15.48

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich würde gerne mit Fakten und einem Blick zurück auf die Genese, auf die Entstehung der standardisierten Reife- und Diplomprüfung, vulgo Zen­tralmatura, beginnen.

Ich möchte noch einmal die Ziele vor Augen halten, die damals handlungsanleitend dafür waren, dass man diese Zentralmatura eingeführt hat: Fairness, Transparenz, Objektivität, Vergleichbarkeit. Es geht darum, die Grundkompetenzen – und ich betone es noch einmal: die Grundkompetenzen – in den Fächern Mathematik, Deutsch und lebende Fremdsprachen zu überprüfen, sprich jene Grundkompetenzen, die in den Lehrplänen als unverzichtbare Lernziele definiert sind.

Diese sind noch dazu jeweils an die Schultypen angepasst, also zugeschnitten auf die AHS und auf die unterschiedlichen Typen der berufsbildenden höheren Schulen. Es ergeben sich daraus nicht 70 Pakete, sondern 33 unterschiedliche Prüfungspakete für diesen schriftlichen, zentral abgeführten Teil. Dieser zentrale Teil ergibt gemeinsam mit den vorwissenschaftlichen Arbeiten und mit den Schwerpunktfächern, die mündlich abgeprüft werden, die allgemeine Hochschulreife.

An dieser Stelle sei in Richtung Frau Gamon bemerkt: Die jetzige Zentralmatura – da Sie so betont haben, dass die Schwerpunkte der Schulen stärker in den Mittelpunkt kommen und abgeprüft werden sollen – ist, wenn Sie so wollen, eine teilstandardisierte Reifeprüfung, denn die Fragestellungen im mündlichen Teil liegen in der Verant­wor­tung der Pädagoginnen und Pädagogen an den Schulen und bilden genau diese Schwerpunkte der Schulen entsprechend ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auch mit einem Mythos aufräumen, der jetzt immer wieder im Raum stand, nämlich dass diese Fragen irgendjemand im stillen Kämmerlein erstellt und so das Schul­system besonders herausfordern beziehungsweise Lehrer oder Schülerinnen und Schüler quälen will. Das stimmt nicht. Es sind 180 Pädagoginnen und Pädagogen, die eigens dafür geschult sind, die tagtäglich in den Schulen unterrichten, in allen Bundes­ländern, in allen Schultypen. Diese Fragen werden von Praktikerinnen und Praktikern erarbeitet. Es gibt ein Qualitätssicherungssystem, in das zahlreiche ExpertInnen einge­bunden sind – aus den Fächern, aus den wissenschaftlichen Fächern, aus der Didaktik, aus der Testtheorie und aus allen Ebenen des Schulsystems. (Ruf bei der ÖVP: So schaut’s auch aus!)

Erstellte Fragen werden in Feldtestungen mit Tausenden Schülerinnen und Schülern genau darauf überprüft, ob sie machbar und verständlich sind. Das ist, wie ich meine, ein recht gut abgesichertes Kriterienset, um diese Fragen zu testen (Ruf: Nein, ist es nicht!), und nur jene Fragen, die all diese Kriterien erfüllen, kommen in den Fragenpool für die Matura. So weit, so gut.

Lieber Matthias! (Abg. Strolz: Ja?) Der Prozess der Einführung der standardisierten Reife- und Diplomprüfung ist politisch seit zehn Jahren auf dem Weg, da gebe ich dir schon recht, aber im Vollausbau, mit der Teilnahme aller Schulen, haben wir jetzt genau drei Jahrgänge. Es gab eine Pilotphase, es wurde 2015 evaluiert. Auf Basis dieser Evaluierung hat man gelernt und hat dann erstmals 2015/16 alle Schülerinnen und Schüler der AHS und BHS in diese Reifeprüfung übernommen. Das heißt, das Projekt ist jung, und es ist ein großes Projekt, das da gestartet wurde.

Klar ist, dass man aufgrund dieser fehlenden langjährigen Erfahrung bezüglich der zentralen standardisierten Reife- und Diplomprüfung jedes Jahr aufs Neue hinschauen muss, dass man schauen muss, ob das passt, ob die Kriterien wirklich erfüllt sind, und dass man natürlich Verbesserungsmöglichkeiten immer wieder aufnehmen muss, und das ist in den letzten Jahren geschehen.

Im Übrigen lohnt auch ein Blick über die Grenzen. Es ist ganz, ganz klar, dass die Einführung eines so großen Themas wie der Zentralmatura Kinderkrankheiten hat und dass da immer wieder nachjustiert werden muss, selbst bei bester Vorbereitung. Das soll keine Ausrede sein, aber ich finde, dass gerade in den drei Jahren des Voll­ausbaus, in denen wir jetzt alle drinnen hatten, recht viel geglückt ist. Von organi­satorischen Pannen war da gar nichts mehr zu sehen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Anstatt jetzt herzugehen und an den Grundfesten zu rütteln, zu sagen, wir hauen jetzt alles wieder über den Haufen und fangen an, neu nachzudenken, finde ich, dass wir bei diesem Thema zentrale Reifeprüfung dranbleiben, hinschauen, nachevaluieren, nachjustieren und es besser machen sollten. Ich denke, das ist der richtige Schritt in die richtige Richtung. Wenn wir international schauen – das wurde heute immer wieder erwähnt –, dann sehen wir, dass ganz Europa zentrale Reifeprüfungen abführt, in unterschiedlichen Ausformungen.

Ich nehme zwei Beispiele heraus. In Frankreich gibt es bei der Reifeprüfung nur zentral erarbeitete Fragen, auch mündlich. Geprüft wird über Externe, das stimmt. In Finnland läuft bei der Reifeprüfung alles nur schriftlich, da gibt es überhaupt keinen mündlichen Teil mehr. Die Fragen werden zentral gestellt, von den eigenen Lehrern korrigiert, aber immer auch von einem externen Lehrer kontrolliert. Das heißt, wir sind da, wie ich meine, wirklich auf dem richtigen Weg.

Du sagst, du würdest diese Ergebnisse der zentralen Reifeprüfung gerne in die Schulentwicklung einfließen lassen. Ja, genau, das haben wir auch getan. Das war das Erste, was ich 2016 gemacht habe, als ich ganz neu ins Amt gekommen bin und die Zentralmaturaergebnisse bekommen habe. Ich habe die Ergebnisse gesehen, habe gesagt, da muss man genau hinschauen und mit jenen Schulen arbeiten, die nicht so gut abschneiden. Ich habe die Schulaufsicht und auch mein Haus dazu angehalten, genau diese Prozesse einzuleiten, zu lernen, Schulentwicklung zu machen.

Dabei geht es aber nicht nur um Zentralmaturaergebnisse, sondern auch um Bildungs­standards, um Pisa-Daten – all diese Ergebnisse haben wir. Die müssen wir in solche Schulentwicklungsprojekte aufnehmen, und mit dem Bildungsreformpaket ist die Schulentwicklung in den Mittelpunkt gerückt. Genau das muss dort passieren: Peer-Learning, Schulentwicklung auf Basis von Bewertungen, Leistungsvereinbarungen, Entwicklungsplänen – aber genau das ist auf den Weg gebracht. Das habe ich selbst noch angestoßen, die Prozesspläne zur Ausrollung sind bereits in Kraft. Schulen sollen reflektierte, lernende Systeme sein und noch besser werden, das ist ganz, ganz klar und dazu gibt es auch meine Unterstützung.

Wenn wir schon über die zentrale Reifeprüfung und über Weiterentwicklungs­möglich­keiten reden, möchte ich noch einen Gedanken einbringen, der mir wirklich überle­genswert erschiene, nämlich jenen, die Jahresnoten mit in die Bewertung zur Matura einfließen zu lassen. Das ist jetzt keine Idee, die mir gerade eingefallen ist, auch da nützt der internationale Blick. Es gibt Länder, die diesbezüglich Vorbilder sind. So werden beispielsweise in Bayern vier Zeugnisnoten in die Bewertung zum Abitur hin­eingenommen. Auch andere Länder haben diesen Weg gewählt, weil es eine Möglich­keit ist, den Einfluss punktueller Tagesverfassungen auf die Gesamtnote zu senken.

An der Universität, das ist ja meine Herkunft, haben wir bei den Aufnahmeprüfungen für die Veterinärmedizin immer die Jahreszeugnisse und die entsprechenden Noten der entsprechenden Fächer in der Zusammenschau, ob das Aufnahmeverfahren be­stan­den wurde oder nicht, miteinfließen lassen. Das könnte ein Weg sein, um in die zentrale Reifeprüfung eine neue Dimension, eine neue Dynamik hineinzubekommen.

Herr Bundesminister Faßmann, ich danke Ihnen sehr dafür, dass Sie sagen: Es ist für mich selbstverständlich, dass ich analysiere, dass ich hinschaue und dass ich weiter­entwickle. – Das war auch unser Weg. Ein Entschließungsantrag dürfte ja unterwegs sein; ich finde es spannend, wenn die eigenen Parteien Sie auffordern, etwas zu tun, das Sie ohnehin machen. (Heiterkeit des Bundesministers Faßmann.) Danke, dass Sie es tun. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

15.57

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.