12.48

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Blümel! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschir­men! Ich möchte in die Fußstapfen der Frau Dr. Griss treten, die das vollkommen rich­tig gesagt hat: hier Lob, da vernichtende Kritik. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte.

Es wurden schon sehr viele Aspekte angesprochen. Ich möchte diese jetzt nicht wie­derholen und nicht dazu beitragen, dass Ihre Füße einschlafen. Ich möchte nur zwei Bereiche herausgreifen, die unsere Bundesregierung primär angesprochen und in An­griff genommen hat, und zwar einen sehr wichtigen und wesentlichen Aspekt: die He­ranführung des Balkans an die Europäische Gemeinschaft.

Nimmt man das Wort Balkan, setzt es sich im Türkischen aus zwei Wörtern zusam­men – wir wissen, dass sehr lange Zeit die Osmanen dort waren –, einerseits bal, ins Deutsche übersetzt Honig, und kan, ins Deutsche übersetzt Blut. Diese Region war im­mer von kriegerischen Auseinandersetzungen, Konflikten und Spannungen geprägt, bis in die Gegenwart. Und wenn wir den Fokus auf den Balkan richten, dann sind diese Spannungen heute größer denn je. Deshalb ist es ganz, ganz wichtig, dass man eine Beitrittsperspektive einräumt, da die Europäische Union in ihrem Geist eben auch ein riesengroßes Friedensprojekt war und ein Friedensprojekt ist.

Es stimmt mich äußerst bedenklich, wenn durch unterschiedliche Interessen auf inter­nationaler Ebene der Versuch gestartet wird, diese Europäische Union, diese Errun­genschaft zu schwächen, aber auch von innen heraus, wenn rechtsextreme oder isla­mistische Kräfte versuchen, unsere Gesellschaft zu torpedieren. Dem dürfen wir nicht nachgeben. Wir müssen diese Errungenschaften unserer Großväter, die sehr viel Leid auf sich genommen haben, zu schätzen wissen, wir müssen sie zu erhalten wissen – gerade auch im Kontext der Türkei. Da ist auch unsere Bundesregierung eine der wenigen, die ganz klar gesagt haben, dass eine Beitrittsperspektive der Türkei zur Eu­ropäischen Union unter dieser Regierung der AKP nicht möglich ist und die Beitritts­gespräche zu beenden sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist meiner Meinung nach eine wichtige und richtige Erkenntnis. Sie ist zwar relativ spät gekommen, denn ich habe schon vor Jahren gesagt, dass mit diesen Islamisten kein Staat zu machen ist und diese schon gar nicht Zugang zur Europäischen Union bekommen sollten und dürfen. Wir müssen uns aber auch immer vor Augen halten, dass in der Türkei viele liberale, säkulare Kräfte massiv unter Druck geraten sind und gerade diese die Solidarität und die Unterstützung der Europäischen Union benötigen würden.

Wir wissen auch, dass wir der Türkei jährlich Hunderte von Millionen Euro als Bei­trittsheranführungshilfen zur Verfügung stellen, damit die Rechtsstaatlichkeit, die De­mokratie und die Grundrechte ausgebaut werden. Und was passiert? – Der Rechts­staat wird abgebaut, die kritischen Stimmen werden weggesperrt, eine Jugend, die kaum Perspektiven vorfindet, die hoch gebildet ist, versucht das Land zu verlassen – und wir sponsern das mit öffentlichen Steuergeldern! Das ist für mich eine Beleidigung der Intelligenz.

Daher ist es wichtig, dass wir hier ganz klar neue Kooperationen mit der Türkei an­denken. Wir brauchen die Türkei in Fragen der Sicherheit, wir brauchen die Türkei in Fragen des Flüchtlingspaktes, und wir müssen die wirtschaftlichen Beziehungen auf eine neue Beziehungsebene stellen. Ganz wichtig hierbei ist, dass wir uns die Zoll­union genauer ansehen und diese Zollunion auch im Interesse der Türkei und nicht nur in unserem eigenen Interesse ausbauen, um eine Partnerschaft auf Augenhöhe zu be­kommen, denn eine starke Türkei wird auch der Garant für eine Stabilität in einer sehr unruhigen und instabilen Region sein, aber auch Garant dafür sein, dass Europa stabil bleibt.

Daher plädiere ich, dass wir auch in Zukunft gute Beziehungen zur Türkei pflegen, aber diesen Islamisten die rote Linie ganz klar aufzeigen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

12.54

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.