11.41

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen hier im Saal und im virtuellen Raum! Ich freue mich, zu einem Thema sprechen zu dürfen, das mir persönlich ein echtes Anliegen ist, nämlich nicht nur als Abgeordneter, sondern auch als Bürgermeister einer Stadt in un­serem Lande.

Es geht nicht nur um die Erhaltung der baukulturellen Geschichte und um die Bewah­rung dieser Geschichte, sondern es geht vor allem um die Sicherung der baukulturellen Zukunft, denn es gelten immer noch folgende Punkte:

Erstens: Schönheit liegt im Auge des Betrachters und der Betrachterin. Zweitens: Schönheit und Baukultur stehen nicht in den Baugesetzen, auch nicht in den neun lan­desspezifischen Baugesetzen, die ja sehr, sehr unterschiedlich sind. Drittens: Wenn man über Architektur diskutiert, dann hat sie ihren Anspruch erfüllt, und wenn man nicht mehr darüber diskutiert, dann eben nicht mehr. Viertens: Baukultur ist nicht nur ein Anspruch der bauhistorisch bedeutenden Bundeshauptstadt und der Landeshaupt­städte, Baukultur muss sich über Gesamtösterreich erstrecken. Und der fünfte Punkt: Baukultur steht leider oft im Widerspruch zu bauökonomischen Interessen.

Diese fünf Punkte, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind nicht leicht unter einen Hut zu bringen. Dementsprechend verstehe und teile ich die Forderung nach baukulturellen Leitlinien dem Grunde nach. Ich möchte in Richtung meiner Vorrednerin auch eines klarstellen: Wir versagen uns keiner Diskussion, auch nicht im Kulturausschuss, son­dern wir diskutieren sehr lebendig darüber. Und was den Baukulturbericht anbelangt, so komme ich dazu noch später.

Ich verstehe Sie, Herr Abgeordneter Zinggl, auch sehr gut, dass Sie als sehr enthu­siastischer Vertreter der Kultur und Kunst das Thema gerne an der Wurzel packen und bis zur letzten Nadel in der baukulturellen Baumkrone durchdekliniert hätten, doch ge­rade wir in Österreich mit einer sehr lange zurückreichenden Historie an kulturellen Epochen waren uns schon immer in der Vergangenheit, ebenso wie wir es heute sind, unserer Verantwortung für die Baukultur bewusst. Wir müssen die bestehenden Erfah­rungen an die künftige Generation gerade in diesem Sektor, der hohen Bestand hat, weiterreichen.

Die Bundesregierung hat diese Verantwortung – das ist mein Empfinden – im Regie­rungsprogramm festgehalten, und ich bin überzeugt, dass die notwendigen Maßnah­men auch stufenweise und zeitgerecht umgesetzt werden. Die ersten Schritte dazu wurden ja bereits gesetzt, und ich möchte mich bei Kulturminister Gernot Blümel und seinem Team, die sich der Wichtigkeit dieses Themas sehr wohl bewusst sind und die einzelnen Schwerpunkte bereits in einen Ministerratsvortrag gegossen haben, herzlich bedanken.

Baukultur wird uns auch im europäischen Rahmen beschäftigen. Gerade im zweiten Halbjahr gibt es dafür ausreichend Anlässe zum Diskurs, und ich bin auch der festen Überzeugung, dass wir vonseiten Österreichs zum Thema der Baukultur einiges zu sagen haben. Aber auch, und das ist mir besonders wichtig, die Bundesländer haben bereits begonnen, diese Baukulturellen Leitlinien umzusetzen; Salzburg ist ein Beispiel dafür.

Aber, meine Damen und Herren, neben der Bereitstellung des Reports – wobei eine di­gitale Version aus ökologischen Gründen auch wünschenswert wäre – wird es essen­ziell sein, die Gemeinden und die Bürgerinnen und Bürger mit diesem ausreichenden Angebot zu informieren. Wir machen Politik für die Menschen, das dürfen wir nie außer Acht lassen, und dementsprechend ist auch das Thema Baukultur eines, das wir den Menschen näherbringen möchten und sollen.

Es wird landauf, landab auch einiges dazu getan. Als erfreuliches Beispiel darf ich aus meiner persönlichen Heimat den Gleisdorfer Baukulturbeirat nennen, ein Instrument, das es vielerorts gibt, und ein Instrument, das mit einem ganz klaren Auftrag des Ge­meinderates versehen ist und das die Baukultur durch Beratung und gemeinsame For­mung von Projekten gewährleisten soll. Wir wissen – es wurde auch bereits erwähnt –, dass Investitionsinteressen nicht immer im Einklang mit baukulturellen Forderungen stehen. Umso mehr muss uns die Baukultur im Sinne der Zukunft ein Herzensanliegen sein.

Um die Umsetzung dieser Leitlinien voranzutreiben, wurde vom Beirat für Baukultur bereits eine Arbeitsgruppe installiert, die die inhaltliche und die weitere Koordination begleiten soll. Diese Arbeitsgruppe besteht sowohl aus internen als auch aus externen Expertinnen und Experten und hat sich sechs Handlungsfelder vorgenommen: erstens die Orts-, Stadt- und Landschaftsentwicklung, zweitens Bauen, Erneuern und Betrei­ben, drittens Prozesse und Verfahren, viertens Bewusstseinsbildung und Beteiligung, fünftens Wissenschaft und Kompetenzvermittlung und sechstens Lenkung, Koordina­tion und Kooperation. Es gibt Teams, die diese sechs Handlungsfelder begleiten und sich um die Umsetzung kümmern.

Wichtig wird sein, dass wir uns dieses Themas annehmen, und ich darf noch einmal betonen und an meine Vorrednerin adressieren: Wir stellen uns diesem Thema intensi­ver, als Sie es vielleicht annehmen. Und in der Zwischenzeit ist auch der Baukulturre­port bereits im Parlament eingelangt und wird wie geplant behandelt werden. Verges­sen wir doch nicht, dass dieses Thema eine Querschnittmaterie ist und auch den Be­reich Bauten und Wohnungen betrifft! Es soll, und das ist zu unterstreichen, nicht zu überbordender Bürokratie kommen, weshalb eine schrittweise Behandlung und genaue Ausarbeitung und Beratung dieses Themas mehr als sinnvoll ist. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.47

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wolfgang Zinggl. – Bitte.