15.51

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Ich möchte mich vorweg für die ausführliche Beantwortung der Fragen bei Ihnen bedanken und auch bei Ihrem Ministerium, wo man in den letzten 3 Stunden sicher doch einiges an Arbeit gehabt hat. 69 Fragen sind nicht ohne, das ist uns auch bewusst, und für deren Beantwortung auch von uns gleich einmal vorweg ein Dankeschön, weil wir das auch nicht immer so gewohnt sind. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Sie haben Ihre Ausführungen mit der Frage begonnen, woher wir nehmen, dass das österreichische Schulsystem nicht auf dem Level ist, auf dem es eigentlich sein sollte, und haben diesbezüglich nach der Evidenz gefragt. Ich finde das schon etwas seltsam, insbesondere, weil wir in einer der letzten Debatten hier – zwei Tagesordnungspunkte ist es gerade her – über das Pädagogikpaket gesprochen haben. Jetzt hier von Ihrer Seite die Evidenz zu fordern, finde ich etwas seltsam.

Jetzt aber zum Inhalt: Sie haben unter anderem das Thema Politik raus aus den Schu­len angesprochen. Wir haben dazu ja auch im letzten Ausschuss einen Antrag einge­bracht beziehungsweise einen Antrag zurückgeholt, der schon einmal vertagt wurde, und er wurde wieder vertagt. Sie haben gesagt, dass Sie im Bereich der Schulleitung einführen wollen beziehungsweise verstärkt darauf achten wollen, dass diese nicht mehr parteipolitisch besetzt ist. Da ist jetzt ein Stück weit meine Angst, dass das, was uns im Ausschuss als Paradebeispiel, bei dem das ja so gut funktioniert habe, verkauft wurde, nämlich die Bildungsdirektionen, da als Vorbild genommen wird. Bei den Bil­dungsdirektionen haben wir nämlich ganz klar gesehen, wie es eben nicht funktioniert, Parteipolitik raus aus der Schule zu bekommen.

Ich erinnere hier noch einmal an den Gesetzentwurf oder an das Gesetz, das damals beschlossen wurde. Darin steht: „Durch Landesgesetz kann vorgesehen werden, dass der Landeshauptmann der Bildungsdirektion als Präsident vorsteht.“

Dann geht es so weiter, und dann steht: „In einem solchen Fall ist der Bildungsdirektor an die Weisungen des Präsidenten gebunden.“

Ich meine, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Was heißt das? – Wir haben hier in einem Gesetz festgeschrieben – ich weiß, dass das die Vor­gängerregierung war, aber Ihre Partei war auch damals in der Regierung –, dass par­teipolitischer Einfluss auf die Schulen weiterhin verankert werden soll. Dementspre­chend gilt: Bitte nehmen Sie sich das nicht als Vorbild, denn das ist alles andere als förderlich für uns! (Beifall bei den NEOS.)

Ein Thema, das uns im Zusammenhang mit Bildung auch immer sehr stark beschäftigt, ist das Thema Chancengerechtigkeit, und da sind wir sehr schnell bei dem Thema der Maßnahmen, der Einzelmaßnahmen und Scheinlösungen, die Sie immer bringen. Es wird nicht genügen, Einzelmaßnahmen wie Deutschklassen, wie die Strafen für Schul­schwänzer, wie Noten oder Sitzenbleiben, was wir heute auch schon diskutiert haben, einzuführen. Das spaltet die Gesellschaft, das bringt uns keinen Millimeter weiter, und es ist genau nicht das, was wir brauchen, nämlich Chancengerechtigkeit, dass jedes Kind am Anfang seines Lebens die gleichen Chancen hat und mit einer guten Bildung auch weiterkommen kann und will.

Wir haben schon vorhin gesagt, das ist aus unserer Sicht ganz klar eine Generation der Abgehängten, und Beate Meinl-Reisinger hat es vorhin auch richtig gesagt: Natür­lich ist das jetzt nicht im letzten Jahr entstanden, sondern da handelt es sich um ein Versagen, das wir in der Bildungspolitik mittlerweile über Jahrzehnte erleben. Die letzte große Bildungsreform war unter Liesl Gehrer – ich kann mich erinnern, da war ich noch in der Volksschule! (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger.) Das alleine zeigt doch, dass im Bildungsbereich viel zu wenig weitergeht.

Das, was jetzt oft präsentiert wird, sind dann so kleine Pflaster, also eben diese Scheinlösungen. Wir haben klaffende Wunden im Schulsystem, und wir kommen dann mit kleinen Pflasterchen – vielleicht noch mit irgendeinem Dino oben, denn das mögen wir sehr gerne in der Showpolitik – und sagen: Hey, super, jetzt ist alles gelöst! – Ein großes Beispiel dafür, das Sie auch in der Beantwortung der Fragen erwähnt haben, ist das Beispiel Grundkompetenzen absichern, das immer mit der London School vergli­chen wird.

Wir haben aktuell, laut Ihrer Beantwortung unserer Anfrage, 261 Schulen, die das ma­chen. Geplant, glaube ich, waren einmal 500 – davon sind wir weit entfernt. Und wa­rum sind wir davon weit entfernt? – Weil es ein Budgetproblem gibt, weil es ein Perso­nalproblem und ein Budgetproblem gibt.

Sie haben selber gesagt, glaube ich, 200 000 Euro sind es, die Sie da als Budget zur Verfügung haben. Das sind heruntergerechnet ein paar Tausend Euro pro Schule. Damit wird man keine großen Schritte machen können und das muss uns, glaube ich, absolut bewusst sein.

Es fehlen hier mutige Innovationen, die von der Regierung nicht kommen. Wenn etwas kommt, dann die kleinen Dinopflaster über die großen Wunden, die nicht viel bringen. Chancengerechtigkeit wird damit wirklich nicht erreicht – das ist eine Fehlanzeige.

Ein zweites Thema, das mir persönlich sehr wichtig ist, ist das Thema Digitalisierung. Digitalisierung ist längst überall angekommen, in den Kinderzimmern – jedes kleine Kind hat mittlerweile Computer, iPad, iPhone, sonstige Smartphones –, nur in der Schule nicht. Da passiert auch viel zu wenig. Auch wenn Sie uns sagen, wir haben da eine neue Strategie, stellt sich natürlich auch die Frage: Woher kommt jetzt diese Stra­tegie?

Es gab ja schon eine Strategie von der Vorgängerregierung: Schule 4.0. Nur: Was wurde mit der gemacht? – Die wurde einfach einmal auf die Seite geschoben. PR-tech­nisch geht es natürlich besser, wenn man eine neue Strategie präsentiert. Da kann man schön eine Pressekonferenz machen, ein Ministerfoyer nach dem Ministerrat ma­chen und sagen: Hey, super, wir präsentieren da wieder etwas Neues! – Nur: An der Umsetzung hapert es dann immer. Deswegen schieben Sie lieber das Projekt Schu­le 4.0 auf die Seite und sagen: Hey, wir machen da ein neues Konzept! – Neues Kon­zept, schöne Musik, viel Feuerwerk, und am Ende des Tages passiert sehr wenig.

Für die Vorgangsweise im Zusammenhang mit Digitalisierung ist mein Lieblingsbeispiel immer jenes, wie Sebastian Kurz und eine ganze Delegation nach Singapur reisen, man einen ganzen Flieger dorthin schickt, sich dann dort alle anschauen, wie eine Schule dort ausschaut – da gibt es positive Dinge wie auch negative Dinge, das haben Sie auch im Ausschuss einmal gesagt –, und dann kommt man zurück und sagt: Hey, dort in Singapur haben alle ein iPad in der Schule! Ja super, wir machen jetzt Digi­talisierung und es kommen iPads in die Schulen!

Digitalisierung ist aber viel mehr, als nur über iPads zu reden (Abg. Winzig: ... aus dem Zusammenhang gerissen!), und das ist genau diese Showpolitik, die in diesem Bereich immer wieder gemacht wird, die nicht zu akzeptieren ist.

Am Ende des Tages bleibt von dieser Regierung eine Sache über: Diese Regierung macht Showpolitik auf allen Ebenen. Das haben wir in den letzten Tagen mit dem Pä­dagogikpaket, das vorgestellt wurde, wieder einmal gesehen. Es bleibt nichts da, was wirklich langfristig und nachhaltig den Schülerinnen und Schülern zugutekommt.

Beate Meinl-Reisinger hat es gesagt: 12,5 Prozent, aber 100 Prozent der Zukunft – und auf diese 100 Prozent dürfen wir nicht verzichten. Es ist unsere Aufgabe als Par­lament, hier endlich Maßnahmen zu setzen, und Ihre Aufgabe als Regierung, hier Maß­nahmen zu setzen, damit die Schüler nicht auf der Strecke bleiben, denn das schadet am Ende uns allen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

15.58

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Taschner. – Bitte.