18.46

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Das von allen im Parlament vertretenen Parteien gemeinsam beschlossene Erwachsenenschutz-Gesetz – und das ist auch ein besonderer Beitrag zur Harmonie – ist mit 1.7.2018, also vor wenigen Tagen, in Kraft getreten. Es hat damit einen Paradigmenwechsel gegeben, einen Para­digmenwechsel im Umgang mit Menschen, die nicht zur Gänze oder gar nicht fähig sind, für sich selbst zu entscheiden.

Die wesentlichen Grundsätze dieses Gesetzes möchte ich in Erinnerung rufen, weil es ganz neu in Kraft getreten ist: Wir gehen den Weg von der vielfach erlebten Entmün­digung von Menschen hin zur Unterstützung in einem weitgehend selbstbestimmten Leben. Wir schreiben Autonomie, Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit in die­ses Gesetz, und wir werden auch bei der Umsetzung dafür sorgen, dass der betroffene Mensch im Mittelpunkt steht. Die Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen wird wesent­lich gestärkt. Das, meine Damen und Herren, ein einvernehmlich gefasster Gesetzes­beschluss, ist, glaube ich, der richtige Weg, um den Betroffenen ein Leben in Men­schen­würde zu ermöglichen.

All dies und auch eine die Menschenwürde achtende Umsetzung sind besonders wich­tig für ältere Menschen, die – viele von Ihnen wissen es – mir besonders am Herzen liegen. Gemeinsam mit Ingrid Korosec, der Präsidentin des Österreichischen Senioren­bundes und heuer auch Präsidentin des Seniorenrates, und den anderen Vertretern des Seniorenbundes möchte ich in Begleitung der Umsetzung ganz besonders darauf achten, dass die Bedürfnisse der älteren Menschen besonders berücksichtigt werden.

Mit dem heute zur Beschlussfassung vorliegenden Erwachsenenschutz-Anpassungs­ge­setz werden wichtige Präzisierungen vorgenommen. Ich möchte nur einige ganz wenige nennen, die für die Betroffenen besonders wichtig sind. Dazu gehört die Prä­zi­sierung der Rechnungslegung. Künftig sollen nächste Angehörige und Erwachsenen­schutzvereine von einer laufenden Rechnungslegung explizit befreit sein und nur bei Vorliegen besonderer Gründe vom Gericht dazu verpflichtet werden können. Der Staat verzichtet somit auf überschießende Kontrolle und das Eingreifen in funktionierende Fa­miliensysteme. Das ist für die Betroffenen eine ganz wichtige und notwendige Ent­scheidung.

Wichtig ist aber auch die Klarstellung in Bezug auf die Datenverarbeitung. Erwachse­nenschutzvereine werden künftig ermächtigt, die Datenverarbeitung im Rahmen ihrer gesetzlich übertragenen Aufgaben vorzunehmen, und die ursprünglich vorgesehene Zehn-Jahre-Löschungsfrist wird gestrichen. Damit wird es den Vereinen möglich gemacht, der Verpflichtung zur Aufbewahrung von Rechnungsbelegen und damit auch der Schaffung möglicher Schadenersatzanspruch-Abwehrmöglichkeiten nachzu­kom­men.

Ein weiteres deutliches Zeichen dafür, dass im neuen Erwachsenenschutz Autonomie und Selbstbestimmung so weit wie möglich erhalten bleiben sollen, ist die neue Hand­habe bei Eintragungen ins Grund- und Firmenbuch. Bis dato, meine Damen und Herren, war jede Sachwalterschaft dort vermerkt, weil die Sachwalterschaft automa­tisch zum Verlust der Geschäftsfähigkeit der vertretenen Person geführt hat. Der neue Erwachsenenschutz kennt diesen automatischen Verlust der Geschäftsfähigkeit nicht mehr. Daher führt nur noch die gerichtliche Anordnung eines Genehmigungsvorbehalts künftig zu einer Eintragung ins Grund- und Firmenbuch. Ich denke, das ist im Sinne der Betroffenen – und sie sollen ja im Mittelpunkt stehen – gut, richtig und auch notwendig.

Ganz generell und abschließend möchte ich feststellen, dass es uns allen, so denke ich, ein besonderes Anliegen sein sollte, bei der Umsetzung der neuen gesetzlichen Be­stimmungen vor allem auch den Erwachsenenschutzvereinen den Rücken zu stärken, denn sie werden einen ganz wesentlichen Beitrag für das Gelingen dieses neuen und umfangreichen Gesetzes leisten.

Je mehr bürokratische Hürden abgebaut werden können, desto schneller kommen wir zu unserem – und ich hoffe, das gilt für uns alle – gemeinsamen Ziel: so viel Selbst­bestimmung wie möglich und so viel Unterstützung wie nötig. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Becher ist zu Wort gemel­det. – Bitte.