16.48

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Muchitsch! (Zwischenrufe des Abg. Knes.) – Ich spreche mit Kollegen Muchitsch. Herr Kollege Muchitsch, erstens einmal möchte ich dir sagen, diesen Unter­nehmer aus dem Wirtschaftsbund, den du erwähnt hast, vertrete ich nicht, und er ist auch nicht mehr Mitglied des Wirtschaftsbundes – das nur einmal am Anfang. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Zum Zweiten: Du hast Sachlichkeit eingefordert, nur: Sachlichkeit heißt nicht immer, dass alles richtig ist; das möchte ich auch festhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Es wird auch Zeit, dass wir die Geschichte der Arbeitszeitflexibilisierung einmal im Hinblick auf die Fakten anschauen. Es war so, dass das Arbeitsprogramm der Regie­rung aus dem Jahr 2017 vorgesehen hat, dass wir den Mindestlohn und die Arbeits­zeitflexibilisierung liefern – die Betonung liegt auf und –, und falls von den Sozialpart­nern bei beiden Themen keine Lösung gebracht wird, dann wird die Regierung eine Lö­sung bringen. – Das war nicht der Fall.

Wir, die Wirtschaft, haben den Mindestlohn von 1 500 Euro gebracht. Das heißt, wir haben Wort gehalten, meine Damen und Herren. Die Gewerkschaften haben sich an die bereits erzielte Einigung über die flexiblen Arbeitszeiten – und die Einigung war fast vor dem Abschluss – nicht gehalten und haben sie in letzter Sekunde, sei es aus wahl­taktischen Gründen, wegen Teilgewerkschaften oder irgendetwas anderem, platzen lassen. Für mich sieht das Tragen von Verantwortung anders aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: In Wirklichkeit hätten wir das schon längst!)

Darum muss ich auch ganz deutlich zu Ihnen sagen: Sie haben Ihre Chance gehabt, aber Sie haben Sie nicht genutzt, und sich heute hier herzustellen und die 12-Stunden-Regelung, die wir ausgearbeitet haben, zu verteufeln, ist schon eine besondere Chuz­pe, das muss ich ganz ehrlich sagen.

Was jetzt auf dem Tisch liegt, ist ein Gesetz, das in vielen Punkten das beinhaltet, was wir damals besprochen und auch schon ausverhandelt haben. Ich verstehe also ehrlich gesagt diese Aufregung nicht. Es ist ein Gesetz, das es möglich macht, dass wir fle­xibel arbeiten. Ehrlich, Herr Kern, um Ihre Glaubwürdigkeit wiederzuerlangen, würde ich Ihnen vorschlagen, Sie gehen in die Kirche und zitieren nicht die Kirche. Das wäre in diesem Fall besser. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Schauen Sie, ich könnte auch zig Beispiele von Menschen – aus Marketingabteilun­gen, aus Projekten – zitieren, die uns geschrieben haben und froh sind, sagen zu kön­nen: Okay, wir können 8, 10, 12 Stunden arbeiten, haben dann eine 4-Tage-Woche, können am Freitag zu Hause bleiben und haben mehr Freizeit. Dazu gibt es viele Bei­spiele.

Es gibt also Beispiele auf der einen Seite und auf der anderen Seite. Was wir wollen, ist einfach mehr Flexibilität und mehr Freiheit für beide Seiten: für die Unternehmer und für die Arbeitnehmer. Sie haben es ja auch angesprochen: In Zeiten der Digitalisierung und der Globalisierung ist das natürlich notwendig: Homeoffice, E-Mails, Social Me­dia – Sie kennen das alles. Wann und wo wir arbeiten, verändert sich komplett, des­halb brauchen wir diese Flexibilität. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Meine Damen und Herren, wir wollen eine flexiblere Verteilung der Arbeit und keine Verlängerung der Ar­beitszeit – dass das auch einmal ganz klar angesprochen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Mit Angstmache, Panikmache und Skandalisieren wird man keinen Staat machen. Fra­gen Sie einmal die Arbeiter vor dem Haus, die Ihre Tribüne für morgen aufbauen! Fra­gen Sie einmal, wie lange sie heute arbeiten müssen, damit diese Tribüne steht! Ich glaube nicht, dass sie das unter 12 Stunden schaffen werden (Abg. Winzig: 14!), eher werden sie 14 Stunden dafür brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Eines möchte ich noch zum Thema sagen: Lieber Josef Muchitsch, wir kennen einan­der sehr lange und haben viel gemeinsam verhandelt. Wir haben auch gemeinsam vie­le gute Punkte geschafft, aber immer dann die Sozialpartnerschaft zu strapazieren, wenn ihr sie braucht, ist der falsche Weg, denn ihr wart diejenigen, die die Sozialpart­nerschaft verlassen haben, als es vor der Wahl darum gegangen ist, die Angleichung von Arbeitern und Angestellten durchzuziehen. Jetzt darüber zu jammern, dass wir das machen, was ihr auch gemacht habt, finde ich mehr als unglaubwürdig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. He-Ruf des Abg. Leichtfried.)

Es wird einen neuen Ansatz der Sozialpartnerschaft brauchen, denn das Gebe-ich-dir-gibst-du-mir hat ausgedient. Es geht um den Standort Österreich. Es geht um eine mo­derne Standortpartnerschaft, und da sind beide Seiten gefragt. Wenn wir uns die Si­tuation hinsichtlich der Arbeitszeit in Österreich anschauen – wir haben das ja heute schon öfter gehört –, dann ist es ja nicht so, dass alle nur 8 Stunden arbeiten. Es ist ja so, dass es in 50 Prozent der Fälle heute schon Vereinbarungen gibt und über 10 Stun­den gearbeitet wird. (Abg. Plessl: Aber eine Vereinbarung, beide Seiten gemeinsam!) Damit ist die Gewerkschaft einverstanden. Mir kommt es eben immer so vor: Mit der SPÖ und den Gewerkschaften sind 12 Stunden Arbeit gesund, und ohne SPÖ und Ge­werkschaften sind 12 Stunden Arbeit ungesund. Das ist auch nicht zulässig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Wenn Sie heute von den Betriebsräten sprechen: Ich kenne sehr viele Betriebsräte und schätze auch sehr viele davon. Es gibt aber sehr viele Betriebe, in denen es keine Be­triebsräte gibt. Das sind die kleinen und mittleren Betriebe, die hervorragend funktio­nieren, weil der Chef und die Mitarbeiter sich die Dinge ausmachen, weil es familien­geführte Betriebe sind, weil der Chef vieles weiß. Er kennt die Familie, er kennt den Familienbetrieb und behandelt seine Mitarbeiter wie Familienmitglieder. So weiß er, dass die Mitarbeiter Zeit für die Familie brauchen. Deshalb, ganz ehrlich: Überlassen wir es ihnen, sodass sie in Freiheit diese Flexibilität zum Wohle der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber leben können! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die Mitarbeiter – das, glaube ich, können wir Unternehmervertreter und Unternehmer sagen – sind unser wichtigstes Kapital. Wir wissen, was wir an unseren Mitarbeitern haben. Wir investieren in Ausbildung und legen großen Wert auf gute Rahmenbedin­gungen. Ich frage mich wirklich, ob die SPÖ und die Gewerkschaft noch die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer vertreten, denn wenn 75 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher flexible Arbeitszeiten wollen, dann sind Sie voll daneben, meine Da­men und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Deshalb sage ich auch ganz deutlich: Wir sind angetreten, um Österreich moderner zu machen, und dazu gehören mehr Flexibilität und mehr Freiheit. Genau das setzen wir um, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Muchitsch zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Gudenus: Sehr aktiv heute!)