16.21

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich habe da jetzt eine sehr interessante Rede des Kollegen Amon gehört. Interessant waren nicht nur die Rede und deren Inhalt, sondern auch, dass die Applausordnung, die es im Haus in Form einer stillen Übereinkunft gibt, diesmal nicht so richtig funktioniert hat. Am Anfang deiner Rede, lieber Werner Amon, hatte ich nämlich den Eindruck, dass du mein Redemanuskript hattest. (Abg. Stefan: Wollten Sie nicht über den Kern reden?)

Du hast dann dazwischen einmal davon gesprochen, dass du nicht wackeln sollst und dass wir nicht wackeln sollen. Ein bisschen hast du gewackelt, aber in der Sache selbst hattest du natürlich vollkommen recht mit deiner Analyse und auch mit deiner Analyse, was die Vorgangsweise und was das Vertrauen betrifft. (Abg. Belakowitsch: Was den Christian Kern betrifft!)

Ich muss sagen, das steht im Inhalt und in der Überlegung und im Duktus in einem ziemlichen Gegensatz sozusagen zu dem, was der Herr Innenminister da heute wieder gezeigt hat, denn, ehrlich gesagt, wenn Sie da erzählen von Schein und Sein und von oppositionellen Methoden, dann muss ich angesichts dessen, was Werner Amon hier gesagt hat, schon darauf hinweisen, dass er bekanntlich kein Oppositionspolitiker ist. Wenn Sie sich den Pressespiegel der letzten Tage anschauen – und ich muss sagen: Kompliment, Sie haben es immerhin in die deutsche „Tagesschau“ geschafft! –, dann sehen Sie, es schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ - - (Abg. Rosenkranz: Also die „Süd­deutsche“ ist jetzt kein wirkliches Wunder, muss ich sagen! Wunder schauen anders aus, Kollege Drozda!) Nein, Kollege Rosenkranz, aber ein Oppositionsmedium ist es auch wieder nicht. (Abg. Rosenkranz: Also die „Süddeutsche Zeitung“ als Wunder zu bezeichnen in einer solchen Sache?!)

Halten Sie es aus, wenn ich kurz daraus vorlese? – Zitat:

„Die Nachrichten aus Österreich zeigen wieder einmal, dass die Regierungspartei FPÖ am Abbau der liberalen, pluralistischen Demokratie arbeitet [...]“. (Abg. Rosenkranz: Also wenn es die „Süddeutsche“ schreibt! Wenn es die „Süddeutsche“ schreibt!)

Die „Welt“ steht Ihnen vielleicht ideologisch näher. Vielleicht geht es mit der „Welt“ leichter. Die „Welt“ schreibt:

„Zwar halten Kenner der Parteienlandschaft Innenminister Kickl für den heimlichen Kommunikationsstrategen der FPÖ,“ – I wonder why – „ja sogar das eigentliche Mas­termind der Partei. Doch in der Causa der Pölzl-Mail heißt es ausdrücklich, es handele sich dabei weder um eine Weisung noch um ein Schreiben, das im Auftrag oder auch nur im Wissen des Innenministers“ erfolgt ist.

Seltsam, muss ich sagen, an sich seltsam (Abg. Martin Graf: Die „Süddeutsche Zei­tung“ hat auch gesagt, dass der ... ein Spion ist!), denn ehrlich gesagt, ich meine, man muss sich das schon einmal vergegenwärtigen, was in dieser sogenannten Handlungs­anweisung drinsteht. Und: Was heißt denn Handlungsanweisung? Darin ist der Begriff Weisung, wenn ich es nicht ganz missverstehe, impliziert.

Es heißt darin relativ weinerlich – ich zitiere –:

„Leider wird seit eh und je seitens gewisser Medien“ – und dann kommt die Beispiel­liste der schlechten und der bösen Medien – „(zum Beispiel ,Standard‘, ,Falter‘) sowie neuerdings auch seitens des ,Kurier‘ eine sehr einseitige und negative Berichterstat­tung über das BMI und die Polizei betrieben.“ (Ruf bei der FPÖ: Das hat die SPÖ ge­macht, schreibt der Herr Unterberger!)

Dann kommt der Satz, den wir alle kennen und der zu einer traurigen Berühmtheit ge­langt ist:

„Ansonsten erlaube ich mir“ – im besten Beamtendeutsch, wie ich hinzufüge – „vorzu­schlagen, die Kommunikation mit diesen Medien auf das nötigste [...] Maß zu be­schränken und ihnen nicht noch Zuckerln wie beispielsweise Exklusivbegleitungen zu ermöglichen …“ (Bundesminister Kickl: Jetzt haben Sie was ausgelassen!)

Ich habe ausgelassen: „(rechtlich vorgesehene)“ Maß. – Vollkommen richtig, ja (Ah?-Rufe bei der FPÖ), aber das ändert nichts an der grundsätzlichen Zielrichtung dieser Handlungsanweisung. (Abg. Wurm: Das ... objektiver Journalismus?! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Aber es steht ja auch drinnen – und jetzt lasse ich sicher nichts aus –, wie man mit den Braven umgeht und was die Braven zu erwarten haben. Bei den Braven ist das ganz einfach – ich zitiere –:

„Jede Folge wird abgenommen und geht erst nach positiver Abnahme auf Sendung.“ – Das ist eine ordentliche Pressepolitik und eine ordentliche Medienpolitik nach Ihren Vorstellungen. Ist das so? (Bundesminister Kickl: Ich glaube, Sie kennen sich nicht aus!) – „Es handelt sich dabei um imagefördernde Öffentlichkeitsarbeit, bei der die Themen im Studio von uns bestimmt werden können.“

Das ist Ihr Verständnis und kein anderes (Ruf: Sie verstehen das nicht! Sie haben kein Verständnis!), und Sie haben es schwarz auf weiß zu Papier gebracht! (Beifall bei Ab­geordneten der SPÖ. – Abg. Jenewein: Die SPÖ hat jetzt aber auch nicht geschlossen applaudiert!)

Aber ich möchte vielleicht abseits dessen ein bisschen zum Grundsätzlichen kommen. Ich meine, Sie haben – und darauf sind Sie ja mächtig stolz und das betonen Sie bei jeder Gelegenheit – bei Ihrer Angelobung einen Eid auf die Republik geleistet. Ich erin­nere daran, dass es einige grundlegende Rechte gibt, die ein Fundament dieser Re­publik sind. Dazu gehören die Vereins- und Versammlungsfreiheit und – ganz beson­ders wichtig für eine Demokratie, in der konkurrierende Meinungen um Zustimmung werben – die Pressefreiheit. (Abg. Martin Graf: Das gilt aber für alle Parteien! – Ruf bei der FPÖ: Das gilt auch für die SPÖ!)

Für den Großteil unserer Abgeordneten ist das nichts Neues. Im Gegenteil, für die meisten, die hier im Hohen Haus sind und hier arbeiten, für sie und für uns sind diese Freiheiten stets präsent. Für Sie, sehr geehrter Herr Innenminister, scheint das nicht so zu sein. Klar ist für uns alle – so wie wir hier sitzen und wie wir ein Grundverständnis haben, das nicht auf dem Embedded Journalism beruht, bei dem die Braven das Zu­ckerbrot und die anderen die Peitsche bekommen –, dass jede Einschränkung der Pressefreiheit ein Angriff auf unsere demokratische Republik ist (Abg. Rosenkranz: Wie schaut es dann aus mit Ihrer Kritik an Förderungen für missliebige Medien?), und Sie werden bei diesem Angriff auf die demokratische Republik mit unserer strikten Gegnerschaft rechnen können – so wie bisher. (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Herr Innenminister! Sie haben eines der höchsten und wichtigsten Ämter dieser Republik übernommen. (Ruf bei der FPÖ: Das ist der Grund!) Sie haben 24 Stunden gebraucht, um sich von dem, was Sie nicht gewusst haben wollen, zu distanzieren. Sie haben aber nicht nur 24 Stunden gebraucht, sondern Sie haben auch einen Einwand der Staats- und der Regierungsspitze gebraucht. Ich frage mich wirklich, wes Geistes Kind diese Menschen sind, die solche Dinge zu Papier bringen, solche Sachen überle­gen und ein Medienverständnis haben, das dem entspricht, was in diesen sogenannten Handlungsanweisungen artikuliert wird, von denen Sie behaupten, sie wären keine Weisungen. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie der Abg. Zadić.)

16.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gude­nus. – Bitte.