17.38

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder auf der Re­gierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Keine Angst, mir wird schon etwas ein­fallen. (Abg. Höbart: ORF-Zensur!)

Erster Punkt, Herr Nehammer: Zu dem, was Sie vorhin gebracht haben, möchte ich Sie fragen: Gibt es eine Sippenhaftung? Wie lässt sich das dann damit vereinbaren, dass im Stiftungsrat des ORF Herr Steger sitzt und die Tochter im Nationalrat? Wie lässt sich das vereinbaren? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steger. Genau, das war aber seine Idee. Das war seine Idee. Ich wollte Sie nur daran erinnern, dass es seine Idee war. (Zwischenruf der Abg. Steger.)

So, jetzt möchte ich aber zum eigentlichen Thema zurückkommen, es geht um dieses Mail des Ressortsprechers, das er an alle Landespolizeidirektionen ausgeschickt hat. Das ist keine Weisung, wie wir auch in der Beantwortung gehört haben, aber nichts­destotrotz bringt es ein paar sehr interessante Dinge mit sich.

Noch einmal zurückkommend auf diese Zusammenarbeit mit ATV: die Serie mit dem Arbeitstitel „Live PD“, die ja mit Jänner nächsten Jahres gestartet werden soll. Hier steht: „Zusätzlich zu den polizeilichen Einsätzen kommt ein Studiogast des BMI oder der Polizei vor. Jede Folge wird abgenommen und geht erst nach positiver Abnahme auf Sendung.“

Das ist Ihre Vorstellung von Wahrnehmung, und dagegen wehrt sich ATV ganz massiv. ATV schreibt in seiner Stellungnahme, dass die redaktionelle Hoheit ausschließlich bei ATV liegt: „Auch bei dieser geplanten Sendung wird sich daran nichts ändern, auch wenn es womöglich MitarbeiterInnen des Innenministeriums vielleicht gerne anders ge­staltet hätten. Im Falle eines versuchten redaktionellen Eingriffs, würde ATV die Pro­duktion einstellen.“

Das ist also eine ganz klare Abgrenzung. (Abg. Rosenkranz: Das heißt Pressefrei­heit!)

Wenn ich jetzt weiterschaue – da kommen wir noch einmal zur Staatsbürgerschaft und zum Aufenthaltsstatus –, schreiben Sie: „Zudem gegebenenfalls bei einer/einem Frem­den deren/dessen Aufenthaltsstatus, bzw. ob es sich um eine Asylwerberin bzw. einen Asylwerber handelt. Dieses Vorgehen wird in der Regel aus einer datenschutzrechtli­chen Betrachtung heraus möglich sein.“

Ich finde das sehr spannend. Heute in der Früh im Ö1-„Morgenjournal“ hat sich der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl zu Wort gemeldet, der gemeint hat, es gehe um die Tat und nicht um den Täter. Meine sehr geehrten Damen und Herren, er zieht daraus folgenden Schluss (Abg. Rosenkranz: Aber es wird schon immer noch der Täter ver­urteilt, zum Beispiel!): dass sehr wohl versucht wird, die Berichterstattung strategisch zu steuern, um Vorurteile in der Bevölkerung weiter zu schüren.

Ich darf zu den Sexualdelikten kommen, diesbezüglich steht ein besonders perfider Satz drinnen: „Wenn es sich um eine reine familieninterne Tat handelt, oder opfer- bzw. da­tenschutzrechtliche Bedenken bestehen, so kann selbstverständlich nach wie vor von einer Veröffentlichung abgesehen werden.“

Meine KollegInnen haben es vorhin erwähnt: 80 Prozent der sexuellen Übergriffe fin­den im familiären Umkreis statt. Aber was kann man von einer Partei erwarten, die das so angeht, die meint, dass Frauenhäuser Ehen zerstören? Ich kann nur unterstützen: Herr Minister, Sie haben in Ihrem Ministerium Geld zur Verfügung, mit dem Sie dafür sorgen sollten, dass es ausreichend gute Polizeiinspektionen gibt, dass es Schutzaus­rüstungen gibt, und, und, und. (Abg. Neubauer: Alles, was ihr nicht gemacht habt!) – Ja, alles, was wir nicht gemacht haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir den letz­ten Innenminister gestellt haben, Herr Kollege! (Abg. Neubauer: In der Regierung wart ihr aber schon! Wart ihr in der Regierung? – Abg. Belakowitsch: Ihr wart in der Regie­rung!) – Oh, so ist es auf einmal. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, was mich erschüttert, ist, dass wirklich jede einzelne Zeile dieses Papiers ein au­toritäres Staatsbewusstsein ausstrahlt, das Ängste schürt und Diskriminierung stützt. Pressefreiheit – das kann man hier nur noch einmal betonen – ist ein von der Verfas­sung garantiertes Grundrecht. Und davon gehen wir nicht ab.

Reden wir noch über das Thema Wahrheit, und das ist mir ein sehr wichtiger Punkt: Herr Minister, Sie haben heute gesagt, es war immer vorgesehen, dass Sie hierher­kommen. Mir liegt ein Schreiben des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes vor, das gestern um 12.11 Uhr geschickt wurde, mit dem Inhalt, dass Sie durch die Frau Staatssekretärin vertreten werden. (Abg. Leichtfried: Aha! – Abg. Rosenkranz: Ja, beim Rechnungshof!) – Nein, nein, nicht beim Rechnungshof, das stimmt so nicht.

Es kam dann um 13.55 Uhr die APA-Meldung, dass der Herr Bundesminister nicht kommen möchte und dass er kneift. Komischerweise kam dann um 14.04 Uhr wieder vom Verbindungsdienst des Bundeskanzleramtes - - (Abg. Gudenus: Die sind superin­teressant, diese E-Mails!) – Superinteressant, natürlich, da sehen wir nämlich, wie Sie mit der Wahrheit umgehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Zanger: Die Wahrheit ist, dass er da ist!) Da sehen wir, wie Sie mit der Wahrheit umgehen. (Abg. Zanger: Wichtig ist, dass er hier ist!) Ja, genau.

Sie spalten die Gesellschaft. Sie spalten die Gesellschaft in die einen und in die an­deren, und die anderen sind bei Ihnen immer die Bösen, und das lassen wir hier in Ös­terreich nicht zu. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Bela­kowitsch: Na dann! Da sind wir froh! – Abg. Haider: Ihr spaltet die Gesellschaft! 2015 habt ihr die Gesellschaft gespalten! – Zwischenruf des Abg. Zanger.) Das ist demo­kratiegefährdend und das ist schädigend für Österreich in Österreich und im Ausland.

Da sich die Frau Staatssekretärin gestern distanziert hat, der Herr Bundespräsident distanziert hat und der Herr Bundeskanzler distanziert hat, verlange ich vom Herrn Bundeskanzler, den Worten Taten folgen zu lassen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der NEOS. – Abg. Belakowitsch: ... da sind wir froh!)

17.44

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Lugar. – Bitte.