12.23

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Österreich tut gut daran, sich vehement und wie schon in den vergangenen Jahr­zehnten gegen die Todesstrafe auszusprechen; selbstverständlich haben hier alle Parteien dem entsprechenden Antrag zugestimmt.

Ich erinnere dran – das Datum gibt ja Anlass dazu –, dass die Republik Österreich 1918 die Todesstrafe im ordentlichen Verfahren abgeschafft hat, dass wir das 1968 auch im Militärstrafverfahren gemacht haben und dass es Vertreter Österreichs wie insbe­sondere Christian Broda gewesen sind, die international, auch über den Europarat, alles unternommen haben, um die Todesstrafe zu ächten und zu ver­hindern. Deshalb ist es richtig, wenn auch das Parlament wiederholt und immer wieder die Aufforderung an die Bundesregierung richtet, alles international Tunliche und Mögliche zu unternehmen, um die Todesstrafe weiter zu ächten und zu bannen. (Bei­fall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Richtig ist es auch – und das sage ich als jemand, der sich als Jugendlicher sehr erfreut darüber gezeigt hat, dass die Sandinistas das Somoza-Regime in Nicaragua beseitigt haben –, sich jetzt dagegen zu wenden, welche Ausformungen und Auswir­kungen das derzeit in Nicaragua angenommen hat. Auch diesbezüglich halte ich es für ganz selbstverständlich, dass das Parlament gegen die Art und Weise auftritt, wie dort mit der Opposition umgegangen wird und wie versucht wird, durch massive Menschen­rechtsverstöße das politische Establishment in Nicaragua weiterhin an der Macht zu halten; auch das ist richtig.

Ein Problem habe ich aber damit – und ich versuche, der Lust zu wiederstehen, jetzt ein rechtsphilosophisches Seminar mit Ihnen abzuhalten (Abg. Scherak: Schade eigentlich! – Abg. Bösch: Das verhindert die Redezeit...!) –, den letzten Antrag wirklich weiter zu betreiben.

Die Ächtung der Todesstrafe ist eine Form von secular religion der Republik Österreich geworden, und, so komisch es klingt, die Ächtung der Todesstrafe ist umso wirkungs­voller und der Auftritt gegen die Todesstrafe ist umso glaubwürdiger, wenn man sich ungeachtet der politischen und religiösen Überzeugung der Betroffenen gegen die Todesstrafe und die Verletzung von Menschenrechten wendet, weil man das als grundsätzlich dem Humanum widersprechend sieht. Jede Form der Besonderheit, auf die man hinweist, macht den Widerstand gegen die Todesstrafe und auch den Wider­stand gegen Menschenrechtsverletzungen schwächer.

Deshalb habe ich schon mit der Formulierung im letzten Entschließungsantrag, nämlich „Fortführung des Einsatzes für die Rechte von verfolgten Christen“, ein prin­zipielles Problem. Es werden eben nicht nur – leider nicht nur – Christen verfolgt, es werden viele andere auch verfolgt. Ein Entschließungsantrag, der gelautet hätte: „Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, sich [...] international gegen die Verfolgung religiöser Minderheiten [...] einzusetzen“, wäre selbstverständlich sofort mit unserem Zuspruch bedient gewesen. Wenn man hier aber einfügt: „ins­be­sondere christlicher Minderheiten“, dann macht man den Widerstand und die Ächtung aller Formen der Verfolgung schwächer; deshalb wende ich mich sehr dagegen, dass das auf diese Art und Weise eingeschränkt wird.

Es ist jede Form der Todesstrafe, es ist jede Form der Verfolgung von religiösen Minderheiten, ganz egal aus welchem Lager und mit welchem Glauben sie beseelt sind, zu ächten und zu bannen, und ich hätte gerne eine Bundesregierung, die in allen Fällen, einerlei ob es Aleviten, Jesiden, Christen, Muslime, Hindus oder wen auch im­mer betrifft (Abg. Martin Graf: Aber was heißt das, „leider“ werden „nicht nur“ Christen verfolgt? Das ist ja eigentlich ein Wahnsinn, diese Formulierung!), alles zu Gebote Stehende unternimmt, um das zu verhindern. – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Martin Graf. – Ruf bei der Liste Pilz: Sinnerfassend zuhören wäre die Aufgabe ...! – Ruf bei der ÖVP: ... schlechte Formulierung ...!)

12.27

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr.in Susanne Fürst. – Bitte, Frau Abgeordnete.