10.36

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Sehr geehrte Frau Mag.a Kuntzl! Sie haben von einer Unverbindlichkeit ge­sprochen. Ich glaube, wenn man etwas tiefer darüber nachdenkt, dann wird diese Un­verbindlichkeit doch zu einer stärkeren Verbindlichkeit, weil dieser Antrag auch einer Bewusstseinsschärfung dient. (Abg. Kuntzl: Das ist ja philosophisch!) – Ja, das kann auch einmal sein! (Abg. Rosenkranz: Das ist ja nicht verboten hier herinnen! Das ist vielleicht jetzt schon der Dritte! Den Dritten haben wir jetzt schon! Jetzt wird es eng auf den vier Plätzen!) – Ja, die Frage der Genies, lieber Herr Dr. Rosenkranz, ist eine gro­ße Frage: Wann wird man Genie? Wie misst man bei einem Zweijährigen Genie? – Darauf will ich mich jetzt aber nicht einlassen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeord­neten von FPÖ und SPÖ.)

Wie dem auch sei: Die Bewusstseinsschärfung würde bei den Damen und Herren des Lehrkörpers erfolgen müssen. Das wäre eine Aufgabe, die den Minister für Kulturange­legenheiten mit dem Minister für Bildungsangelegenheiten verbindet. Es geht dabei da­rum, dass die musische Bildung, auf deren Gebiet wir hier in Europa einzigartig sind, nicht zum Klischee verfällt, indem man sagt: Das ist Nebensache, das sind Neben­fächer. – In Wirklichkeit werden wir dann nämlich immer wieder vor Pisa-Studien ste­hen und sagen: Oh Gott, die Kinder können das Wesentliche nicht, um in der Wirt­schaft zu reüssieren! Die Pisa-Beispiele, von der OECD in rein wirtschaftlichem Den­ken erstellt, haben mit den musischen Aspekten praktisch nichts gemein. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Plötzlich beginnt man dann zu fragen: Wozu wird ein Musikunterricht geführt, wenn wir die Leute dann nicht fit für Pisa machen können? – Bitte bedenken Sie, dass wir da manchmal schizophren zu werden drohen! (Zwischenruf der Abg. Kuntzl.)

Ich habe am vergangenen Wochenende tatsächlich etwas erlebt: 700 Kinder im Kon­zerthaus haben gesungen, und zwar, nebenbei gesagt, mit unglaublichen Texten: Das waren Wiener Kinder, und sie haben Kärntner Lieder gesungen, sie haben also Kärnt­nerisch beherrscht. Außerdem haben sie „Carmina Burana“ gesungen, einen Text, den sie nicht verstanden haben, aber trotzdem kam die Sprache zur Geltung. (Zwischenruf der Abg. Kuntzl.) Im gemeinsamen Singen wird plötzlich Sprachunterricht geführt in ei­ner Art und Weise, wie er intensiver fast nicht sein kann. Und das wird auch betont durch diese Bemerkung, dass wir - - (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) – Was haben Sie gesagt? (Abg. Heinisch-Hosek: Es ist eine sehr herablassende Art, wenn Sie unterstellen, dass die Kinder Texte nicht verstehen würden ...!) – Eben, sie haben sie verstanden, Frau Kollegin! Ich glaube, Sie haben mich nicht verstanden, das ist vielleicht auch herablassend von Ihrer Seite! (Beifall bei der ÖVP.)

Dieses Textverständnis ist durch Musik gegeben, und wir vereinbaren hinsichtlich der Klassen, die wir einführen werden, der Deutschförderklassen: Für den Musikunterricht kommen die Kinder selbstverständlich in den Regelunterricht, denn dort wird Sprach­unterricht weitergeführt, indem man dort im gemeinsamen Gesang auch die Sprache kennenlernt und, nebenbei gesagt, sogar die Mathematik, die im Rahmen von Pisa ja nur verkürzt geprüft wird.

Ich darf Ihnen sagen, die Mathematik selbst ist die zehnte Tochter der Mnemosyne, die anderen Töchter sind die Musen. Als man den großen Mathematiker Grauert gefragt hat, ob Mathematik eine Naturwissenschaft oder eine Geisteswissenschaft sei, hat Grauert geantwortet: Die Mathematik ist Kunst, Mathematiker sind Künstler! – In der Mathematik steckt nämlich auch etwas Künstlerisches, sogar etwas Musisches.

Dass man Lehrerinnen und Lehrer auch darauf aufmerksam macht, ist eine wesentli­che Sache, dass man den Unterricht und die Unterrichtsgestaltung dort hinführt, dass man sagt: Nicht allein die Testung von abprüfbarem Nichtmusischem ist entscheidend, sondern die von Kreativem, was natürlich nur im individuellen Gespräch erfolgen kann, ist auch sehr wichtig. Auch das wird durch diesen Antrag vermittelt, und insofern ist dieser gar nicht, überhaupt nicht von einer – wie soll ich sagen? – Leichtfüßigkeit, son­dern wirklich schwerwiegend, und wir sind froh, dass Sie ihn unterstützen. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler der Sport­hauptschule und Hauptschule von St. Gilgen recht herzlich bei uns im Hohen Haus willkommen heißen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Berger. – Bitte.