14.09

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Prä­sidentin! Liebe Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung, ich schätze es wert, dass Sie so zahlreich erschienen sind! Herr Bundesminister Kickl! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum sind wir eigentlich alle hier? – Um Freiheit, Demokratie, Sicherheit und Rechtsstaatlich­keit in Österreich zu gewährleisten. Nun bin ich freier, als ich es mir erträumt habe, als Bürgerin und als Abgeordnete, neutral, parteifrei, ohne Klub, aber mit schnell wach­sender BürgerInnenfraktion. Die wächst und gedeiht, nicht zuletzt dank der Arbeit meines emsigen Teams. – Das ist heute hier, die meisten davon sind aufgrund der Umstände ehrenamtlich aktiv. Danke!

Was tun mit der neuen Freiheit im Parlament? Ich freue mich auf die weitere tolle Zusammenarbeit mit Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen aller Fraktionen, damit wir parteiübergreifend der echten Demokratie und der Ökologiewende in diesem Land zum Durchbruch verhelfen.

So und jetzt zum eigentlichen Thema der heutigen Sitzung, zum BVT-Skandal, zu dessen Aufklärung Abgeordnete und ExpertInnen gerade im U-Ausschuss beitragen, indem sie im Schweiße ihres Angesichts versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen. Die Fakten zu der BVT-Affäre kennen die meisten von uns – die wie ich nicht im U-Ausschuss sind – nur aus den Medien. Seien wir doch ehrlich: Niemand von uns kennt die ganze Wahrheit. Man braucht aber kein Sicherheitsexperte zu sein, um zu erkennen, dass hier etwas grob falsch gelaufen ist.

Was denken die Menschen in diesem Land eigentlich über den BVT-Skandal? Ich habe schon mehrmals angekündigt, als neutrale Abgeordnete ab nun das Sprachrohr der Zivilgesellschaft zu sein und ihre Stimme hier im Parlament durch mich erklingen zu lassen. Die erste Bürgerwortmeldung hat mich auf dem Postweg erreicht, ein ganz altmodischer Brief mit einer Briefmarke aus Irland: An BürgerInnenstimme MB, zur Überreichung an Bundesminister für Inneres Herbert Kickl, BürgerInnenpostfach 1, Bißmann, 1010 Wien, Absender: deine Cousine Daniela.

„#Brieferl No. 112 – Ein Frosch und ein Skorpion“:

„Lieber Cousin Herbert,

was waren wir als Familie doch einigermaßen stolz auf dich, als du im Dezember angelobt wurdest. Goa net schlecht, hatten sich einige gedacht. Mir deuchte allerdings schon damals, dass das Ungemach mit dir als Innenminister der Freude einen sehr KURZEN Abbruch tun wird.“ (Abg. Rosenkranz: Gehört das jetzt zum Bachmann-Preis?)

„Wenn du damals, am 9. November, bei der Rede von Christian Kern zumindest der Form halber geklatscht hättest, vielleicht hätte ich nie mit meinen Brieferln begonnen. Aber nicht einmal mehr den Anstand zu haben, Anstand zu heucheln, das war bereits das erste Anzeichen für die anstehende Anstandslosigkeit.

Deine hinterzeitlerische Idee der berittenen Polizei mag ja auf den ersten Blick noch irgendwie amüsant erscheinen. Ich habe aber extra nachgeschaut. Die Pferderln sind bitteschön NICHT im geheiligten Regierungsprogramm vorgesehen!

Deine FPÖ, die sogenannte ‚Partei kleinen Mannes‘, produziert ja einen Umfaller und Einzelfall nach dem anderen. Was allerdings eh niemanden wundert – wegen der intellektuellen Gewichtsklasse.

Aber lassen wir das alles einfach einmal beiseite und frohlocken wir der ob der guten Nachricht für die Mitarbeiter des BVT: die nächsten Jahre könnten ruhiger werden, als für unser Land gut ist. Weil doch die anderen Geheimdienste kein Vertrauen mehr haben und uns nix mehr zukommen lassen, außer unverfänglichen Wetterdaten. Ja, ich weiß schon, was du wieder sagen willst.

‚Stimmt alles gar nicht! Das sind gewisse Medien, die … sagen wir einmal sehr unvollständige Darstellungen des tatsächlichen Sachverhalts geben.‘“ – Zitat Herbert Kickl im „Report“ mit Susanne Schnabl am 26. Juni. (Abg. Ries: Gehört das zur Sache? – Abg. Gudenus: Schreiben wir einen eigenen Brief!)

„Diese Medien sind aber auch lästig mit ihrer Aufdeckerei, nicht wahr? Vor allem die Washington Post erscheint mir ein besonders ,gewisses‘ Medium zu sein. Das sind wahrscheinlich nicht einmal mehr stichhaltige Gerüchte, die da publiziert wurden.

Aber trotz des ganzen Schlamassels, das jetzt durch den Untersuchungsausschuss ans Tageslicht befördert wird, muss ich dich explizit in Schutz nehmen. Du kannst nix dafür. Es ist doch wie in dem Gleichnis vom Frosch und dem Skorpion. Der Frosch will den Skorpion eigentlich gar nicht am Rücken über das Wasser tragen, vor lauter Angst, er könnte gestochen werden. Bei erster Gelegenheit sticht der Skorpion dennoch zu und erklärt dem Frosch: ‚Was hast du denn gedacht? Ich bin ein Skorpion, das liegt in meiner Natur.‘“ (Abg. Belakowitsch: Das ist ja keine Leseübung da herinnen!)

„Also frage ich mich als interessierte Staatsbürgerin: konnte oder wollte der Frosch, in unserem Fall der Schutzheilige aller Routenschließer Sebastian Kurz – konnte oder wollte er nicht wissen, welcher Natur ein Skorpion ist?

Nicht-Können zeugt von Unfähigkeit, Nicht-Wollen von Amoral. Beides ist übrigens keine Option für einen Kanzler.“ (Abg. Lausch: Ist das ein Bewerbungsschreiben für die SPÖ?)

„In diesem Sinne wünsche ich dir fröhliches Philosophieren ob der Natur des Frosches und weiterhin viel Spaß im ministerialen Sattel – solange du dich noch halten kannst.

Liebe Grüße,

Cousine Daniela“

(Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Neubauer: Kindergarten! – Abg. Lausch – in Richtung SPÖ –: Die würde super zu euch passen! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Sehr verehrter Herr Bundesminister! Ich lasse den Brief Ihrer Cousine unkommentiert, allerdings ist mir beim Vorlesen vor dem inneren Auge ein Bild erschienen (Abg. Haider: Da bist lachert g’worden beim Vorlesen!): Es gab noch nie einen Skorpion, der sich in einen Frosch verwandelt hat. Sie könnten allerdings das Gift aus dem Stachel entfernen und in ein antitoxisches Fluid der menschlichen, rechtskonformen Politik und Staatsmännischkeit verwandeln. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Liste Pilz. –– Abg. Bißmann überreicht Bundesminister Kickl das genannte Schriftstück.)

14.16

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Maurice Androsch. – Bitte.