14.36

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen auf der Ga­lerie! Wie zynisch ist das denn? Wir sollen heute in diesem Parlament, in diesem Ho­hen Haus ein Gesetz beschließen, das die Erhöhung der Tagesarbeitszeit auf 12 Stun­den und eine 60-Stunden-Woche beinhaltet. Gleichzeitig budgetieren Sie die Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung mit, sage und schreibe, 1 000 Euro für die nächsten zwei Jahre, und damit nicht genug: Sie halbieren auch noch die Mittel für den Ausbau der ganztägigen Schulen auf die Hälfte und strecken den Zeitraum bis 2032. (Ruf bei der FPÖ: Das haben wir Ihnen schon letztens erklärt!)

Damit verunmöglichen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, den vielen Frauen, die jetzt schon 8 Stunden arbeiten wollen, dass sie dies auch tun, und die Alleinerzieherinnen, 160 000 in Österreich, schicken Sie sowieso in prekäre Situationen – und dann erst recht, bei 12 Stunden täglich und 60 Stunden in der Woche! Wie soll denn das funktio­nieren? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Damit outet sich aber auch die Familienpartei ÖVP und zeigt ihr wahres Gesicht. Wenn Sie dieses Gesetz ernst meinen, müsste Ihnen doch der Ausbau der ganztägigen Schule ein ganz besonderes Anliegen sein. Es waren 750 Millionen Euro, die wir gesi­chert hatten, um eines zu schaffen: ein flächendeckendes ganztägiges Angebot für un­sere Schülerinnen und Schüler – und zwar für 40 Prozent der Schülerinnen und Schü­ler –, in einem Radius von 20 Kilometern, also leicht zu erreichen, sodass es für die El­tern auch leistbar und machbar ist.

Es war ein Programm, das zum Inhalt hatte: hervorragende Pädagogik, Innovation, In­klusion und vor allem auch die Ferienbetreuung. Diese war uns ganz wichtig, weil wir wissen, dass es die Eltern mit diesen langen Ferienzeiten kaum schaffen können, die Betreuung ihrer Kinder entsprechend sicherzustellen. All das schieben Sie auf die lange Bank und verunmöglichen Sie für ganz, ganz viele. Wir wollten sie vor allem auch jenen Kindern zugänglich machen, die es ganz besonders nötig haben, deren El­tern es nicht schaffen, Nachhilfe zu bezahlen und ihr Kind besonders zu unterstützen.

Das ist alles weggeschoben, auf die lange Bank geschoben. Erst gestern gab es einen Ministerratsvortrag von Kollegen Faßmann, der zum Inhalt hatte, dass das Bildungsin­vestitionsgesetz zu ambitioniert wäre, dass Bedarfsgerechtheit und Wahlfreiheit im Mit­telpunkt stehen müssten. Wahlfreiheit heißt aber auch, dass die Angebote da sein müssen. Was heißt das für ganztägige Schulen? – Es gilt, Infrastruktur zu bauen, Men­sen zu bauen, sodass die Kinder, gemeinsam mit den Pädagoginnen und Pädagogen, auch einen ansprechenden Lebensraum in dieser ganztägigen Schule haben – das dau­ert.

Wenn Sie das Wort Wahlfreiheit ständig in den Mund nehmen, dann lassen Sie sich gesagt sein: Es geht darum, Angebot bereitzuhalten, damit man diese Wahlfreiheit auch in Anspruch nehmen kann. Wenn wir in die Statistiken schauen – und es gibt eine recht aktuelle Studie dazu –, dann arbeiten fast 50 Prozent der Frauen in Teilzeit. Wenn man sie fragt, warum, dann sagen 49 Prozent von ihnen, wegen der Betreu­ungsverpflichtungen, die sie haben. Fragt man weiter, dann sagen 38 Prozent von ih­nen, dass sie gerne ganztägige Angebote hätten. (Abg. Zanger: Die soll’n daham bei den Kindern bleiben!) Nur 8 Prozent von den Befragten sagen, dass sie diese ganz­tägigen Angebote auch haben. Ein Bedarf, der 4,75-mal höher ist als das, was wir hier und jetzt haben.

Wenn Sie es ernst meinen, dann erhöhen Sie sofort die Budgets für die Kinderbetreu­ung in den Kindergärten, bauen Sie diese auf einen vernünftigen Rahmen aus, machen Sie endlich die Weiterverhandlungen für diesen Ausbau der Kindergartenplätze und führen Sie das Bildungsinvestitionsgesetz in die ursächliche Fassung zurück, nämlich: ein Angebot für 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler bis 2032. Alles andere wäre Klientelpolitik auf dem Rücken der Kinder und auf dem Rücken der Pädagoginnen und Pädagogen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Nussbaum. – Bitte.