Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll51. Sitzung, 22. November 2018 / Seite 127

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eine Feuerwehr leisten wir uns zu Recht – bitte, das sind Sicherheitsmechanismen! –, und da, wo es um fundamentale Grundbedürfnisse geht, ums Überleben, wollen wir vielleicht knausern und vielleicht jenen, die dafür verantwortlich sind, nicht das Recht zukommen lassen, dass sie freie Bauern sind und nicht Bettler, nicht Almosen­empfän­ger? Sie sind freie Bauern, die das Wichtigste tun: Sie gewährleisten gute Nahrungs­mittel für Österreich.

Wir haben schon gehört, dass sich die Einkommenssituation gebessert hat. Ja, das freut mich, aber etwas haben wir bis jetzt noch nicht so richtig gehört, und zwar steht ein gutes Zitat im Grünen Bericht zum „Projekt Lebensqualität Bauernhof“: „Ein vitaler ländlicher Raum hängt wesentlich von den Leistungen der Bäuerinnen und Bauern ab. Grundvoraussetzung dafür ist deren gute seelische und körperliche Verfassung“. – Ja, das ist richtig.

Hat jemand einen 8-Stunden-Tag oder einen 12-Stunden-Tag und regt sich dann noch auf, was soll dann ein Bauer dazu sagen, der vielleicht einen 20-Stunden-Tag oder einen 18-Stunden-Tag hat, und das aber nicht nur über drei Wochen hinweg, sondern die ganze Zeit über, Jahr für Jahr? Da müssen wir vielleicht bei uns anfangen und uns fragen: Was machen wir als Zivilgesellschaft und wie schaffen wir es, den bäuerlichen Betrieben, den Bauern, den Frauen und Männern mehr Achtung entgegenzubringen? Wenn der Bauer stirbt, stirbt auch das Land, und wenn das Land stirbt, dann geht auch die letzte Raiffeisenbank. Das ist aber eh schon ein ganz schlimmes Zeichen. (Heiter­keit bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Eines möchte ich trotzdem sagen, auch wenn es nicht immer so schlimm klingt: Wir haben seit dem EU-Beitritt 1995 bis heute ungefähr 77 000 Betriebe verloren. Das sind nicht wenige, tun wir etwas dagegen! Ich stelle fest, dass heute von 162 000 bäuer­lichen Betrieben 92 Prozent Familienbetriebe sind, die eine Fläche von ungefähr 60 Pro­zent bewirtschaften. Das ist für mich ein Signal, und da muss sich die Politik wirklich etwas einfallen lassen, übrigens auch die Genossen, denn die Nebenerwerbs­bauern zahlen ja auch die Arbeiterkammerumlage et cetera.

Wir haben zurzeit 55 Prozent der Bauern im Nebenerwerb und nur 36 Prozent im Haupt­erwerb; 9 Prozent der Betriebe gehören Personengemeinschaften oder juris­tischen Personen. Diesen 9 Prozent gehören mittlerweile schon 40 Prozent der Ge­samt­fläche, die sie bewirtschaften. Da fängt es bei mir zu klingeln an: Was passiert da? Schützen wir unsere Bauern? Schützen wir unsere Bauern dahin gehend, dass sie eigentlich 43 Betriebe mit 5 800 Beschäftigten im Bereich Landmaschinen versorgen? Die Pflanzenschutzmittelhersteller, das haben wir gehört, verdienen auch etwas. 2 684 Lebensmittel herstellende Betriebe mit fast 48 000 Arbeitnehmern leben von den Bauern. Das sollte man vielleicht erwähnen dürfen. Auch 80 Lagerhausgenossen­schaften mit 110 000 Mitgliedern und 12 000 Mitarbeitern leben von den Bauern.

Ich glaube, der Bauer hat es sich verdient, dass man sagt: Der Bauer ist kein Bettler, sondern ist ein aufrechter, freier Mann, den unsere Zivilgesellschaft, der Konsument zu unterstützen hat, wollen wir weiterhin gute, qualitativ hochwertige Nahrungsmittel haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es geht um nichts anderes als um die Frage: Kann Österreich sich weiterhin ernäh­ren? – Jeder wird sagen: Ja, natürlich, wir exportieren! Aber man braucht nur zu bedenken, dass es der kleine Drahtwurm geschafft hat, die Kartoffelernte zu 40 bis 60 Prozent (Bundesministerin Köstinger: 70 Prozent!), zu 70 Prozent – danke schön – zu vernichten, und wir mit März/April keine eigenen Erdäpfel mehr haben werden.

So schaut es aus. Und da diskutieren wir herum und feilschen noch um ein paar Gro­schen?! Unterstützen wir das und schauen wir natürlich auch darauf, dass wir Bauern


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