eine Vorgangsweise, die das Vertrauen vollkommen untergräbt, und ich frage mich, wie wir ein Deregulierungsgesetz machen sollen, mit dem wir 5 000 Vorschriften abschaffen und 4 500 davon wieder einführen? Wer sagt uns, dass die nicht verändert wurden, wenn man die Vorgangsweise, die manche Ministerien hier an den Tag legen, zugrunde legt? (Abg. Schieder: Das stimmt!) – Das heißt, das Misstrauen, das Sie jetzt gesät haben, ist wahrscheinlich größer als das, was Sie dadurch erreicht haben.

Ich glaube auch, dass es für den Koalitionspartner sehr schwierig wird, Ihnen dieses Vertrauen entgegenzubringen, dass Sie in den Materiengesetzen nichts verändern, wenn Sie das Deregulierungsgesetz umsetzen wollen. Ich halte diese Vorgangsweise für echt skandalös und in den letzten 20 Jahren nicht dagewesen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Zum Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetz selbst: Bei all diesen drei Materien, die wir besprochen haben, wurde eine Riesenchance versäumt. Wir haben eine Chance versäumt, ein modernes Datenschutzrecht in Österreich einzuführen. Wir haben es nicht gemacht, wir sind vor den Konzernen in die Knie gegangen. Und was da von ÖVP-Seite als „Beraten statt strafen“ gefeiert wird, ja, liebe Freunde, was heißt denn das? – Wenn Facebook 10 000 Datensätze missbräuchlich verwendet und illegal an irgendwelche ausländischen Datenverarbeiter weitergibt, dann geht der Herr Bun­deskanzler zu Facebook und berät Facebook? – Das ist ja an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten, was Sie da abliefern! Das ist doch absurd! Absurd ist das, was Sie hier abliefern! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das heißt, in Wirklichkeit geht es darum, dass Sie die Großen schützen. Ich weiß nicht, warum man Google, Facebook und andere vor Verbandsklagen schützt, denn das ist doch die einzige Möglichkeit, diese Giganten mit rechtlichen Mitteln in die Knie zu zwingen. Sie verweigern den Einzelnen den Rechtsschutz und bieten dafür den Kon­zernen alle rechtlichen Möglichkeiten.

In Wirklichkeit ist das eine versäumte Chance. Sie sind sogar gegen die Absicht der Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union unterwegs, weil Sie nämlich die Chance, Widerspruchsrechte ganz selten geltend zu machen, in den Bereichen Sicherheit und Gesundheit gänzlich abgeschafft haben, ohne irgendeine Möglichkeit zu reagieren. Auch das halte ich für europarechtswidrig.

In Wirklichkeit haben Sie eine Riesenchance verpasst. Sie sind wieder vor den Großen in die Knie gegangen. Die FPÖ behauptet noch immer, der Vertreter des kleinen Man­nes zu sein. Sie unterstützen ausschließlich Großkonzerne! Sie machen das in diesem Gesetz, Sie machen das bei Ceta und Sie machen das bei allen anderen Gelegen­heiten. Darüber hinaus ist die Vorgangsweise, wie Sie mit dem Parlament umgehen, skandalös! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker. – Zwischenruf des Abg. Höbart.)

12.13

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl zu Wort gemeldet. – Bitte.