18.57

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Ich halte wieder einmal die Schlussrede. Ich mag das Gefühl irgendwie, es erinnert mich an die Klimaenquete im Mai.

Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bürgerinnen und Bürger, die aufmerksam unseren Debatten hier lauschen! Sind Sie sich eigentlich bewusst, welches Signal Sie mit der UVP-Novelle in Richtung Umweltorganisationen aussen­den? Ich rede mit vielen Leuten; es ist das Signal: Haltet die Goschen! – Das ist das, was ankommt. (Rufe bei FPÖ und ÖVP: Aber hallo! – Unruhe im Saal.) – Ja, genau, und das in einer Zeit, in der sich immer deutlicher zeigt, dass die Einbindung der Zivilgesellschaft – und die Umweltorganisationen repräsentieren die Zivilgesellschaft – das Mittel der Wahl ist, um das angeschlagene Vertrauen zurückzugewinnen.

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Bißmann, ich weiß, dass das jetzt nicht Ihre Worte waren und dass diese auch an niemanden gerichtet waren. Wir haben aber die Vereinbarung, dass man solche Worte auch nicht zitiert, weil auch das Zitieren die Würde des Hauses verletzt. Deshalb hat es zu Recht ein wenig Unruhe gegeben.

Ich würde Sie bitten, auch beim Zitieren keine Wörter und Ausdrücke zu verwenden, die die Würde des Hauses verletzen. – Bitte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (fortsetzend): Jawohl, Frau Präsi­den­tin, damit nehme ich meine Worte zurück und ersetze sie durch das Gefühl, das Um­welt­organisationen bei dem Signal, das Sie in ihre Richtung aussenden, empfinden, nämlich dass sie nicht ernst genommen werden, dass sie geschwächt werden, auch wenn die Frau Bundesministerin sagt, dass sie sie eigentlich stärken will. – Ich glaube Ihnen das sogar, nur die Umweltorganisationen nehmen das nicht so wahr. Das sieht man ja an den Reaktionen.

Im Jahr 2017 hat der Nationalrat eine Studie in Auftrag gegeben, die Arena Ana­lyse 2017 mit dem Titel „Demokratie neu starten“. Unter anderem wird empfohlen, als vierte Säule im Staat neben Exekutive, Legislative und Judikative eine sogenannte Konsultative ein­zurichten, also einen Kreis von Bürgerinnen und Bürgern, denen man Gesetzes­vorschläge zur Begutachtung vorlegt oder die man bei der Erstellung von Reden und Anträgen oder Anfragen im Parlament einbindet.

Ich persönlich habe beschlossen, mich an so einer Konsultative zu beteiligen. Es ist aber ein Auftrag und eine Botschaft, die an uns alle gerichtet ist, denn ohne stärkere Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern, die durch Umweltorganisationen reprä­sen­tiert werden, wird die Demokratie in diesem Land geschwächt werden. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Doch gerade diese Partizipation der Zivilgesellschaft an den demokratiepolitischen Pro­zessen wird mit der Novellierung des UVP-Gesetzes angegriffen, vor allem durch den Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen, der mit der Aarhus-Konvention, dem Unionsrecht und dem Grundrecht auf Datenschutz nicht konform ist. Ob dieser Abänderungsantrag zum Abänderungsantrag das jetzt wiedergutmacht, sei dahin­gestellt. Das wissen wir noch nicht. Ich finde den Vorschlag von Kollegen Feichtinger sehr gut, beide Abänderungsanträge an den Umweltausschuss rückzuverweisen, damit sie noch eingehend diskutiert werden. Es ist schon viel Porzellan zerbrochen worden, das Sie wieder kitten müssen.

Herr Kollege Schmuckenschlager, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass sich Green­peace sehr wohl Sorgen macht, durch die UVP-Novelle Mitglieder zu verlieren. (Zwi­schen­ruf des Abg. Wöginger.) Es gilt auch zu bedenken, dass Umweltorganisationen, die vielleicht kleiner sind, die weniger Mitglieder haben, aber eine hervorragende qualitative Arbeit machen, aus diesem UVP-Verfahren in Zukunft einfach rausfallen. (Abg. Winzig: Zum Beispiel wer?)

Über Verwaltungsvereinfachungen und Steigerungen der Effizienz können wir gerne und müssen wir reden, aber da geht es um die offenen und verdeckten Behinderungen der Beteiligung der Zivilgesellschaft. Ich möchte Sie davor warnen, den Zorn und die Frustration der Menschen auf sich zu ziehen, denn das könnte sich früher oder spä­ter – früher, als Ihnen lieb ist – in Ihren jetzt noch sehr guten Umfragewerten nieder­schlagen.

Ich möchte mit einer Bürgerstimme abschließen. Zu Wort gemeldet hat sich Karl-Heinz Hinrichs, Umwelt- und Friedensaktivist und Gründer der Eval-Bewegung – das ist eine Umwelt- und Friedens-Bürgerbewegung –: „Die Novelle zum UVP-G ist nicht nach­haltig und wird abgelehnt.“ (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Rädler.) Dritte Start­bahn in Schwechat, „Teststrecke 140 auf der Autobahn, das ist gegen jeden Zukunfts­trend, gegen jede Vernunft [...]. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass Ihre Antworten, Vorschläge und Handlungen in Zukunft von vielen interessierten Wahlbürgern ganz genau verfolgt werden.“ – Zitatende.

Unsere Bundesregierung, sehr geschätzte Frau Ministerin, marschiert mit dieser No­velle in die falsche Richtung. Eine mündige Zivilgesellschaft und eine sich daraus herausbildende NGO-Szene sind wichtige Bestandteile unserer Demokratie und sollen gefördert und nicht behindert werden.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Ich bedanke mich auch für die Unterstützung des von mir heute eingebrachten Entschließungsantrages durch ausreichend Stimmen von Kolleginnen und Kollegen der SPÖ und der Fraktionslosen. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.03

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter And­reas Ottenschläger. – Bitte, Herr Abgeordneter.