10.52

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! An die Frauen mit Kindern oder die Männer mit Kindern, die gerade in Karenz sind und jetzt fernsehen und uns oder Sie gehört haben: Märchenstunde von Herrn Wöginger, kein Einsatz für Frauen von der Frau Frauensprecherin der FPÖ (Abg. Schimanek: Wie bitte? Was? – Abg. Belakowitsch: Darum seid ihr da, wo ihr seid: weil ihr nichts versteht!) – es tut mir wirklich leid, dass wir das hier so debattieren müssen, dass jetzt 30 Prozent der Frauen in Kollektivverträgen bedacht sind, aber 70 Prozent gar nichts davon haben. Daher wollen wir ein Gesetz, und wir wollen das jetzt und heute und nicht erst nächstes Jahr (Beifall bei der SPÖ), denn die Frauen in dem Land haben es sich verdient. (Abg. Schimanek: Vor drei Jahren waren Sie noch komplett ...!) – Es hört Sie niemand, wenn Sie dazwischenschreien, es hört Sie nie­mand vor den Fernsehgeräten. (Abg. Stefan: Sie wissen, dass wir recht haben!)

Ich glaube, dass es darum geht, dass Frauen, die um 20 Prozent weniger verdienen als Männer, ein ganzes Maßnahmenpaket brauchen, damit sich diese Lohnschere end­lich schließt (Abg. Belakowitsch: Waren Sie nicht einmal Frauenministerin?!), und ei­ne Möglichkeit wäre, dass auch die Karenzzeiten für Gehaltsvorrückungen, für den An­spruch auf die sechste Urlaubswoche, für Entgeltfortzahlungen angerechnet werden. Also an alle, die zusehen, auch wenn es Sie nicht betrifft: Wir würden sofort ein Gesetz machen – diese Bundesregierung aber hat kein Interesse daran, dass Frauen ihre Karenzeiten angerechnet bekommen! (Abg. Schimanek: Sie wollten es ja schon als Frauenministerin nicht! – Abg. Belakowitsch: Sie waren ja Frauenministerin!) – Es hört Sie niemand. Es hört Sie niemand! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Stefan: Die Frau Ministerin hat das gesagt! Im Protokoll steht es auch! – Abg. Hauser: Wieso habt ihr das nicht alles schon gemacht? – Ruf bei der ÖVP: Jetzt fällt es Ihnen ein?! – Präsi­dent Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Frauen brauchen genau diese Möglichkeit, dass diese Anrechnung gesetzlich festge­schrieben wird, und zwar heute und jetzt und nicht erst später! (Ruf bei der ÖVP: Elf Jahre! Wer war Ministerin?) Es wäre wichtig, dass nicht nur die hunderttausend Frau­en – und auch Männer –, die gar keinen Kollektivvertrag haben, sondern dass auch die 1,3 Millionen Menschen, die jetzt nicht betroffen sind, schnell für dieses Gesetz stim­men würden, wie wir das jetzt vorbringen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie können sich noch so aufregen, Sie verhindern, dass für Frauen in diesem Land etwas getan wird (Abg. Belakowitsch: Sie waren Frauenministerin!), wenn Sie den Sozialpartnern ausrichten, dass sie die Kollektivver­träge verhandeln sollen. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Keine Aufregung, das tut der Gesundheit nicht gut!

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „volle An­rechnung der Karenzzeiten durch Gesetz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur vollen Anrechnung der ge­setzlichen Karenzzeiten nach dem Mutterschutzgesetz auf alle Rechtsansprüche, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten, so rechtzeitig zuzuleiten, dass ein Inkraft­treten der vollen Anrechnung mit 1.1.2019 erfolgen kann.“

*****

Die Frauen in diesem Land haben sich das verdient. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Das war eine hervorragende Rede! – Heiterkeit und Zwischen­rufe bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

10.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Gabriele Heinisch-Hosek und GenossInnen betreffend volle Anrechnung der Karenzzeiten durch Gesetz

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und So­ziales über den Antrag 345/A(E) der Abgeordneten August Wöginger, Dr. Walter Ro­senkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend bis zu 24 Monate Anrechnung von Ka­renzzeiten in allen Kollektivverträgen (284 d.B.)

Schon seit langem wird von der SPÖ und vielen anderen, vor allem Frauenorganisa­tionen und Gewerkschaften, die volle gesetzliche Anrechnung der Karenzzeiten ge­fordert. Nur durch eine gesetzliche Regelung kann ein wesentlicher Beitrag zum Schließen der Einkommensschere gesetzt und für alle berufstätigen Elternteile eine Besserstellung erreicht werden. In vielen Kollektivverträgen wurden bereits bei der An­rechnung von Karenzzeiten wichtige Verbesserungen erreicht. Doch auf keinen Fall darf diese Regelung auf die KV-VerhandlerInnen abgewälzt werden, so wie es ÖVP-Klubobmann August Wöginger gefordert hat. Alle Eltern brauchen die gleichen Chan­cen auf Anrechnung, daher führt kein Weg an einer gesetzlichen Umsetzung vorbei.

Die volle Anrechnung der Karenzzeit nach dem Mutterschutzgesetz und Väter-Karenz­gesetz im Ausmaß von 24 Monaten hätte Auswirkungen auf die leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche, auf die Dauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, auf die Kündigungsfristen und vor allem auf Vorrückungsstichtage im Zusammenhang mit dem Einkommen. Rund 1,3 Mio. unselbständig Beschäftigte – fast alles Frauen – werden davon profitieren.

Durch ein Abschieben dieser Forderung auf die KollektivvertragsverhandlerInnen ist die volle Anrechnung für alle AN so schnell nicht zu erreichen und außerdem gibt es immer noch zirka 100.000 ArbeitnehmerInnen, die überhaupt keinem KV unterliegen.

Die Anrechnung per Gesetz JETZT und für ALLE ArbeitnehmerInnen ist unbedingt er­forderlich, da sie einen wesentlichen Beitrag zur Schließung der Lohnschere darstellt. Immer noch verdienen Frauen um zirka 20 % weniger und das führt zu rund 40 % geringeren Pensionen als Männer haben. Jede Verzögerung der Anrechnung bedeutet daher eine Fortschreibung der Unterschiede.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur vollen Anrechnung der ge­setzlichen Karenzzeiten nach dem Mutterschutzgesetz auf alle Rechtsansprüche, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten, so rechtzeitig zuzuleiten, dass ein Inkraft­treten der vollen Anrechnung mit 1.1.2019 erfolgen kann.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ist auch ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Graf. – Bitte.