16.56

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatsse­kretär! (Abg. Wittmann: Wo ist der Minister?) – Der Minister ist leider nicht hier. (Ruf bei der SPÖ: Die ganze Rede schon!) Ich bin nicht Bildungssprecher der NEOS, aber ich bin Unternehmer, ich komme aus der Wirtschaft.

Es ist, wie Kollegin Hammerschmid gesagt hat: Bildung ist die beste Form von Selbst­bestimmung. Jetzt haben wir auf der einen Seite die Wirtschaftsministerin, die erst vor Kurzem in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ gesagt hat: „Die Gymnasien produ­zieren oft am Markt vorbei“. Über das Produzieren können wir streiten, aber sie hat die­ses Thema aufgegriffen, und uns muss bewusst sein, wohin es geht.

Herr Minister Faßmann hat nämlich heute auf Frage 20 – die Frage war: „Gibt es Ent­wicklungspläne für die polytechnischen Schulen? Wenn ja, welche?“ – sinngemäß ge­antwortet: Ja, die 14-Jährigen bleiben die 14-Jährigen. Die müssen sich dann sozusa­gen entscheiden. Was den Polytechnischen Lehrgang betrifft, attraktivieren wir halt ein bisschen, aber hoffen dennoch, dass ihn möglichst viele 14-Jährige besuchen. – Das ist, glaube ich, der falsche Zugang.

Ich glaube, wir müssen uns an die Bedürfnisse der jungen Menschen von heute ge­wöhnen. Wir müssen uns daran gewöhnen, einen eventuellen Fachkräftemangel zu besänftigen, indem wir die 14-Jährigen von heute nicht mehr entscheiden lassen, wel­chen Weg sie gehen müssen. Die Entscheidung für die 14-Jährigen von heute treffen nämlich immer noch die Eltern. Zu 99,9 Prozent sagen sie: Es muss eine Oberstufe sein. Wir wollen nicht, dass du eine Lehre machst.

Faktum Nummer 1: Wir müssen die Lehre attraktivieren. Faktum Nummer 2: Wir sollten daran denken, dass wir nicht Eltern über 14-Jährige entscheiden lassen, sondern dass wir sie selbstbestimmt entscheiden lassen, welchen Weg sie gehen – wenn sie 17 Jah­re alt sind.

Denken wir doch darüber nach, nicht mehr den maria-theresianischen Schulzyklus zu haben, sondern einen anderen Schulzyklus, um einen eventuellen Fachkräftemangel in absehbarer Zeit damit auch abzulindern! Denken wir darüber nach, das Gymnasium nicht unter eine Käseglocke zu stellen, sondern befassen wir uns auch mit anderen Ausbildungsformen, zum Beispiel damit, die Lehre mit Matura zu attraktivieren! (Präsi­dentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Der Hauptfehler aber liegt darin, dass wir 14-Jährigen zumuten, eine Entscheidung treffen zu müssen. Das ist der springende Punkt. Herr Minister, wir können gerne in einem Zwiegespräch oder sonst irgendwie darüber diskutieren, aber Sie werden mir beipflichten, dass die 14-Jährigen auch vor 20 Jahren nicht selbstbestimmt entschie­den haben, nur war damals der Druck der Eltern nicht so groß, und auch das Angebot nicht. Jetzt ist das Angebot viel breiter und die jungen Menschen von heute sind auch viel mehr abgelenkt und nicht mehr selbstbestimmt. Sie wollen selbst bestimmen, aber das erst viel später, mit dem 17. Lebensjahr.

Ich glaube, so können wir beim Fachkräftemangel ein bisschen Druck herausnehmen und auch bei dieser Sogwirkung, bei diesem Pulleffekt betreffend die Universitäten. Wir müssen umdenken und dahin gehen, zu sagen, wir brauchen eine Attraktivierung der Lehre. Wir brauchen ein selbstbestimmtes, junges Österreich, das von sich aus ent­scheiden kann, in welche Richtung es gehen will, und wir brauchen ein viel attrakti­veres Angebot betreffend Lehre, Lehre mit Matura oder auch andere Formen der Ausbildung. Wir leben ja um 20 Jahre länger! Wir sprechen immer vom lebenslangen Lernen: Warum muten wir heute den jungen Menschen immer noch zu, sich mit 14 Jahren zu entscheiden und mit 18 ist die Schule vorbei? Das ist doch ein falscher Zugang. Das wundert mich schon – oder nein, es wundert mich eigentlich nicht, weil die ÖVP eigentlich eine Beamten- und Bauernpartei und keine Wirtschaftspartei ist (Ruf bei der ÖVP: Hallo, hallo!) –, dass hier keiner von der Wirtschaftsfraktion heraus­tritt und sagt, worum es geht. (Beifall bei den NEOS.)

Es geht auch um eine Absenkung und eine Attraktivierung der Lehre. Es geht auch darum, dass wir Schulen nicht für Lehrer haben, für das eigene Klientel, sondern dass wir Schulen für Schüler und deren Bedürfnisse haben; deren Bedürfnisse sind in einem viel späteren Zyklus zu sehen – also nicht mit 14, sondern mit 17. Wenn wir in diese Richtung gehen, dann haben wir die richtige Berufsausbildung, dann haben wir auch die richtige Schulausbildung. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wöginger: Die Kollegin Kaufmann ist aber Unternehmerin!)

17.01

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Alois Rosenberger. – Bitte.