13.07

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Regie­rungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Kolle­ge Rosenkranz fragt: Warum schon wieder das Thema BVT und Innenministerium? – Ja, Herr Rosenkranz, weil jede Woche zusätzliche Informationen ans Tageslicht kom­men und ganz offensichtlich ist, dass sich da ein breitflächiger Angriff auf die Sicherheit der BürgerInnen anbahnt.

Sie sagen, Herr „Innenminister Kickl kann, was er tut“. – Das ist das Problem: Was tut er? – Der Herr Innenminister ist mit der blauen Brechstange unterwegs, das ist sein Lieblingsinstrument, und er sagt sich in einer Art politischer Goldgräberstimmung: Wir krallen uns jetzt das Innenministerium! Das werden wir uns jetzt krallen, das gehört jetzt der FPÖ, so wie es sich früher die ÖVP gleichsam in ihr Eigentum einverleibt hat! Sie sagen: Der Wind steht gut, wir krallen uns jetzt diese lästigen Ermittler im Verfas­sungsschutz, die gegen rechtsextreme Umtriebe unterwegs waren! Und mit der blauen Brechstange in der Hand sagen Sie: Wir krallen uns die Daten, damit da endlich Ruhe ist, damit diese lästigen Ermittler endlich wissen, wo der politische Herrgott wohnt! – Das ist die Botschaft, die Sie mit dieser völlig überschießenden Hausdurchsuchung zu überbringen versucht haben.

Herr Goldgruber, die rechte Hand des Innenministers, war bei der Einsatzbesprechung mit dabei. Das ist an und für sich schon sonderbar, aber man würde erwarten, dass er, wenn ein Generalsekretär des Innenministeriums bei einer solchen Einsatzbespre­chung dabei ist, schon ein Stück weit das Sensorium für die dort laufenden Einsatzdy­namiken schärft, dass man sagt: Okay, schauen wir, was wir dort mitnehmen!

Das ist ja das Beklemmende: Was wurde alles mitgenommen? – Es steht natürlich der Verdacht im Raum, dass bewusst hingegriffen wurde, um eine klare Botschaft zu sen­den. Sie, Herr Innenminister, haben mit der Brechstange versucht, den Chef des BVT, des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, aus dem Amt zu hebeln. Die Botschaft sollte sein: Keiner in diesem Land kann sich mehr sicher sein, wir nehmen gleich den Stier bei den Hörnern und feuern den Chef! Sie haben mit der Brechstange versucht, Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter aus den Reihen des Verfassungs­schutzes, aber natürlich auch in anderen Sicherheitsdiensten einzuschüchtern.

Die Botschaft, die Sie überbringen wollten, war: Keiner soll sicher sein! Wir können in euer Wohnzimmer kommen, wir können euch jederzeit kriminalisieren! – Das war die Botschaft, die Sie überbringen wollten, und die ist auch angekommen. Sie hebeln mit der Brechstange die Selbstzensur in die Sicherheitsdienste, auch um den Preis der völ­ligen Verunsicherung. Keiner soll mehr aufmucken gegen die FPÖ – das ist das Ziel hinter diesen Maßnahmen, und es ist ein Stück weit auch gelungen, es zu erreichen, wie man feststellen muss, wenn man sieht, wie verschüchtert, wie bedroht sich auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen. Wenn sich der Reihe nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter melden und sagen: Ich fühle mich in meiner leiblichen, körperlichen In­tegrität bedroht (Abg. Herbert: Bei wem melden sich diese Mitarbeiter? – Abg. Bela­kowitsch: Melden sich die bei Ihnen?), ich bin an Leib und Leben bedroht!, dann ist das die Wahrnehmung der Mitarbeiter, und das sollten Sie nicht vom Tisch wischen. (Abg. Belakowitsch: Bei Ihnen melden sich die Mitarbeiter?)

Wie sollen sich – wie stellen Sie sich das vor, Herr Innenminister? – da weitere Men­schen für die so wichtigen Aufgaben im Verfassungsschutz melden, wenn bei diesem Einsatz laut Einsatzbesprechung die Zentrale Quellenbewirtschaftung mitgenommen wurde, also jene Datenbank, in der auch alle Ermittler und verdeckten Ermittler erfasst sind, wenn auch Mailserver mitgenommen wurden, wenn die gesamte Neptun-Kommu­nikation – das ist jene mit ausländischen Geheimdiensten – aus den Jahren 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017 mitgenommen wurde? Haben Sie das in der Vorbespre­chung beauftragt, wurde darauf hingewiesen? – Das ist ja verrückt! Das sind alles Din­ge, die jetzt aus dem BVT kommen, das sind Nachrichten, die uns erreichen (ein Schriftstück mit geschwärzten Textstellen in die Höhe haltend), und in denen natürlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selber sagen: Das ist der Wahnsinn! (Abg. Rosen­kranz: Das ist ja geschwärzt!)

Da heißt es etwa: „Es tut mir leid, dass ich euch vor dem Wochenende noch eine schlechte Nachricht übermitteln muss“. – Natürlich hielten die das (den erwähnten Aus­druck neuerlich in die Höhe haltend) auch für einen Wahnsinn, was da alles wegge­schafft wurde und dass dann über Wochen die Daten irgendwo herumgekugelt sind. (Abg. Neubauer: Nicht irgendwo!) Dieses Mail kam intern am 23. März – die Haus­durchsuchung war am 28. Februar!

Das heißt, da stimmt so vieles nicht zusammen, Herr Innenminister – und Sie wissen, ich habe Ihnen auch in den ersten Wochen danach noch differenziert die Stange ge­halten (Abg. Rosenkranz: Die Brechstange!), aber als immer klarer wurde, dass es sich bei Ihrem Einsatzinstrument um eine Brechstange handelt, habe ich einfach mein Vertrauen verloren, das muss ich ganz klar sagen. Ich bin keiner, der da für Schnell­schüsse geeignet ist, denn ich denke, ein Misstrauensantrag gegen einen Minister ist ein schweres Geschütz, aber mit dem, was Woche für Woche herauskommt, nötigen Sie uns geradezu dazu, dass wir Ihnen das Misstrauen aussprechen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz sowie Bravoruf bei der SPÖ.)

Ich glaube, es ist Zeit, dass Sie entweder anerkennen, dass Sie die Dinge nicht im Griff hatten – das wäre die positivste aller Interpretationen; dann haben Sie die Verantwor­tung zu tragen und Ihr Amt niederzulegen –; oder, wenn Sie hier mutwillig solche Maß­nahmen vorantreiben, dann sind Sie ohnehin der Falsche. Ich glaube, das sollten na­türlich auch der Bundeskanzler und der Vizekanzler erkennen. Von denen hört man gar nichts, die drücken sich da weg, und angesichts der Art, wie sie sich wegdrücken, muss ich zur Erkenntnis kommen: Sie haben die Hand mit auf dieser blauen Brech­stange, sie haben die Hand mit auf der Brechstange! (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Hätten Kurz und Strache die Hand nicht mit auf der Brechstange, dann müssten sie diesen Innenminister seines Amtes entbinden (Abg. Rosenkranz: Aber so ein Blöd­sinn!), weil es einfach nicht reicht. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Richtig so! Bravo!)

Abschließend ein Beispiel: Es gibt den Fall Lorenz K., ein radikalisierter Jugendlicher. In Deutschland wurde er natürlich vom Bundesamt für Verfassungsschutz beschattet. Er ist dann nach Österreich ausgereist, und das wurde auch von den deutschen Behör­den so zugelassen, allerdings haben sie den österreichischen Behörden die Informa­tion mitgegeben: Das ist ein junger Radikalisierter, der im Netz auch andere Jugendli­che radikalisiert! – Das sind jene Menschen, die dann unsere Sicherheit bedrohen, ganz konkret in der Maria-Theresien-Straße in Innsbruck oder in der Mariahilfer Straße in Wien. Das ist ganz konkret! Diese Informationen bekommen wir aber nur, wenn wir auch gewährleisten können, dass wir sorgsam damit umgehen. Dieses Versprechen haben Sie gebrochen.

Es wäre Ihre ureigenste Aufgabe, Herr Innenminister, die Sicherheit der Menschen zu schützen (Abg. Rosenkranz: Das tut er!) und sie nicht zu gefährden. Sie sind inner­halb von sechs Monaten zum größten Sicherheitsrisiko für die Bürgerinnen und Bürger (Abg. Rosenkranz: Im Gegenteil!) dieses Landes geworden. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Liste Pilz. – Abg. Rosenkranz: Im Gegenteil! Fragen Sie einmal die Bürger!)

13.15

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Pilz. – Bitte.