13.13

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Innenminister! Wir haben diese Sondersitzung wegen des Entscheids des Oberlandesgerichts einberufen, durch den klar wurde, dass außer einer alle Hausdurchsuchungen, besonders die im BVT, unverhältnismäßig und daher rechtswidrig waren. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Der Tag dieser Entscheidung war ein guter Tag für den Rechtsstaat in Österreich und für unsere Demokratie, weil sich der Rechtsstaat gegen Attacken gewehrt hat. Der Rechtsstaat ist verletzlich. Wer hat diese Verletzlichkeit ausgenützt, eine potenzielle Willfährigkeit der Staatsanwältin? – Sie, Herr Innenminister! (Abg. Rosenkranz: Das ist eine unerhörte Unterstellung gegenüber der Staatsanwältin! – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Sie haben heute wieder das absurde Argument ...

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte Sie auch hier: eine „Willfährigkeit der Staatsanwältin“, das geht nicht. Nehmen Sie das bitte zurück! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf: Unfassbar!)

Nehmen Sie bitte den Ausdruck willfährige Staatsanwältin zurück, bitte! (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (fortsetzend): Das nehme ich zurück und schaue mir das Protokoll an. (Abg. Kassegger: Mit welcher Unverfrorenheit die Institutionen unserer Republik ...!)

Herr Innenminister, Sie haben heute wieder das absurde Argument ventiliert, es hätte eine Anzeigepflicht des Generalsekretärs gegeben. Warum ist der Generalsekretär zur Staatsanwältin gegangen? – Weil er wusste, dass genau bei ihr schon ein Strafver­fahren anhängig ist. Es gab nichts mehr anzuzeigen. Es galt nur, im richtigen Moment mit der Autorität des Amtes bei ihr aufzutreten, um einen, wie Justizminister Moser es genannt hatte, „Ermittlungsdruck“ auszulösen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Meistens sagt die FPÖ jetzt, dass die Justiz selber schuld ist. Klar ist das Gegenteil: Hätten die Zeugen diese Aussagen nicht gemacht, wäre es nicht zur Hausdurch­suchung gekommen. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Zur Hausdurchsuchung führten eben die Aussagen jener Belastungszeugen, mit denen sich – wie Sie heute auch sagten, die Treffen sind nicht protokolliert – Ihre Mitarbeiter und teilweise auch Ihr Generalsekretär trafen – auch im Gasthaus, hoch seriös. Wenn Ihr Generalsekretär schon als Beamter auftritt (Zwischenruf bei der ÖVP), wo ist die Dokumentation über diese Treffen und über diese Gespräche? Und: Wenn schon Anzeigepflicht, warum wurden dann diese Belastungszeugen nicht gleich zur Staatsanwältin geschickt, damit sie sie einvernimmt, ohne Vorbereitung?

Die Vorwürfe, die die Zeugen äußerten, waren aber zufälligerweise ganz in Ihrem Interesse, Herr Innenminister. Sie belasteten BVT-Chef Gridling und waren ein Vor­wand für eine dringliche Hausdurchsuchung. Zum Dubiosen an den Aussagen der Zeugen, was wir diese Woche im Untersuchungsausschuss herausarbeiteten, gehört: Die Idee der Fernlöschung, mit der man den Beweis, dass Daten eben nicht wie angewiesen gelöscht wurden, zerstören würde, stammt ja von einem dieser Belas­tungszeugen. Betreffend diese Idee war es im Untersuchungsausschuss einem befrag­ten BVT-Mitarbeiter aus dem Bereich IT wichtig, endlich einmal loszuwerden, was das für ein – Zitat – „Schwachsinn“ ist. Es war ihm wichtig, das einmal laut zu sagen. Das Dramatische an dieser Missinformation des Zeugen, der von Ihren Mitar­beitern vorbereitet wurde: Der Zeuge täuschte mit dieser vermeintlichen Gefahr der Fern­löschung die Staatsanwältin, dass Gefahr im Verzug herrsche.

Was wir als Opposition diese Woche im Untersuchungsausschuss ans Licht geholt haben: Ganz klar ist, dass jede Löschung protokolliert wird. Man kann also nach­vollziehen, wer wann Daten löscht, die Beweise für zu spät vorgenommene Löschun­gen verschwinden also nicht.

Die von Ihren Mitarbeitern präparierten Zeugen machten aber noch etwas: Sie mach­ten BVT-Chef Gridling den Vorwurf, die Löschung von Daten nicht beauftragt zu haben, und damit den Weg frei, weil sie eben BVT-Chef Gridling diskreditierten und dadurch den Weg der Amtshilfe verunmöglichten und den Weg zur Hausdurchsuchung öffne­ten. Ohne das Beibringen dieser dubiosen Zeugen wäre es also nicht zur Suspen­dierung von Gridling und nicht zur Hausdurchsuchung gekommen.

Unser Verdacht hat sich damit erhärtet, dass Sie hier mit der Brechstange umfärben wollten. Ihnen war Machtergreifen im BVT wichtiger als die Sicherheit von uns Bürge­rinnen und Bürgern – denn was hat die Hausdurchsuchung angerichtet?

Damit kommen wir zur EGS, der Einheit, die Ihr Generalsekretär, Herr Innenminister, der Staatsanwaltschaft anbot. Ich möchte hier noch einmal betonen: Die Staatsan­waltschaft kann sich nicht aussuchen, welche Einheit eingesetzt wird, die Polizei schlägt das vor. Ich habe diese Woche im Untersuchungsausschuss gefragt: Es kam nach Wissen aller Auskunftspersonen noch nie vor, dass die EGS bei einer Haus­durchsuchung bei einer Behörde eingesetzt wurde oder von der WKStA eingesetzt wurde. Das war im BVT das erste Mal der Fall, dass diese Einheit eingesetzt wurde, und zwar unter der Leitung eines FPÖ-Gemeinderates. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Diese Einheit wurde eben der Staatsanwältin vorgesetzt. Und wie führte sich diese Einheit auf? – Die Auskunftspersonen, die wir diese Woche gehört haben, waren engagierte BVT-Mitarbeiter, die endlich ihrer Wut Luft machen konnten. (Abg. Duzdar: Entsetzt! Fassungslos!) Die erste Auskunftsperson bestätigte, dass Oberst Preiszler mit Suspendierung und Gewaltanwendung drohte. Wir haben heute schon gehört, dass er deswegen wegen Nötigung angeklagt ist.

Und, Herr Minister, von wegen die Staatsanwältin war Herrin des Verfahrens. – Eine Auskunftsperson, die in der Sicherheitszentrale arbeitet, sagte auch aus, es sei aus ihrer Sicht Preiszler gewesen, der der aktive Part bei der Hausdurchsuchung war, nicht die Anwältin, und es sei Preiszler gewesen, der die Zentralkarte, mit der man den Zugang zu allen Räumlichkeiten des BVT bekommt, verlangte und ausgehändigt be­kam. (Abg. Rosenkranz: Ja, und?)

Wie hat Oberst Preiszler seine Einheit auf die Hausdurchsuchung vorbereitet? – Die zweite Auskunftsperson schilderte, dass hochsensible Daten in offenen Kartons und Plastiksackerln mitgenommen wurden, die es vor Ort gab. Der befragte EGS-Beamte bestätigte, dass sie keine Behälter mitbekommen haben. – So viel zur Vorbereitung: Ikea-Sackerl für die sensibelsten Daten der Republik. (Abg. Rosenkranz: Also, was jetzt? Jetzt waren sie doch nicht vorbereitet!?)

Der BVT-Mitarbeiter meinte, die EGS-ler seien ohne Kontrolle auf Mittagspause gegangen, und es gibt dort nicht nur große Festplatten, sondern auch Sticks und DVDs und CDs. Auch über das Ansinnen, die gesamte Serverlandschaft im BVT abzubauen, was laut dem einen BVT-Mitarbeiter die Landesämter und das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung komplett lahmgelegt hätte, wurde im BVT noch lange mit Galgenhumor gelacht.

Außer diesen unfassbaren Risiken für die Daten des BVT, was ist der Schaden, der durch die Hausdurchsuchung entstand? – Der eine BVT-Mitarbeiter erzählte, dass die Kollegen im Nachrichtendienst infolge der Hausdurchsuchung scherzten, dass es bis zur Pension so weitergehen könnte, weil das BVT nach der Hausdurchsuchung offen­bar dermaßen beschädigt war, dass es für die MitarbeiterInnen beim Nachrichtendienst kaum mehr etwas zu tun gab. Es gab nur mehr Austausch darüber, ob das Wetter gerade schön sei oder nicht. – Zitatende.

Das bringt mich zum nachhaltigen Schaden, der angerichtet wurde. Wir wissen nun­mehr, und zwar nicht, wie Sie heute behauptet haben, Herr Minister, vom Hörensagen, sondern von einem Schreiben, das wir im Untersuchungsausschuss besprochen haben, dass das BVT als Folge der Hausdurchsuchung selbst am Rande einer Sus­pendierung stand, und zwar aus dem Berner Club, dem wichtigsten Zusammenschluss europäischer Geheimdienste.

Herr Minister, ich wurde dafür von Ihren Parteikollegen kriminalisiert, als ich klarstellte, dass diese Ihre gebetsmühlenartig vorgetragenen Beteuerungen, dass in der Koope­ration mit den Partnerdiensten alles in Ordnung wäre, nach unserer Aktenkenntnis schlichtweg falsch sind und Sie daher die Bürgerinnen und Bürger an der Nase herumführen. (Abg. Höbart: Wer hat Ihnen das vorgeschrieben?)

Ich frage Sie nun, Herr Minister: Wann ziehen Sie eigentlich die Konsequenzen dafür, dass Sie den Menschen wiederholt die Unwahrheit sagen? Das allein wäre Grund genug für einen Rücktritt. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

In Ihrem Fall kommt aber massivst erschwerend dazu, dass Sie nicht nur eine falsche Sicherheit vortäuschen, sondern auch noch der Grund und Urheber für diese Unsicher­heit sind. – Also zwei Gründe, von denen jeder für sich allein genommen mehr als ausreichend für einen Rücktritt wäre. (Beifall bei Abgeordneten von NEOS und SPÖ.)

Ich spreche daher hiermit für alle, die zu Recht fordern, dass es einen Innenminister gibt, der sich um ihre Sicherheit kümmert, und die wollen, dass politisches Fehlver­halten Konsequenzen hat, wenn ich hiermit explizit Ihren Rücktritt fordere. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

13.23

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte. (Abg. Höbart: Der Herr Alpbach tritt ans Rednerpult!)