14.13

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Mei­ne sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Abgeordneter Hafenecker, also Selbstbewusstsein kann man Ihnen nicht absprechen. (Abg. Hafenecker: Danke!) Sich hierherzustellen und zu sagen, die SPÖ spaltet durch Verbreiten von Unwahrheiten (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), aber selber noch am Dienstag ein wirklich schreckliches Video – ein hetzerisches Video (Zwischenrufe bei der FPÖ) – aus dem Netz nehmen zu müssen, da gehört schon viel Mut dazu; alle Achtung! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Scherak und Noll. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) In Wirklichkeit müssen Sie sich ein bissel schämen, Herr Abgeordneter; ein bissel schä­men wäre angesagt! (Abg. Hafenecker: Im Gegensatz zu Ihnen kann ich auch ge­scheiter werden!)

Geschätzte Frau Bundesministerin Schramböck, Sie haben vorhin gemeint, die Ar­beitswelt hat sich geändert, die Arbeitnehmer sollen flexibler arbeiten können als bis­her. Ich frage hier allen Ernstes, Frau Bundesministerin: Wohnen Sie auf dieser Erde? Wohnen Sie auf dieser Erde, Frau Bundesministerin? (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.) Es werden 250 Millionen Überstunden geleistet. Ja, wann sollen denn die geleistet werden, glauben Sie, zwischen 7 Uhr morgens und 2 Uhr nachmittags, meine sehr geschätzten Damen und Herren?

Wer heute noch immer glaubt, dass die 12 Stunden neu sind, der täuscht sich ja wirk­lich. Natürlich haben 12-Stunden-Tage schon stattgefunden, aber unter dem Schutz­schild der Betriebsräte und unter dem Schutzschild der Gewerkschaften. Die Arbeit­neh­merinnen und Arbeitnehmer waren den Arbeitgebern nicht alleine ausgeliefert (Zwischenrufe bei der FPÖ), meine sehr geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.) Diesen Schutz haben Sie den Arbeitnehmern genommen, und wir werden ihn wieder zurückholen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Schimanek.) Ich verspreche Ihnen das. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Hafenecker: ... Pflastersteine!)

Sie haben Schweden angesprochen, Frau Bundesministerin. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Ich möchte darum ersuchen, fair zu sein und nicht Birnen mit Äpfeln oder die Wurst mit dem Senf zu verwechseln. (Abg. Deimek: Oder Eisen mit Stahl!) Wenn Sie sagen, Schweden ist ein Vorbild, dann sage ich Ihnen: In Schweden werden im Jahr 1 664 Stunden gearbeitet, in Österreich 1 738 Stunden, die Schweden arbeiten also fast um zwei Wochen weniger. Das ist die Realität, und darum soll man das wirklich nicht miteinander vergleichen – nur so viel dazu. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Deimek: Das interessiert die Gewerkschafter ...!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor 100 Jahren wurde der 8-Stunden-Tag eingeführt. 100 Jahre ist es nun her, fast auf den Tag genau. Jahrelang wurde demonstriert, jahrelang wurde gekämpft, und dann war es eben so weit. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Die Altvorderen waren gescheit: 8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Freizeit und 8 Stunden Schlaf, meine sehr geschätzten Damen und Herren. Das hat natürlich auch mit Gesundheit zu tun. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

ÖVP und FPÖ werden dieses Rad zurückdrehen beziehungsweise haben dieses Rad bereits zurückgedreht (Abg. Deimek: Ja, wenn du Gewerkschafter bist!) – das ist heute schon angesprochen worden –, aber nicht, weil ihr so gescheit seid, sondern weil die Industrie das verlangt hat. Die Industrie hat da ganz massiv Geld in die Hand genommen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Da gibt es ja in Oberösterreich gute Beispiele dafür. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.) Die waren sich nicht zu blöd, offen hinzugehen und das Geld auf den Tisch zu legen. Industrielle in Ober­öster­reich – du weißt das eh ganz genau (in Richtung Abg. Deimek) – haben 460 000 Euro auf den Tisch geknallt, um im zweiten Satz zu sagen: Aber den Zwölfer und den Sech­ziger, den brauchen wir!

So, Kolleginnen und Kollegen, sind der Zwölfer und der Sechziger gekommen. Das wird sich aber noch rächen (Abg. Haider: Der steht in eurem Plan A!), denn da wurde die Rechnung ohne den Wirten gemacht, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Zwischen­rufe der Abgeordneten Deimek und Haider.) Die Arbeitnehmer werden sich das in dieser Form nicht gefallen lassen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haider: Märchen­stun­de!)

Liebe Freundinnen und liebe Freunde, natürlich ist es so, dass es ab dem 1. Sep­tember möglich ist – das muss man sich im 21. Jahrhundert einmal auf der Zunge zer­gehen lassen –, dass Menschen zu den 12 Stunden gezwungen werden können. (Abg. Deimek: Seid ihr deppert?) Und bei dieser Freiwilligkeit haue ich mich ja ab, liebe Kolleginnen und Kollegen, denn wer ein bisschen weiß (Zwischenrufe bei der ÖVP), wie es sich im wirklichen Leben abspielt: Ja glaubt denn da jemand wirklich, dass man als Arbeitnehmer auch ablehnen kann (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ), als Allein­erzieherin, wenn man Kinder abholen muss, als älterer Arbeitnehmer, der vielleicht schon ein bisschen krank ist und Angst um den Arbeitsplatz hat? (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Ja, meine sehr geschätzten Damen und Herren (Abg. Steinacker: Ja!), der traut sich in hundert Jahren nicht, Nein zu sagen. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Noch etwas: Frau Sozialministerin, Sie glauben, man kann ja ablehnen und braucht keine Angst zu haben, hinausgeschmissen zu werden. (Abg. Deimek: Du vergisst, dass sich der Arbeitnehmer selbst den Job aussuchen kann!) Ja, wie schaut denn so eine Klage aus? (Zwischenruf des Abg. Deimek.) – Man verliert zuerst den Arbeits­platz, kann dann klagen, und nach einem Jahr entscheidet das Arbeitsgericht  da ist man schon lang von der Firma weg. Das ist die Realität, liebe Kolleginnen und Kolle­gen! (Beifall bei der SPÖ.)

Natürlich wird es nun ein bissel peinlich, weil nun die ersten Fälle hereinkommen. Ich sage auch ganz ehrlich, das trifft natürlich nicht alle Bereiche. Dort, wo es eine gute Organisation gibt, dort, wo Betriebsräte sind, die ein bissel darauf schauen (Zwischen­ruf des Abg. Zanger), und dort, wo es faire Arbeitgeber gibt, Kolleginnen und Kollegen, wird das nicht immer so vorkommen. Es gibt aber natürlich auch schwarze Schafe – nicht alle; es kommt auch darauf an, Kolleginnen und Kollegen, wie Arbeit­geber mit Arbeitnehmern umgehen, welche Gesinnung die Arbeitgeber oftmals den Arbeitneh­mern gegenüber zeigen.

Kolleginnen und Kollegen, ich tue das Folgende nicht gern, aber ich sage es, weil das wirklich ein herausragendes Bild ist: Es gibt da einen Wiener Unternehmer, der auch Mitglied des ÖVP-Wirtschaftsbundes ist – ich hoffe, er ist nicht mehr dort (Zwischenruf bei der ÖVP) –, der Folgendes getwittert hat – ein Trump’sches Twittern, Kolleginnen und Kollegen –, das, ehrlich gesagt, ganz dumm ist; er schreibt: „Jeder Arbeitnehmer ist nur ein Produktionsfaktor und ein Lohnstückzahl Kosten Faktor . Nicht mehr und nicht weniger .“ Und: „Das ist Realität das ewige Jammern im Jammertal der un­selbständig Erwerbstätigen hält keiner mehr aus . Es ist das Wehklagen der Wertlosen .“ (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kolleginnen und Kollegen, das ist in Wirklichkeit wirklich tief, tiefer geht es nicht. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, über wen redet er denn? – Er redet über die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, die dieses Land hochhalten, die Tag und Nacht arbeiten und die übrigens den Unternehmern auch das Geld verdienen, liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Das sind die Wertlosen! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine riesige Bitte, weil wir immer fair miteinander umgegangen sind: Haut den Typen raus, der hat im Wirtschaftsbund nichts verloren! Ich sage euch dann den Namen.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Kollege August Wöginger, dich habe ich natürlich auch immer auf der Liste, weil du als oberster schwarzer Arbeitnehmervertreter da natürlich ein ganz gewichtiges Wort mitzureden hast. Ich befürchte, du musst mit dei­nen schwarzen Arbeitnehmervertretern einmal ein Gespräch führen. Ich bin heute bis 6 Uhr Früh mit ihnen zusammengesessen – nicht im Wirtshaus, wir haben verhandelt. Bei diesen Verhandlungen ist es darum gegangen, ein wenig den Pfusch, der hier gemacht wurde, zu reparieren, nämlich die 11. und die 12. Stunde wirklich mit einem ordentlichen Zuschlag zu versehen, und zwar mit 100 Prozent. Vielleicht gelingt uns das.

Ich sage dir auch, lieber August, die schwarzen Kollegen aus Oberösterreich reden nicht gut über dich, die kommen sich nämlich verraten und verkauft vor, meine sehr geehrten Damen und Herren – verraten und verkauft! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lasst mich zum Schluss kommen (Zwischenruf bei der ÖVP): Die Regierungsparteien und die Regierung haben die Arbeitnehmer nicht ernst genommen. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Ich sage Ihnen, mit dieser Novelle nehmen Sie ja, solange sie aufrecht ist, den Arbeitnehmern die Würde. Sie werden sich dafür verantworten müssen, und Sie werden dafür auch abgestraft werden. Ich sage das hier ganz deutlich. (Abg. Nehammer: Kennen Sie die Umfragen?) – Ein herzliches Dankeschön für die Aufmerksamkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

14.21

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Peter Haubner zu Wort gemeldet. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)