10.09

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum, auf der Galerie, via Me­dien! Werte und geschätzte Kollegin Pamela Rendi-Wagner, der von Ihnen zitierte Bauarbeiter wird sich wundern! Der von Ihnen zitierte Bauarbeiter, der nun durch uns endlich Leistungsgerechtigkeit erfährt, wird sich wundern, wenn Sie fragen: Wozu eine Reform?

Sie haben diese Reform ja in Auftrag gegeben, Sie haben die London School of Eco­nomics beauftragt, eine Reform zu machen, nur haben Sie sie nicht durchgeführt. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Stöger: Ich war das! – Abg. Rendi-Wagner: Das ist eine Studie! – Ruf bei der SPÖ: Das war Stöger, Sie verwechseln wieder alles!) Aber auch schon der alte Johann Wolfgang, ein weiser und erfahrener Mann, hat gesagt: „Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.“ – Und es sind viele Steine, die uns in den Weg gelegt werden, und es ist ein langer Weg.

Herr Abgeordneter Mihutsch (Ruf bei der SPÖ: Muchitsch heißt er! – Heiterkeit und weitere Zwischenrufe bei Abgeordneten der SPÖ) – Muchitsch –, gerade Sie in Ihrer Funktion werden doch sicher wissen, woraus die Sozialversicherung eigentlich entstan­den ist. Sie kennen den Ursprung – auch als Gewerkschaftsvorsitzender der Bauarbei­ter, auch als Vorsitzender in einer Gebietskrankenkasse. Sie kennen den Ursprung! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der Ursprung liegt bei den Bergleuten, bei den Bruder­laden der Bergleute, die dadurch damals ihre Krankenversicherung, ihr Sterbegeld, ih­re Vorsorge gerettet haben. (Abg. Wittmann: Das ist nicht der Tourismusausschuss!)

Damals war die Sozialversicherung eine einfache Schutzhütte für Schutzsuchende. (Zwischenruf des Abg. Krist.) Und wie hat sie sich entwickelt? – Sie wurde größer. Es wurde ein größeres Gebäude, es wurden Nebengebäude gebaut (Ruf bei der SPÖ: Sie haben ja wirklich keine Ahnung!), es wurden Türmchen gebaut, es wurden Balkone gebaut, es wurde ein kleiner Palast daraus; es wurden alle Ressourcen darauf verwen­det, diesen Palast zu erhalten, und es waren zu wenig Ressourcen für den ursprüngli­chen Gedanken, für die Schutzsuchenden da. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es bedarf viel Mutes und viel Kraft, die Steine aus dem Weg zu räumen und dieses Haus neu zu bauen, modern zu bauen, transparent zu bauen und für die Versicherten zu bauen. Der Umbau bedeutet, dass es statt 21 Sozialversicherungen fünf, statt 2 000 Funktionären nur mehr knapp 500, statt 90 Gremien 50 geben wird. Meine Da­men und Herren, es kann nicht sein, dass es 54 Teilbeschlüsse braucht, um zu einem Endbeschluss zu kommen, dass das ein halbes Jahr dauert. Nein, das ist nicht mo­derne Politik, das nicht moderne Gesundheitspolitik! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Moderne Gesundheitspolitik muss zeitnah und effizient durchgeführt werden. Wir brau­chen einen gemeinsamen Einkauf, eine gemeinsame IT, ein gemeinsames Rech­nungswesen, und dann wird das frei, was notwendig ist: Ressourcen, und zwar zweck­gebunden für unser Gesundheitswesen, das wird nur in dieses Gesundheitswesen in­vestiert und nirgendwo anders. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Was kostet die Fusion? 2 Milliarden? – Abg. Rosenkranz: Darf’s noch ein bissl mehr sein?)

Was bedeutet das für den Patienten? Wir vergessen bei der Sozialversicherung auf den Patienten. Sie vergessen darauf, Sie haben jahrelang darauf vergessen! (Ruf bei der FPÖ: Jahrzehntelang!) Für den Patienten bedeutet das nämlich Leistungsgerech­tigkeit, Leistungsharmonisierung, Leistungsmodernisierung. (Ruf bei der SPÖ: Aber für alle ...!)

Was heißt das? – Meine Damen und Herren, wenn Sie als Krebspatient eine Behand­lung brauchen, kann nicht in Salzburg etwas anderes gezahlt werden als in Oberöster­reich oder umgekehrt. (Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner.) Meine Damen und Her­ren, wenn Sie einen Rollstuhl brauchen, kann dieser Rollstuhl nicht in einem Bundes­land etwas anderes kosten und der Zugang ein anderer sein als in einem anderen Bundesland. Dazu ist Österreich zu klein, das ist in Österreich nicht notwendig! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Stöger.)

Wenn Sie einen Arzt aufsuchen, dann möchten Sie einen Kassenarzt aufsuchen. Sie möchten nicht 20 Prozent Selbstbehalt bei einem Wahlarzt haben (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), jene 20 Prozent, die bis jetzt nur in die Sozialversicherungs­struktur gefallen und nicht beim Patienten angekommen sind. (Abg. Heinisch-Hosek: Das bleibt auch so! Das ist unfassbar!)

Sie wollen in den Regionen versorgt werden, Sie wollen, dass es Gruppenpraxen gibt (Zwischenruf des Abg. Deimek), Sie wollen, dass es Versorgungszentren mit mehre­ren Fachärzten gibt, mit mehreren Allgemeinmedizinern, an die Sie sich wenden kön­nen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Sie wollen Qualität und nicht Quantität. Sie wollen mit einem Arzt sprechen können und nicht, dass dieser nur mehr 2 Minuten für Sie Zeit hat, weil das Wartezimmer voll ist. Dahin soll diese Reform gehen, und da­für stehen wir. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Hei­nisch-Hosek.)

Wir stehen auch für den Eintritt in das digitale Zeitalter: für die elektronische Kranken­akte, für den elektronischen Mutter-Kind-Pass, für den elektronischen Impfpass, für die elektronische Medikation, sodass Sie ein umfassendes Bild über Ihre gesamte medizi­nische Geschichte haben und diese dann dem Arzt zur Verfügung stellen können, der sie auch wirklich braucht.

Meine Damen und Herren, diese Strukturreform ist notwendig. Sie ist notwendig, um ein schlichtes, transparentes, tragfähiges Haus der Gesundheit zu bauen und den Weg für Patienten und Ärzte in eine moderne medizinische Zukunft frei zu machen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.15

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf recht herzlich die Schülerinnen und Schüler der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe Feldbach auf unserer Gale­rie begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.