12.47

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Carmen, ich habe natürlich etwas vorbereitet, aber ich werde jetzt stattdessen auf das, was du gesagt hast, replizieren, weil es notwendig ist.

Ganz grundsätzlich möchte ich den Initiatorinnen und Initiatoren dafür danken, dass sie dieses Volksbegehren gestartet haben. Es ist hinlänglich bekannt, dass ich auch nicht alle Forderungen unterstützt habe, aber die Intention, die dahintergestanden ist, und auch das, was erreicht wurde, nämlich dass wir alle hier jetzt auch wieder intensiv über das Thema Gleichbehandlung, über das Thema Frauenpolitik diskutieren, dagegen, Carmen, hast du, glaube ich, auch nichts. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT.)

Also fangen wir einmal so an: Es ist grundsätzlich positiv, dass wir darüber reden. Gehen wir jetzt auch auf ein paar Punkte ein! Und anstatt nur zu sagen, was einem nicht passt, möchte ich die Gelegenheit auch nutzen, zu sagen, was ich gut finde und was ich unterstützen würde, weil das ja normalerweise für uns Frauensprecherinnen auch ein Ansatz ist, um überparteilich zu gemeinsamen Anträgen, zu Punkten, in denen wir uns immer wieder einigen können, zu kommen.

Ich finde da natürlich ein bisschen eine Querschnittmaterie zu dem, was du jetzt gerade gesagt hast, Carmen. Queere Pädagogik, nicht „quere“, wie du gesagt hast: Worum geht es da? – Es geht darum, dass man auch bei Kindern schon darauf achtet. Ich glaube nicht, dass jetzt jemand hier behaupten würde, dass man nichts anerziehen kann, vor allem nicht im ÖVP- und FPÖ-Sektor, sonst würde eure Theorie, dass es so wahnsinnig wichtig ist, dass unbedingt die Eltern die Kinder erziehen, weil das so anders ist, ja auch irgendwie ins Leere führen, dann würde diese Logik auch nicht stimmen. (Abg. Rosenkranz: Nein, nein, nein!) Das ist nämlich sehr wichtig, was man im Kindergarten mitkriegt, was man in einer Kinderbetreuungsstätte mitkriegt. (Beifall bei den NEOS.)

Auch was man von den Eltern mitkriegt, ist wahnsinnig wichtig, und da geht es eben darum – und das ist das Thema Kulturwandel –, dass wir unseren Kindern Stereotype, die über Jahrzehnte, Jahrhunderte, Jahrtausende auch von einer patriarchalen Kultur geprägt worden sind, nicht mitgeben. Ich glaube, ich war damals in der Volksschule das einzige Mädchen, das nicht stricken konnte und danach im Gymnasium das Fach Technisches Werken gewählt hat, weil ich damit mehr anfangen konnte. Das war damals noch sehr unüblich. (Abg. Schimanek: Das ist ja schon lange nicht mehr wahr!)

Das sind Stereotype, die wir unseren Kindern mitgeben. Da wird vorgegeben, dass Mädchen vielleicht nicht technisch begabt wären, dass Buben keine Mädchensachen machen sollen und so weiter. (Abg. Rosenkranz: Ist das jetzt noch immer so?) Es geht um dieses Thema. Ist das jetzt noch immer so? – Herr Klubobmann Rosenkranz, Sie wären schockiert, was es jetzt immer noch gibt! (Abg. Rosenkranz: Jetzt aber schon weniger!) Aber vielleicht nehme ich Sie einmal mit, damit Sie mit Kindern sprechen. (Abg. Rosenkranz: Jetzt gibt es schon weniger!) – Na ja, Sie hätten jedenfalls nichts dafür getan, dass es jetzt weniger ist, aber ich sage Ihnen, das gibt es noch, und da gibt es auch evidente Studien dazu. (Abg. Rosenkranz: Na sicher, aber Gott sei Dank immer weniger – auch ohne Sie!)

Betreuungsplätze, qualitätsvolle Betreuungsplätze und ein Rechtsanspruch auf Betreu­ung auch für kleine Kinder, warum ist das so wichtig? – Weil wir eben gleichen Lohn für gleiche Arbeit wollen, und das geht nur, wenn wir Männern und Frauen dieselben Möglichkeiten geben, arbeiten zu gehen, auch wenn sie Kinder haben. Das ist diese Wahlfreiheit, die wir meinen: die Freiheit, auch arbeiten gehen zu können, und die Frei­heit, überhaupt diese Entscheidung treffen zu können. Damit ich diese Entscheidung überhaupt treffen kann, brauche ich die Möglichkeit eines Kinderbetreuungsplatzes, Männer genauso wie Frauen. Da spielt auch die Karenz rein. (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.) Das ist ganz essenziell für Gleichbehandlung, das ist ganz essenziell für Gleichbehandlung auch am Arbeitsmarkt.

Ein letzter Punkt, weil mir das immer ein wahnsinnig wichtiges Anliegen ist - - (Abg. Schimanek: Sie wollen dann ein acht Wochen altes Baby ganztägig fremdbetreuen lassen?!) – Auch ein acht Wochen altes Kind hat einen Vater, glaube ich, oder, Carmen? Gehören nicht meistens zwei zum Kinderkriegen? Ich glaube, die Kinder haben immer zwei Elternteile. (Abg. Rosenkranz: Das ist ein typisches Stereotyp von Ihnen! Mittlerweile kriegt man Kinder auch ohne Zeugungsakt! Adoption nennt man das! – Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Rosenkranz: Das geht schon mittlerweile! Wo lebt denn die?!)

Kommen wir zum letzten Punkt: Verhütung, Schwangerschaftsabbruch. Es ist mir im­mer ein wichtiges Thema gewesen, darüber zu reden, denn das größte Problem bei diesem Thema sind Stigmen, das größte Problem bei diesem Thema ist, dass wir nicht darüber reden können, dass es hier im Saal gewisse Männer gibt, denen es alles zusammenzieht, wenn ich das Wort Vagina ausspreche. Das ist das Grundproblem, das wir hier haben: dass wir nicht über das Thema Schwangerschaftsabbruch reden können, dass wir nicht über das Thema Verhütung reden können. Es geht um sexuelle Selbstbestimmung.

Ich nehme an, Herr Klubobmann Rosenkranz, dass Sie mir zustimmen, dass jeder Schwangerschaftsabbruch einer zu viel ist. Was muss man dagegen tun? (Abg. Rosenkranz: Na?) – Niederschwelligen, einfachen Zugang zu Verhütungsmitteln schaffen, ermöglichen (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT), Aufklärung in den Schulen, queere Pädagogik in den Kinderbetreuungseinrichtungen. Das muss man tun, wenn man Schwangerschaftsabbrüche verhindern soll. (Abg. Rosenkranz: Nicht nur!) Was Sie tun, ist: Sie negieren, dass Menschen nun einmal Sex haben (Abg. Rosenkranz: Was gibt’s noch? Da gibt es noch andere Sachen!), auch junge Menschen, auch Jugendliche. Und man stelle sich vor, ich glaube, sogar Kinder von Abgeordneten werden wahrscheinlich Sex haben.

Das ist eine Realität, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Wenn wir wollen, dass junge Frauen ihre reproduktiven Rechte wahrnehmen können, dann müssen wir uns für diese Dinge einsetzen und müssen endlich anfangen, hier darüber zu reden. (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

12.53

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Cox. – Bitte. (Abg. Rosenkranz: Die Frau Gamon spricht sicher auch schon mit ihren Kindern darüber! – Abg. Meinl-Reisinger: ... keine hat!)