13.25

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Holzinger! Ich freue mich, dass Sie meine Rede nicht mehr erwarten können. Vielleicht hören Sie mir genau zu, dann können Sie noch etwas lernen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Bleiben wir bei den Fakten: Es gibt vereinzelte Vorfälle. (Bundesministerin Hartinger-Klein sitzt auf dem den ÖVP-Bankreihen gegenüber liegen­den Teil der Regierungsbank neben Bundesministerin Schramböck. – Abg. Leichtfried – in Richtung Bundesministerin Hartinger-Klein –: Wieso sitzen Sie nicht auf Ihrem Platz? Trauen Sie sich nicht mehr herüber?) – Herr Kollege! Wo ist Ihre Parteivorsitzende? Die interessiert sich ja überhaupt nicht dafür, was die Sozialministerin sagt, oder wie? Also soll ich mich jetzt beleidigt fühlen? (Heiterkeit der Rednerin. Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich nehme es aber nicht persönlich (Zwischenruf des Abg. Plessl), mir geht es um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land, die schützen wir und die verteidigen wir. (Zwischenruf der Abg. Friedl.)

Ich betone, es sind einzelne Fälle, und die SPÖ, die Arbeiterkammer und die Ge­werkschaft betreiben seit Wochen eine Verunsicherungskampagne (Ruf bei der FPÖ: Genau!) mit einzelnen Fällen und meinen, das ist die Spitze des Eisbergs. (Ruf bei der SPÖ: In der schwarzen Gewerkschaft? Nicht wirklich!) In der täglichen Sacharbeit aber, meine Damen und Herren, hat sich die Arbeiterkammer bisher nur in einem einzigen Fall an die zuständige Arbeitsinspektion gewandt – in einem einzigen Fall! (Ruf bei der SPÖ: Sind Sie noch stolz darauf?! – Abg. Lausch: Unfassbar! – Abg. Rosenkranz: Wieso ist das?)

Die Arbeitnehmer und die Unternehmer wenden sich an die Arbeitsinspektoren, um aus erster Hand nützliche Informationen zur Arbeitszeitflexibilisierung zu erhalten. Meine Damen und Herren, ich erwarte mir von der Arbeiterkammer – und ich habe auch an die Frau Arbeiterkammerpräsidentin geschrieben – ab sofort weniger Mediengetöse, son­dern mehr seriöse Zusammenarbeit gegen Verstöße und Missbrauch. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Herr Abgeordneter Muchitsch, dir will ich auch etwas sagen, zum Rückgängig­machen – aus deinem Munde –; unflexible Steinzeit, „neu zu verhandeln“: Ihr wolltet ewig ver­handeln! Die Chance, sorry, habt ihr damals vergeigt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Muchitsch: Wir haben eine Begutachtung gemacht! Wir haben eine Begut­achtung gemacht! – Zwischenruf des Abg. Plessl. – Abg. Lausch: Nichts habt ihr gemacht!)

Man kann doch nicht kurz vor einer Einigung alles kippen! Warum habt ihr das eigent­lich gemacht? Vielleicht weil die jetzt gültige Wochenendregelung genauso bereits aus­verhandelt war? Was ich dir zur Wochenendruhe nur am Rande sagen möchte: Erstens muss der Einsatz am Wochenende oder Feiertag vereinbart werden, und zweitens kann der Arbeitnehmer selbst noch grundlos ablehnen, wenn es bereits eine Vereinbarung gibt.

Gegen Verstöße und Rechtsmissbrauch, meine Damen und Herren, muss natürlich vor­gegangen werden (Abg. Jarolim: Völlig absurd!), und das tut die Arbeitsinspektion im Rahmen ihrer Möglichkeiten, aber ich finde es unfair – unfair! –, dass (Abg. Vogl: Wortwiederholung!) all jene Unternehmer, die sich ans Gesetz halten, die auf ein gutes Betriebsklima achten und ihre Arbeitnehmer ordentlich behandeln, aufgrund einiger schwarzer Schafe unter Generalverdacht gestellt werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – (Abg. Höbart: ... sozialistische Kampfrhetorik!)

Die am 1. September in Kraft getretene Neuregelung zum 12-Stunden-Tag ist ein guter Kompromiss zwischen den Bedürfnissen der Unternehmer und jenen der Beschäf­tigten. Auf der einen Seite haben wir Arbeitgeber, die flexibel auf Kundenwünsche reagieren müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, und so auch Arbeitsplätze sichern und schaffen können, und auf der anderen Seite haben wir Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit freier gestalten können und wollen. Mit der neuen Regelung wird sicher­gestellt, dass an einem 8-Stunden-Tag bis zu 4 Überstunden geleistet werden können, wenn das erforderlich ist. (Abg. Vogl: Das geht sich dann nicht aus mathematisch!) 

Die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer dürfen gemäß Gesetz aber nicht dazu gezwungen werden. Das wissen Sie genau, denn die Beschäftigten haben das Recht, Überstunden, die über eine Tagesarbeitszeit von 10 Stunden hinausgehen, ohne An­gabe von Gründen abzulehnen. Das heißt, Arbeitnehmer, die Überstunden abgelehnt haben und deshalb gekündigt werden, können die Kündigung vor Gericht anfechten. Dabei müssen Sie nichts beweisen, sondern nur glaubhaft machen. Es liegt dann am Unternehmen, dem Richter glaubhaft zu machen, dass die Kündigung in Wahrheit aus einem anderen Grund erfolgte. Das ist sozusagen eine Bringschuld des Unterneh­mens. Wenn das Gericht die Aussage des Gekündigten für wahrscheinlich findet, hat es der Anfechtung stattzugeben. (Zwischenruf des Abg. Jarolim. – Abg. Lausch: Der Jarolim versteht es!) Die Unternehmer sind also gut beraten, es gar nicht auf ein Ver­fahren ankommen zu lassen, sondern sie sollten das Ablehnungsrecht der Arbeitneh­mer respektieren, und das tut auch der Großteil der Unternehmer. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich finde es nicht richtig, diese Regelungen wegen einiger Missbrauchsfälle – eigentlich nur eines einzigen – zu kritisieren, vor allem weil diese ausgerissenen Einzelfälle sogar nach alter Rechtslage stattgefunden hätten. Das ist aber selbst im ÖGB bis an die Spitze bekannt und wurde sogar gesagt. Ich halte es auch für falsch, wegen einiger weniger ausgerissener Fälle allen Unternehmern und allen arbeitenden Menschen die Möglichkeit zu einer flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit wieder zu nehmen. Sie wollen den ArbeitnehmerInnen das Recht auf Flexibilität nehmen, und das finde ich falsch. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Türkis-Blau hat nirgendwo die Schutzintentionen im Arbeitszeitgesetz ausgehebelt, was Sie in Ihrem Antrag behauptet haben. Ganz im Gegenteil: Wirklich neu eingeführt wurde der Kündigungsschutz, der für alle gilt, die unter das Arbeitszeitgesetz fallen. Um das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass 12 Stunden nicht erzwungen werden dürfen und Beschäftigte ohne Nachteile ablehnen dürfen und um schwarze Schafe gezielt besser aufzuspüren, habe ich auch bereits verschiedene Maßnahmen veran­lasst. Die Arbeitsinspektorate werden auf die gesetzlichen Regelungen der Freiwillig­keit hingewiesen und die Arbeitgeber intensiv darüber beraten und informiert, dass nämlich Arbeitnehmer nicht gekündigt oder entlassen werden dürfen, wenn sie vom Ablehnungsrecht Gebrauch machen.

Die Arbeitsinspektoren werden bei ihren Kontrollen auch aktiv darauf achten, ob es in schriftlichen Unterlagen irgendwelche Klauseln gibt, mit denen Beschäftigte vorab auf ihr Ablehnungsrecht verzichten oder ihre generelle Zustimmung zu 12 Stunden er­klären. Aus meiner Sicht ist nämlich völlig klar, dass solche vorab erteilten Pauschal­zustimmungen unzulässig und unwirksam sind. Wir werden das auch weiterhin aktiv so kommunizieren. Auch betroffene Arbeitnehmer, die sich ans Arbeitsinspektorat wenden, sollten über die Freiwilligkeit des 12-Stunden-Tages und das Ablehnungsrecht informiert werden, damit bei vollem Ausnutzen der Überstundenflexibilität die Durchschnittsarbeitszeit nicht überschritten werden kann.

Es ist mir ein Anliegen, dass bei schweren Fällen ein verschärftes Vorgehen gegen die schwarzen Schafe möglich ist. Auch die Zusammenarbeit meines Ministeriums und der Arbeitsinspektorate mit der Arbeiterkammer soll in der Sache intensiviert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie können sich bei Verstößen gegen die Arbeits­zeitregelungen auch direkt an das Sozialministerium und die Arbeitsinspektionen wenden. Schreiben Sie einfach ein E-Mail an bürgerservice@sozialministerium.at. (Abg. Hafenecker: Da braucht man gar nicht zu den Roten gehen! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Auch auf unserer Homepage finden Sie einen zusätzlichen Link.

Bekämpfen wir mit aller Entschlossenheit gemeinsam die Missstände, aber geben wir allen redlichen Unternehmern und allen Arbeitnehmern, die die Überstundenflexibilität brauchen und wollen, die Möglichkeit zu dieser Flexibilität zum gemeinsamen Nutzen aller! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stöger. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP: Diplômé! – Abg. Jarolim: Da müsste man eine ganze Rede halten!)