14.46

Abgeordneter Konrad Antoni (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Ich denke, heute werden viele Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete ein Gesetz beschließen, von dem sie wahrlich nicht persönlich überzeugt sind. (Ruf bei der FPÖ: O ja!) Ich möchte heute wirklich ganz speziell an meine Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen aus meiner Heimatregion, dem Waldviertel, appellieren: Bitte besinnt euch des­sen, was ihr heute vorhabt!

Ich möchte das insofern begründen, als dass gerade wir im Waldviertel wirklich hervor­ragende Wirtschaftsbetriebe in der Baubranche haben. Ganz speziell wird das Hand­werk bei uns im Waldviertel gelebt, und viele Menschen aus dem Waldviertel sind Ta­gespendler in die Region Wien.

Jetzt schauen wir uns einmal die täglich geübte Praxis dieser Tagespendler, wie das funktioniert, an. Die Leute fahren jetzt und auch in Zukunft 30 Minuten mit ihrem Privat­fahrzeug zum Bahnhof, zum öffentlichen Verkehrsmittel, quasi zur Schiene. Die durch­schnittliche Fahrzeit nach Wien, Franz-Josefs-Bahnhof oder Heiligenstadt, beträgt 2 Stun­den. Dann müssen sie, sagen wir einmal, noch mindestens 30 Minuten zum Arbeits­platz fahren. Das ist eine tägliche Anreise von 3 Stunden. Sie ermöglichen jetzt den 12-Stunden-Arbeitstag, das heißt, 3 Stunden Anreise, 12 Stunden Arbeit, somit sind wir bei 15 Stunden. Mit den 12 Stunden ist es ja nicht getan. Sie müssen die unbezahlten Pausen miteinrechnen, zu den 12 Stunden kommt eine Stunde dazu, jetzt sind wir bei 16 Stunden. Dann müssen die Menschen nach Hause fahren, und wir sind bei 19 Stun­den. Der Tag hat aber nur 24 Stunden. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt frage ich mich, was beschließen Sie als Nächstes? Wollen Sie den Tag auch noch auf 30 Stunden verlängern, damit, so wie wir es heute von der FPÖ bereits gehört haben, ein 60-Stunden-Tag angedacht sein könnte? (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, dieses Gesetz bietet keine Zeit mehr für die Familie, die Freunde, für Vereine, für die Freiwilligenorganisationen. Dieses Gesetz ist familien­feindlich, vereinsfeindlich und gesundheitsfeindlich. Geschätzte Damen und Herren, wenn Sie schon unserer Argumentation nicht glauben, liebe Kolleginnen und Kollegen – spe­ziell meine Kollegen aus dem Waldviertel –: Schauen Sie doch, was auf Ihren eigenen Facebook-Seiten gepostet wird! Ich möchte nur ganz kurz einen Aspekt der Postings erwähnen: Das mit der Freiwilligkeit ist Theorie. Das wird massenweise bei euch ge­postet. Die Praxis ist meilenweit davon entfernt. (Ruf bei der ÖVP: Haben Sie das or­ganisiert?) Viele schreiben, sie werden euch diese Gedanken in persönlichen Mails mit­teilen. Bitte lest eure eigenen Mails!

Zur Freiwilligkeit abschließend noch ein Punkt: Frau Minister, das müssen Sie mir schon erklären: Wenn jetzt die arbeitenden Menschen aus dem Waldviertel mit dem Bus nach Wien auf die Baustelle fahren, sitzen sechs freiwillige und hochqualifizierte Facharbei­ter drinnen, drei möchten jetzt nur freiwillig länger arbeiten und drei möchten aber nicht freiwillig länger arbeiten.

Sie treiben einen Keil in die Arbeitnehmerschaft hinein, oder Sie schicken dann die Gruppen mit zwei Bussen nach Wien. Das ist alles unrealistisch, das ist nicht durch­führbar. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Stefan: Was ist unrealistisch?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle, Sie, Frau Minister, haben die Verantwortung, gerade im Sozial- und Gesundheitsbereich Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Menschen gesund und lange im Arbeitsprozess ihre Leistung bringen können. Da­her bitte ich Sie heute, stimmen Sie diesem Gesetz nicht zu und lassen Sie das Volk darüber entscheiden! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Bißmann.)

14.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ku­cher. – Bitte.