15.17

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregie­rung! Wir haben diese Dringliche Anfrage zum Thema „12-Stunden-Tag und 60-Stun­den-Woche“ an den Bundeskanzler gestellt, mit der Fragestellung: „In wessen Auftrag, Herr Bundeskanzler?“ Ich hoffe, dass heute im Zuge der Beantwortung dieser Dringli­chen Anfrage durch die Bundesregierung diese Frage auch beantwortet wird, nicht nur diese Frage, sondern weitere 30 Fragestellungen, die wir als Chance sehen, dass die Menschen in diesem Land mehr Aufklärung, mehr Klarstellung zu dem bekommen, was Sie uns am 14. Juni als Initiativantrag vorgelegt haben.

Ich bedauere sehr, dass der Herr Bundeskanzler erst später kommt. Ich weiß seinen Aufruf auch richtig zu werten, wenn er sagt, zu diesem Thema hätte er gern mehr Sachlichkeit. Auch wenn uns das heute allen hier wahrscheinlich sehr schwerfallen wird, den bestehenden Initiativantrag zu diskutieren, die Abänderungen mitzudiskutie­ren, vielleicht gelingt es doch, dass wir unsere Kampfrhetorik beiseitelegen, dass wir unsere Positionen klarlegen und wir unnötige und störende Zwischenrufe unterlassen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz.)

Ich möchte nun aus unserer Sicht ganz klar auflisten, wo wir Probleme sehen, und das auch begründen.

ÖVP und FPÖ argumentieren, dass es den 12-Stunden-Tag schon gibt. – Richtig, es gibt ihn bei den ÖBB, bei der Asfinag, im Spitals- und Pflegewesen, es gibt ihn auch im öffentlichen Dienst, es gibt ihn aber auch in anderen Branchen: im Tourismus, am Bau, in der Metallbranche – aber immer mit folgendem Unterschied zu dem Antrag von FPÖ und ÖVP: nämlich nur mit Zustimmung der Betriebsräte, mit Zustimmung des Arbeits­inspektorats und mit Zustimmung der Arbeitsmediziner.

Der Unterschied zu dem 12-Stunden-Tag, den es jetzt im öffentlichen Dienst schon gibt, den Sie immer wieder als Beispiel anführen, ist derjenige, dass in dem Bereich ganz klar geregelt ist, in den verschiedenen Schichtplänen, wann ich meinen 12-Stun­den-Dienst mache und wann ich danach zu Erholungszwecken freihabe; das heißt, es gibt Planbarkeit. Außerdem haben wir hier bereits die sechste Urlaubswoche – und ge­nau das alles ist in Ihrem Initiativantrag nicht enthalten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zinggl.)

Das heißt, wenn es darum geht, dass wir noch mehr und noch flexibler arbeiten sollen: Ja, aber dann mit klaren Spielregeln, nämlich betreffend Planbarkeit, Freizeitverbrauch, ohne Einkommensverlust, und wichtig ist auch, dass die Gesundheit und die Familie entsprechend nicht unter die Räder kommen.

Die FPÖ und die ÖVP, vor allem der Herr Vizekanzler, sagen den Menschen auch klar, jetzt gibt es dann eine Vier-Tage-Woche. – Leute, die Vier-Tage-Woche gibt es seit über 20 Jahren! Das letzte Mal haben wir sie 2007 hier in diesem Hohen Haus eva­luiert. Der Unterschied: Damals waren es vier Mal zehn Stunden, und jetzt werden vier Mal 12 Stunden möglich. Bitte blenden Sie nicht die Menschen draußen mit Ihrer Aus­sage, jetzt kommt die Vier-Tage-Woche! Die gibt es bereits seit 20 Jahren – eine Er­rungenschaft der Sozialpartner, damals unter roter Kanzlerschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, FPÖ und ÖVP, haben den Menschen auch mitgeteilt, wir brauchen diese Arbeits­zeitflexibilisierung und mit dieser Arbeitszeitflexibilisierung wird die Jahresarbeitszeit nicht erhöht. Auch das war falsch. – Bitte geben Sie zu, dass die Jahresarbeitszeit im Bereich der Mehrarbeit von 320 auf 416 Stunden um 96 Stunden zusätzlich erhöht wird. Das sind 96 Stunden mehr Arbeit auf Anordnung des Dienstgebers, das sind also – weil Sie immer vom 8-Stunden-Tag reden – 12 Arbeitstage mehr im Betrieb. Auch hier: Bitte sagen Sie den Menschen draußen die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Abgeordnete von ÖVP und FPÖ, Sie reden immer davon, der 8-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche Normalarbeitszeit bleiben aufrecht. – Ja! Im Gesetz ja, aber was helfen der 8-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche im Gesetz, wenn Sie die mögliche Arbeitszeit entsprechend auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche erhöhen? – Dann hilft das nichts, dann ist das so, und immer auf Anordnung des Arbeitgebers!

Nun zu Ihrer Freiwilligkeit, weil das das Thema Nummer eins ist: Sie wissen schon, dass es in der Judikatur das Wort Freiwilligkeit nicht gibt?! Sie haben jetzt eine Abän­derung vorgeschlagen beziehungsweise werden Sie sie auch einbringen, dass der Ar­beitnehmer die 11. und die 12. Stunde, die freiwillig sind, ablehnen darf. – Ich frage Sie, wie das in der Praxis funktionieren soll. Der Arbeitgeber sagt: 12 Stunden!, der Ar­beitnehmer sagt: Die 11. kann ich nicht, die 12. kann ich nicht! – Wie oft wird er in der Praxis Nein sagen können? Wir haben jetzt schon – jetzt schon! – die Situation, dass wir mit den bestehenden Stunden alle Aufträge dieser Republik abgearbeitet haben. Kein Auftrag ist zu spät fertig geworden. Warum diese Ausdehnung? (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist ja nicht nur unsere Meinung. Sie haben es in den letzten Tagen selber mitbe­kommen: Es gibt keinen Experten in der ganzen Republik, der Ihnen bestätigt, dass die 11. und 12. Stunde kein Problem betreffend arbeitsrechtliche Auswirkungen werden. Was wird also passieren? – In der Hochkonjunktur wird man nach der 11. und 12. Stun­de fragen; sie wird auch geleistet, weil im Extremfall, und das sagen alle Arbeits­rechtler, der Arbeitnehmer natürlich am kürzeren Ast sitzt und die wirtschaftliche Ab­hängigkeit selbstverständlich gegeben ist.

Damit möchte ich gleich zum Verbrauch überleiten, egal ob in Form von Freizeit oder Geld. Auch das beabsichtigen Sie mit einem Abänderungsantrag so zu gestalten, dass Sie sagen, der Arbeitnehmer kann bestimmen, ob Freizeit oder Geld in Anspruch ge­nommen wird. – Ja, in der Theorie ist das schön, die Frage ist aber, wann kann der Ar­beitnehmer entscheiden, wann er seine Freizeit in Anspruch nimmt, und wann be­kommt er seinen Überstundenzuschlag? Sie hebeln in Wirklichkeit all die Betriebsver­einbarungen und die kollektivvertraglichen Lösungen aus, denn genau dort war immer niedergeschrieben, wann das zu verbrauchen ist.

Wissen Sie, das Ganze hat halt einen bitteren Beigeschmack: Die Statistik Austria hat bezüglich 2017 festgestellt, dass in Österreich 250 Millionen Überstunden geleistet wurden, von denen 45 Millionen nicht bezahlt wurden. Ich bitte Sie wirklich: Sagen Sie uns, wo in Ihrem Gesetzentwurf steht, wann der Arbeitnehmer seine Freizeit in An­spruch nehmen darf!

Damit komme ich wieder zurück zu dem, was Sie immer sagen, nämlich: Die ÖBB haben es schon, die Asfinag hat es schon und der öffentliche Dienst hat es! – Ja, da steht aber ganz genau drin: Du machst zwei Schichten, du machst drei Schichten, und dann hast du die Freizeitphase und die sechste Urlaubswoche.

Dieser Rechtsanspruch betreffend Zeitverbrauch fehlt in diesem Gesetz. Im Gegenteil: Sie schreiben einen Satz hinein, gemäß dem mehrere Durchrechnungszeiträume zu­sammengezählt werden können. Wie viele sind das? Ein Monat, ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre? Wann kommt der Arbeitnehmer zu seinem Zeitausgleich? Dann, wenn viel Arbeit im Betrieb ist und die Auftragsbücher voll sind, oder dann, wenn es der Firma passt und sie sagt: Jetzt bleib daheim und verbrauch deine Stunden? (Beifall bei der SPÖ.)

Damit komme ich zum nächsten Punkt, nämlich Einkommensverluste. – Sie haben zu den Menschen gesagt, es wird keine Einkommensverluste geben. Drei Tage später müssen in der Sendung „Im Zentrum“ Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung zugeben: Ja, eine Million Menschen sind betroffen; was die 11. und 12. Stunde bei Gleitzeit betrifft, gibt es keine Zuschläge. – Jetzt reparieren Sie das vielleicht auch noch, nur mit einem wesentlichen Unterschied, nämlich dass Sie sagen, bei einer An­ordnung soll es diesen Zuschlag auch bei Gleitzeit geben, aber nicht, wenn eine Dienstnehmerin – wie in der Praxis so oft – freiwillig die 11. und 12. Stunde macht, weil sie vielleicht Lohnverrechnerin ist und sagt: Ich mache das Paket noch fertig! – Der Chef ist nicht da, und dann bekommt sie diesen Zuschlag für die 11. und 12. Stunde nicht. Bitte, das gehört auch repariert, wenn Sie es schon reparieren wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben auch nicht berücksichtigt, dass es 500 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer mit All-in-Verträgen gibt. – Diese Verträge wurden auf der Basis 10 Stunden pro Tag, 50 Stunden pro Woche abgeschlossen; jetzt erhöhen Sie auf 12 beziehungs­weise 60. Das heißt für diese Menschen mit All-in-Verträgen, dass sie jetzt bei glei­chem Einkommen bis zu zehn Stunden länger arbeiten, oder reparieren Sie das auch? – Auch das ist eine Frage, die offen ist.

Ein weiterer Bereich – und das ist wirklich das Schlimme, wo Sie die Mitbestimmung in den Betrieben dementsprechend abschaffen – sind die Betriebsvereinbarungen und auch die Kollektivverträge bis zur 12. Stunde. Das heißt, Betriebsvereinbarungen und Kollektivverträge, die bisher ganz klar Zeitverbrauch, Zuschläge, Gesundheit geregelt haben, schalten Sie mit Ihrem Entwurf aus. Und ganz schlimm ist für mich, dass Sie im Arbeitszeitgesetz den § 7 Abs. 4 streichen, denn genau dort steht das nämlich drinnen.

Bitte kommen Sie jetzt nicht heraus und sagen Sie, es können weiterhin Betriebsver­einbarungen abgeschlossen werden! – Mit dem Streichen dieses Paragraphen beseiti­gen Sie jegliche Art von rechtlicher Grundlage dafür, dass es in Zukunft weitere Be­triebsvereinbarungen gibt, und das ist nicht fair, was die Mitbestimmung betrifft! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe, ich überziehe jetzt nicht, aber ich habe nur zur Verdeutlichung zwei Beispiele mitgebracht. Sie schreiben jetzt den Zuschlag ganz klar im Gesetz vor; Betriebsverein­barungen sind für die Arbeitgeber, was die Arbeitszeitverlängerung betrifft, nicht mehr notwendig. – Natürlich kriege ich jetzt sehr viel Post, genauso wie Sie, aber ich zeige Ihnen den Unterschied auf: Wenn der Bedarf gegeben und wenn es notwendig ist, ist in dieser Republik immer noch eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden – mit dem Betriebsrat, mit Kollektivvertragspartnern.

Lassen Sie mich ein Beispiel bringen: Da gibt es eine Firma, die Weber Hydraulik GmbH in Losenstein, die hat für dreieinhalb Wochen eine ganz klare Vereinbarung ab­geschlossen – für dreieinhalb Wochen mit 12 Stunden pro Tag, aber mit dem Zusatz, dass sie ganz klar sagen, Arbeitnehmer, die das ablehnen, dürfen deswegen nicht be­nachteiligt werden. Diese bekommen ein Jahr Kündigungsschutz – das haben Sie nicht in Ihrem Entwurf –, wenn sie Nein sagen, wenn sie sagen, ich kann nicht.

Und das Wesentliche: Alle geleisteten Überstunden für diese dreieinhalb Wochen wer­den im Folgemonat als Überstunden mit Zuschlag ausbezahlt oder auch als Zeitaus­gleich gewährt, aber nicht mit 50 Prozent (Beifall bei der SPÖ), sondern mit 100 Pro­zent und am Sonntag mit 150 Prozent Zuschlag.

Sie machen in der Betriebsvereinbarung auch keinen Unterschied zwischen Stamm­personal und Leiharbeitern. – Leute, wenn es so weit kommt, dass dann auch noch Unterschiede zwischen Stammpersonal und Leiharbeitern gemacht werden, dann wird das unter den Beschäftigten im Betrieb wirklich zu einem Klassenkampf führen. Das brauchen wir nicht, also lasst bitte derartige Betriebsvereinbarungen weiterhin beste­hen! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Sie werden es wissen beziehungsweise gelesen haben, dass Experten aus ganz Ös­terreich und aus allen Fachbereichen unsere Analyse bestätigen: Für die gleiche Arbeit gibt es weniger Einkommen!

Sie sagen, Sie behaupten auch, das Arbeitszeitgesetz soll nur bei Bedarf angewandt werden. Sie sagen immer, 12 Stunden und 60 Stunden bei Bedarf. – Es gibt jetzt schon erste Unternehmen, die über die Presse gemeldet haben, sie würden sich auf diese 12 Stunden und 60 Stunden freuen und ja, sie werden sie auch nutzen. Es gibt aber auch Unternehmen, die großes Verständnis für ihre Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter aufbringen, die Vorsorge treffen und ihre Fürsorgepflichten wahrnehmen. Und genau darin sehe ich jetzt das Problem.

Wenn ich zum Beispiel diese Pressemeldung aus Tirol anschaue: Baumeister Josef Huber hat einen Betrieb mit 300 Mitarbeitern in Imst und sagt: Natürlich werde ich das nutzen. Wenn Aufträge da sind, arbeiten wir 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche.

Ein anderer Bauunternehmer auch aus Tirol, der Landesinnungsmeister vom Bauge­werbe, sagt: 95 Prozent der Unternehmen in der Bauwirtschaft würden mit der derzeiti­gen Regelung auskommen, 12 Stunden würde er seine 140 Mitarbeiter nicht arbeiten lassen wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Muss er eh nicht!)

Der Landesinnungsmeister vom Friseurgewerbe tut kund, die Regierung sei beim Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen zu weit gegangen. Dieses Gesetz ermöglicht es, Mitarbeiter von der ersten bis zur siebten Woche 60 Stunden, dann 56 Stunden und von der neunten bis zur siebzehnten Woche 40 Stunden zu beschäftigen.

Das ist ein zu langer Zeitraum. Wir brauchen das nicht, die Wirtschaft kommt mit den bestehenden Regelungen aus.

Das Schlimme ist: Sie schaffen damit auch einen Wettbewerb nach unten. Warum? –Es gibt beispielsweise eine Ausschreibung für die Sanierung einer Straße über die Sommermonate Juli und August – über 30 Grad Hitze –, und Sie ermöglichen jetzt über das Arbeitszeitgesetz, dass die Firmen sieben Wochen durchgehend mit 60 Stun­den kalkulieren dürfen. Dann werden die Firmen das auch machen, und jene Firma, die das nicht macht, wird keine Chance auf diesen Auftrag haben. Das ist das Unfaire. Sie legen die Latte einfach viel zu hoch – auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten in dieser Republik! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Ich komme jetzt zum letzten Punkt, zur Gesundheit. Alle Arbeitsmediziner warnen vor einem erhöhten Unfallrisiko. Alle Arbeitsmediziner in dieser Republik sagen: 12 Stun­den arbeiten macht krank. Ob dem Industriearbeiter, der ab der 10. Stunde einem er­höhten Unfallrisiko ausgesetzt ist, oder dem Altenpfleger, der nach einer 12-Stunden-Schicht unbedingt drei Tage Erholung braucht, es bleibt ihnen allen einfach zu wenig Zeit, sich zu erholen, und die Müdigkeit wird in den nächsten Tag mitgetragen. Sie ken­nen das ja selber, zu lange arbeiten und zu wenig Schlaf wird zu einem Problem.

Wir haben sehr viele Zusendungen von Betroffenen erhalten. Ich bedanke mich bei all jenen, die sich zu Wort gemeldet und auch gesagt haben, dass wir das ruhig verwen­den dürfen. Sie kennen diese Zuschrift von Herrn Otto Kloiber; er ist Zimmerer und be­richtet (eine Tafel in die Höhe haltend, auf der ein Arbeitstag des Zimmerers wie folgt aufgelistet ist): 4.30 Uhr aufstehen, 1 Stunde zur Arbeit fahren, 12 Stunden Arbeit plus 45 Minuten nicht bezahlte Pause, 1 Stunde nach Hause fahren, waschen, essen, ein bisschen Familie, 7 Stunden schlafen, dann klingelt wieder der Wecker: 4:30 Uhr auf­stehen – und das für Schwerarbeiter!

Das ist auch unsere Kritik: dass Sie ein Arbeitszeitgesetz quer durch alle Branchen pla­nen. Das macht es nämlich umso schwieriger.

Ich bin auch sehr enttäuscht ob der bisherigen Presseartikel von FPÖ und ÖVP. Ich habe mir jeden einzelnen angeschaut, und in keiner einzigen Ihrer Presseaussendun­gen kommt das Wort Gesundheit und Schutz für die Arbeitnehmer vor – in keiner ein­zigen Presseaussendung! Sie kehren bei diesem Gesetzentwurf die Gesundheit der Beschäftigten einfach unter den Teppich, und das ist äußerst unfair. (Beifall bei der SPÖ.)

Von Tag zu Tag wird sichtbarer, dass dieser ÖVP/FPÖ-Entwurf keine einzige Besser­stellung für die Beschäftigten in auch nur irgendeinem Punkt bringt. (Abg. Kassegger: Das werden wir gleich erklären!) Am 14. Juni knallen Sie uns Ihren Antrag hier auf den Tisch, am 15. Juni im Ö1-„Morgenjournal“ sagt die Frau Wirtschaftsministerin – Origi­nalzitat –, sie gebe ganz klar an die Unternehmen den Auftrag, dieses Gesetz nicht auszunutzen, weil es ein Husch-Pfusch-Gesetz ist, weil es nicht lange genug begut­achtet worden ist. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist halt auch schlimm, wenn dann – und ich weiß, bei diesem Thema gehen die Emotionen hoch (Abg. Rosenkranz: Ist so!) - - Ja, Kollege Rosenkranz, es gibt dort eine Aussage, es gibt da eine Aussage, wir wis­sen das, aber wenn ein ÖVP-Wirtschaftsbundmitglied sagt (eine Kopie des Artikels mit einem Bild des Genannten in die Höhe haltend), Arbeitnehmer seien nur Kostenfakto­ren und es sei ein „Wehklagen der Wertlosen“, dann sage ich Ihnen schon: Arbeitneh­mer sind weder Kostenfaktoren noch Wertlose, Arbeitnehmer sind Menschen, die den Umsatz ihrer Arbeitgeber erwirtschaften. Deshalb sind solche Aussagen auch seitens des Wirtschaftsbundes zurückzuweisen und entsprechend richtigzustellen! (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte.

Abgeordneter Josef Muchitsch (fortsetzend): Umso wichtiger ist es, dass sich alle Menschen dieser Republik, die kein Gesetz haben wollen, das Verschlechterungen für die Beschäftigten bringt, dagegen auflehnen, dass sie dagegen kämpfen. Vielleicht werden morgen alle diese Menschen auch die Demo des ÖGB besuchen, weil es da­bei um die Würde, um die Menschlichkeit und um die Zukunft der Beschäftigten dieser Republik geht.

Abschließend: Ich fordere die Bundesregierung auf, Sie, Herr Vizekanzler – ich weiß, Sie tun sich mit manchen Formulierungen sehr schwer –, ich fordere Sie auf, bitte neh­men Sie diesen Initiativantrag zurück! Ich biete Ihnen Folgendes an: Bereitet eine Mi­nisterratsvorlage für den Herrn Präsidenten vor, wir würden ihn ersuchen, sie dem So­zialausschuss zuzuweisen. Ich garantiere, noch vor der Sommerpause eine Sozialaus­schusssitzung einzuberufen, und ich garantiere, dass wir nach sechs Wochen Begut­achtung unter Einbindung aller Sozialpartner und Experten Ende August eine Sonder­ausschusssitzung abhalten, in der wir ganz ehrlich, fair und gerecht eine neue Vorlage diskutieren können, um dieses Gesetz dann in der ersten Plenarsitzung im Herbst ver­abschieden zu können, und zwar anständig, g’scheit und fair, damit sich die Menschen, die arbeiten, und die Menschen, die Arbeit geben, auf gleicher Augenhöhe gegenüber­stehen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

15.38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister für Europa, Kunst, Kultur und Medien. Ich darf es ihm erteilen. – Bitte.