9.24

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschau­erinnen und Zuschauer hier, zu Hause, in der Arbeit oder wo auch immer! Also mit Superlativen spart diese Regierung nicht: der beste Innenminister aller Zeiten, Bimaz (demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der FPÖ), die größte Sozialversiche­rungs­reform aller Zeiten – GRSRAZ könnte man sie taufen. Leider haben Sie Großes angekündigt und nur sehr, sehr Kleines heute hier auf den Tisch gelegt.

Was haben Sie alles versprochen? – Sie haben versprochen, das System der Pen­sionsversicherungen anzugehen – nichts ist passiert. Sie haben versprochen, das alte System, das überholte System der Unfallversicherung anzugehen – nichts ist passiert. (Beifall bei den NEOS.) Ihre große Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger entpuppt sich als Schmäh, weil sie in Wahrheit – und das hat meine Vorrednerin Rendi-Wagner gesagt – ausschließlich, und zwar ausschließlich und durchaus be­wusst, die Sozialversicherung der Angestellten und der Arbeiter betrifft. Da führen Sie die neun Landeskrankenkassen mehr oder weniger in diese Österreichische Gesund­heitskasse zusammen, aber die anderen Krankenkassen bleiben unangetastet: die der Beamten, bei der auch wir versichert sind und von der wir wissen, dass die Leistungen, verglichen mit der Gebietskrankenkasse, durchaus besser sind, die 15 KFAs, die auch bessere Leistungen bieten, bleiben unangetastet, die Sozial­ver­sicherung der Bauern – Ihr Klientel, Klientelismus pur – bleibt unangetastet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine Augenauswischerei, das ist ein Pflanz! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist nicht die größte Sozialversicherungsreform aller Zeiten, das ist eine Mogelpackung, und das ist schade, denn wir wären die Ersten gewesen, die wirklich bereit gewesen wären, mutige, innovative Schritte zu gehen, Schritte, die bedeuten, in dieses Funktionärs­denken – das sich über die letzten Jahrzehnte breitgemacht hat: zwei Parteien, Rot und Schwarz, die sich das Land aufgeteilt haben – einzuschneiden.

Was aber machen Sie hier? Ich darf Bonzen nicht sagen – ich verstehe eigentlich nicht, warum Kollege Loacker für Agrarbonzen, also schwarze Bonzen, einen Ord­nungsruf gekriegt hat, aber rote Bonzen offensichtlich nur eine Rüge wert ist (Abg. Belakowitsch: Ich habe es zurückgenommen! – Abg. Kitzmüller: Sie hat es zurückgenommen, das ist ein Unterschied!) –, sagen wir Funktionäre, schwarze Funktionäre, rote Funktionäre: Rote Funktionäre werden aus den Gebietskranken­kassen rausgenommen, schwarze – vielleicht auch türkise oder blaue, man weiß ja nicht genau, die Einfärbung verschwimmt ja ein bisschen – werden hineingesetzt. Es ist so. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber und Zinggl.)

Die sogenannte Selbstverwaltung, also sozusagen die Verwaltung der wirklich Betrof­fenen, der Arbeiter und Angestellten – darüber könnte man lange diskutieren: was Selbstverwaltung heißt und dass wir in Österreich keine Selbstverwaltung haben, sondern eine Funktionärsverwaltung –, die beschneiden Sie damit. Und noch mehr: Sie wissen, dass Sie einmal mehr – und darüber diskutieren wir nahezu jedes Mal, wenn wir hier sind – ein Gesetz vorlegen, das wahrscheinlich verfassungswidrig ist, also ein schlechtes Gesetz. Zugunsten Ihrer eigenen Funktionäre machen Sie schlechte Gesetze und nehmen in Kauf, dass der Verfassungsgerichtshof sie aufhebt. Das ist nicht die Qualität, die sich dieses Haus und die Bevölkerung verdient haben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein allerletzter Punkt: Die Versicherten werden nichts merken. Sie haben sich hinge­stellt und haben gesagt, das bringt eine Patientenmilliarde – ich muss ja aufpassen, was ich hier sage; ich weiß, wofür ich einen Ordnungsruf bekomme –, aber auch das ist ein Riesenschmäh. Es gibt diese Milliarde nicht, es gibt sie einfach nicht. Das wurde mehrfach nachgewiesen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Versicherten bekommen deswegen keine besseren Leistungen, die Versicherten bekommen deswegen nicht mehr Kassenärzte, die Privilegien werden nicht abge­schafft. Entschuldigen Sie bitte, aber wem außer den schwarzen, türkisen, blauen Funktionären bringt diese Reform wirklich etwas? Das ist eine vertane Chance und teilweise das Papier nicht wert, auf dem das Wort Reform geschrieben steht. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neubauer: Ihr wollt eine Reformpartei sein?)

9.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler der Neuen Mittelschule Bludenz recht herzlich begrüßen. Sie sind aus dem Ländle zu uns gekommen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.