Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Geschätzte Damen und Herren, was ist da passiert? Was ist da wirklich passiert? Das ist ein bisschen schwer zu erklären. Natürlich muss man manchmal Bilder finden für das, was passiert ist, und es gibt auch recht gute Texte dafür. Ich war vor Kurzem beim steirischen Bischof zum Mittagessen eingeladen und habe dann nachher etwas aus der Bibel gelesen, Sie werden es nicht glauben. (Abg. Rosenkranz: Angefüttert!) So darf ich etwas zitieren, das jetzt recht gut passt:
„Als das Lamm das vierte Siegel öffnete, hörte ich“ eine Stimme, die rief: „Komm! Da sah ich [...] ein fahles Pferd.“ – Sie kennen dieses fahle Pferd wahrscheinlich, geschätzte Damen und Herren! – Sein Reiter war der Tod, „und die Unterwelt zog hinter ihm her.“ (Der Redner zeigt eine Tafel, auf dem der „Reitende Tod“, ein Fragment des Gemäldes „Die apokalyptischen Reiter“ von Wiktor Wasnezow, zu sehen ist.)
Das beschreibt recht gut, was in dieser Phase jetzt geschieht, geschätzte Damen und Herren. Der Innenminister sorgt dafür, dass die internationale Zusammenarbeit mit Geheimdiensten gestorben ist, sorgt dafür, dass präventiv die Terrorabwehr gestorben ist, sorgt dafür, dass die Sicherheit im Land gestorben ist, geschätzte Damen und Herren. Und das reicht uns!
Deshalb hat sich die Opposition gemeinsam entschlossen, diesen Antrag zu stellen, den ich jetzt einbringe:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Dr. Stephanie Krisper, Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Dem Bundesminister für Inneres wird gemäß Art. 74 Abs 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrats das Vertrauen versagt.“
*****
Das ist die Antwort, Herr Bundesminister, die dieses Haus Ihnen zu geben hätte. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie der Abg. Zadić. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
14.48
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Misstrauensantrag
gemäß § 55 GOG-NR
der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Stephanie Krisper, Alma Zadić
Kolleginnen und Kollegen
betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres
eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage betreffend „Innenminister Kickl gefährdet die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher“
Begründung
Die von Herbert Kickl losgetretene Demontage des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung nimmt immer besorgniserregendere Ausmaße an.
Der gesamte Ermittlungsakt mitsamt allen vertraulichen Informationen, mit den Klarnamen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BVT, inklusive der verdeckten Ermittlerinnen und Ermittler hat das BVT verlassen und befindet sich in falschen Händen, Aktenteile verbreiten sich unkontrolliert.
Diese Menschen, die für unser aller Sicherheit tagtäglich in den gefährlichsten Milieus ermitteln, finden sich mit ihren echten Namen und Adressen jetzt also fein säuberlich aufgelistet im staatsanwaltschaftlichen Akt, der mittlerweile in allen Redaktionen des Landes aufzuliegen scheint.
Es wäre Kickls Aufgabe gewesen, die Identität dieser Menschen und damit ihre Gesundheit, ihr Leben und das ihrer Familien zu schützen. Kickl hat es zu verantworten, dass die Information über die Identität der verdeckten Ermittler das Innenministerium verlassen hat. Was eine Veröffentlichung für die Sicherheit der verdeckten Ermittler und ihrer Familien bedeuten würde, lässt sich angesichts der Berichte vom Wochenende nur erahnen.
„Sollte sein Name an die Öffentlichkeit geraten, sei seine persönliche Sicherheit und die seiner Familie gefährdet“ schreibt ein kürzlich von Kickl entlassener Spitzenbeamter des BVT in seinem Hilferuf ans Parlament, wie der Kurier berichtete.
Bei der BVT-Hausdurchsuchung am 28. Februar 2018 sind, wie der „Falter“ berichtete, darüber hinaus noch weitere hochsensible Daten beschlagnahmt und mitgenommen worden. Etwa eine komplette Liste der Informanten und Informationsquellen des BVT (die sogenannte ZQB-Datenbank) aber auch der Inhalt des Kommunikationsnetzwerkes des BVT mit anderen befreundeten Sicherheitsbehörden (das sogenannte „Netzwerk Neptun“). Dieses Netzwerk enthält u.a. Daten des deutschen Bundesnachrichtendienstes. Ebenfalls beschlagnahmt wurden 19 Gigabyte Daten aus der Extremismus-Abteilung, in der u.a. umfassend die Umtriebe der rechtsextremen Szene in Österreich beobachtet und dokumentiert wurden und werden.
All diese hochsensiblen Daten hätten niemals das BVT verlassen dürfen.
Das ist ein nachrichtendienstlicher und sicherheitspolitischer Super-Gau. Durch diese – von BM Kickl zu verantwortende – Vorgangsweise wird die Sicherheit in vielfältiger Weise massiv gefährdet.
Die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher wird gefährdet, wenn ausländische Nachrichtendienste nicht mehr mit Österreich zusammenarbeiten und damit die Terrorabwehr geschwächt wird.
Informationsquellen und Informanten des BVT sind ab nun im besten Fall wertlos, im schlechtesten ebenfalls persönlich gefährdet.
Die Leiterin des Referats für Extremismus im BVT sieht sich nicht mehr in der Lage ihrer Arbeit nachzugehen, sie sieht sich laut einer vom „Falter“ veröffentlichten E-Mail einer „Hetzjagd“ ausgesetzt. Sie wird von Rechtextremen gegen die sie ermittelt und von Dienstgeberseite (!) bedroht. Ihr wird nahegelegt, in Pension zu gehen.
Letztlich übernimmt Österreich in wenigen Wochen den EU-Vorsitz und muss dann die Sicherheit zahlreicher ausländischer Staats- und Regierungschefs gewährleisten, was vor diesem Hintergrund massiv erschwert wird.
Auch die sonst so zelebrierte Einigkeit der Regierung bekommt angesichts von Kickls verantwortungslosem Walten mit der Sicherheit Österreichs Risse, wie am Wochenende berichtet wurde. Es stellt sich heraus, dass das Justizressort seine Methoden mehr als nur in Frage stellt.
Eine der Zeuginnen, die Peter Goldgruber, Generalsekretär von Kickl, so eifrig vermittelt hatte, die von einem Mitarbeiter in Kickls Kabinett bei ihrer Aussage begleitet wurde, habe ängstlich gewirkt, „es wurde der Eindruck vermittelt, dass eine Drucksituation vorherrscht“, sagt demnach niemand geringerer als die fallführende Staatsanwältin.
Und sie dürfte mit ihrer Skepsis gegenüber den Methoden des Innenministers und seines Kabinetts nicht alleine sein. „Eine direkte Kontaktaufnahme des GS des BMI (Anm. Peter Goldgruber) mit der Staatsanwältin ohne Einhaltung des Dienstwegs ist ein Skandal“, findet Christian Pilnacek, Generalsekretär des Justizministeriums, laut Profil.
Und er hat Recht dabei. Innenminister Kickl ist ein Sicherheitsrisiko für Österreich. Solange er im Amt bleibt, ist die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher in Gefahr.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Antrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Dem Bundesminister für Inneres wird gemäß Art. 74 Abs 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrats das Vertrauen versagt.“
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Präsidentin Doris Bures: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. – Sie haben noch eine Restredezeit von 2 Minuten. Bitte. (Abg. Amon – auf dem Weg zum Rednerpult –: 2 Minuten? Ich dachte, ich hab’ drei! – Abg. Wöginger: Wir haben sieben fix insgesamt!)