22.33

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lange Verfahren bremsen den Wirtschaftsstandort. Projektwerber und betroffene Anrainer brauchen Klarheit, ob Projekte realisiert werden oder nicht.

Das UVP-Verfahren zur dritten Piste des Flughafens Wien-Schwechat hat uns zum Beispiel eindrucksvoll vor Augen geführt, wie lange UVP-Verfahren in Österreich dau­ern können. Mittlerweile liegen wir bei über zehn Jahren. Wir reden hier nicht von einem Einzelfall, wie oft gesagt wird (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger), denn zahlreiche UVP-Verfahren auf Bundes- und auf Landesebene weisen überlange Verfahrensdauern auf. Der Semmeringbasistunnel, die 380-kV-Leitung in Salzburg und der Westring in Linz sind eindrucksvolle und sehr gute Beispiele dafür. Es sind auch Beispiele von Fällen, in denen Anrainer leiden und auf eine Entlastung sowie auf Ver­sorgungssicherheit – durch Garantie von Energie und Sicherheit und durch Ausbau des Infrastrukturbereichs – hoffen. Diese langen Verfahren sind eine Bremse für den Standort, vor allem auch für private Investoren. Haben Sie sich das angeschaut? – Die privaten Investoren meiden Österreich in diesem Zusammenhang immer dann, wenn ein UVP-Verfahren durchzuführen ist.

Ziel des Standort-Entwicklungsgesetzes ist es, UVP-Verfahren zu beschleunigen, In­vestitionen zu erleichtern und damit Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen. (Ruf: Sehr gut!)

Es ist Aufgabe und Pflicht des Staates, wichtige Projekte für den Wirtschaftsstandort anzuschieben und die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Es geht nicht um ein automatisches Ja – das wird oftmals verwechselt –, es geht nicht darum, dass in den ersten sechs Monaten irgendeine Entscheidung des Verfahrens vorweggenommen wird. Die Antwort kann sehr wohl auch Nein heißen, und sie soll in dem einen oder anderen Fall auch Nein heißen. Immer wieder wird angeführt, dass Dokumente nicht vollständig eingebracht werden und so weiter: Dann riskiert der Projektwerber ein Nein. In keiner Firma kann man strategische Investitionen so lange diskutieren, wie wir es hier tun. Aus meiner Sicht kann sich der Staat dies auch nicht leisten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Die Unternehmen warten nicht auf uns, und die nachfolgenden Generationen werden kein Verständnis dafür haben, wenn wir nachher sagen: Ja, wir haben halt fünf Jahre oder zehn Jahre gebraucht, um eine Entscheidung zu treffen. Ihr habt halt jetzt weniger Arbeitsplätze, ihr habt weniger Chancen am Markt, ihr seid weniger wettbewerbsfähig und auch eure Umwelt ist nicht besser geworden, weil wir nicht in der Lage waren, Projekte zu entscheiden, die im Dienste der erneuerbaren Energie und zum Beispiel auch von Schienenprojekten sind.

Was tun wir also mit diesem Gesetz? – Wir zwingen den Staat, sich an seine eigenen Vorgaben zu halten. Ich dachte immer, das wäre selbstverständlich, musste aber he­rausfinden, dass das nicht so ist. Der Staat, egal welche Gebietskörperschaft, steht nicht über dem Gesetz. Schon bisher gab es Fristen in diesen UVP-Verfahren, jedoch wurden sie einfach ignoriert und nichts ist passiert.

Die Überschreitungen blieben vollkommen ohne Konsequenzen. Während die Verfah­renszahlen nach dem UVP-Gesetz seit Jahren drastisch absinken, wird die Verfahrens­dauer immer länger. (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Das stimmt nicht!) Wie sollen wir das der nächsten Generation erklären? Im Jahr 2017 betrug beispielsweise die Ver­fahrensdauer von der Antragstellung bis zur Entscheidung von UVP-Verfahren, exklu­sive der vereinfachten Verfahren, im Durchschnitt 36,8 Monate. Mit dem Standort-Ent­wicklungsgesetz verlangen wir nun von den Behörden schnellere Entscheidungen und schaffen viel rascher Klarheit und auch Rechtssicherheit, und zwar für beide Seiten, für die Betroffenen auf der einen Seite und für die Projektwerber auf der anderen Seite.

Ein funktionierender Wirtschaftsstandort und Umweltschutz schließen einander dabei nicht aus. Schnellere UVP-Verfahren sind nicht nur für den Standort, sondern auch für die Erreichung der Ziele der Klima- und Energiestrategie von wesentlicher Bedeutung.

Wir haben schon gehört, in Niederösterreich sind die meisten Projekte Windparks. Es ist auch jenes Bundesland mit den meisten UVP-Verfahren. Es gibt Bundesländer, die haben nicht einmal mehr Projekte in den Bereichen, in denen es ein UVP-Verfahren braucht.

Gerade bei Vorhaben in Bezug auf die Energiewende und die Mobilitätswende ist es unsere Aufgabe und ein wesentlicher Beitrag, hier Schritte zu setzen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ein Weiteres möchte ich schon noch mitgeben: Es gibt eine reflexartige Reaktion ge­gen schnellere Verfahren, die ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Mit dem Stand­ort-Entwicklungsgesetz schaffen wir die Verfahrensbeschleunigung und greifen, um es noch einmal zu betonen, weder in die Parteienstellung noch in den Instanzenzug ein.

Ja, das Gesetz wurde abgeändert, und ja, es wurden Inhalte diskutiert, die eingebracht wurden. Ich dachte immer, das ist Teil der Demokratie, dass wir genau das berücksich­tigen, und das haben wir auch entsprechend gemacht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Noll.)

Wir haben Experten eingebunden, und zwar Europarechtsexperten und Umweltrechts­experten, die ganz, ganz klar sagen, dass dieses Gesetz sowohl verfassungs- als auch europarechtskonform ist. Die standortrelevanten Vorhaben voranzubringen und diesen Expertenrat, das Expertengremium zu schaffen, ist das Geringste, was wir tun kön­nen – einen solchen Rat zu schaffen, der uns vorher berät, denn wir wollen beraten werden und dazu dann auf dieser Meinung und dieser Sichtweise aufbauen.

Es ist ein Gremium, das kostenfrei ist. Die Stabsstelle, die bei mir im Ministerium ein­gerichtet ist, kostet einen Bruchteil dessen, was wir als Total Cost of Ownership be­zeichnen, nämlich die Gesamtkosten, die uns und den nächsten Generationen entste­hen, wenn wir nicht entscheiden. Derzeit sind die Verfahrensfristen totes Recht. Die Behörden und in weiterer Folge auch die Verwaltungsgerichte halten sich nicht an die vorgegebenen Fristen. Wir machen jetzt aus einer Ungefährfrist eine echte Frist. Es gibt eine Fristsäumnisklage, die auch halten und die Verfahren entsprechend beschleu­nigen wird.

Aus meiner Sicht haben wir hier etwas vorgelegt und gemeinsam mit vielen, vielen Stellen und vielen Inputs etwas geschaffen, das genau dem entsprechen soll, nämlich dass wir neue Arbeitsplätze in Österreich schaffen, denn das ist unser gemeinsames größtes Ziel. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

22.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Win­zig. – Bitte.