Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ) (fortsetzend): Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie von Harmonisierung sprechen, sage ich: Genau das Gegenteil ist der Fall! Bauern, Beamte, Selbstständige werden weiterhin bessere Leistungen haben, und das wissen Sie auch ganz genau! Frau Abgeordnete Povysil, Sie haben sich herausgestellt und gesagt: Endlich gibt es Leistungen! Jeder bekommt dasselbe Geld für Augengläser, für Kontaktlinsen! – Genau das ist nicht der Fall.

Die in der neuen Gesundheitskasse, die werden genau diese Leistungen nicht haben, oder – weil ich schon am Wort bin –, Herr Kollege Wöginger, erklären Sie den Leuten, warum die Abgeordneten hier zufälligerweise nicht der Gesundheitskasse unterliegen werden, sondern der Beamtenversicherung! Erklären Sie den Leuten, warum Sie 280 Euro für ein Implantat bekommen werden, und die in der anderen Krankenkasse bekommen nichts! (Zwischenruf des Abg. Stefan.) Sagen Sie das den Menschen, Kolleginnen und Kollegen! – Das wird der feine Unterschied sein, der sich nach diesem Beschluss ganz besonders auswirken wird, und darum sind wir ganz massiv dagegen, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich halte nichts davon! Wasser predigen und Wein trinken, Kolleginnen und Kollegen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wasser predigen und Wein trinken – das ist nicht die Politik, die wir wollen! Das ist nicht die Politik! (Präsident Sobotka gibt das Glocken­zeichen. – Abg. Neubauer: ... Ende der Sozialpartnerschaft!)

Noch einmal: Sie sagen ständig die Unwahrheit! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Sie sagen, Sie werden 1 Milliarde Euro einsparen, aber die Kritik des Rechnungshofes wird einfach weggewischt. Das gibt es einfach nicht! Es wird von der ersten Sekunde an Geld in dieser neuen Gesundheitskasse fehlen, Kolleginnen und Kollegen! 1 Milliarde Euro wird so schon weggehen und 1 Milliarde wird die Struktur kosten, die da aufgebaut wird!

Gehen wir gleich noch einen Schritt weiter: Das Gesetz ist noch gar nicht beschlossen, wird man sich bedienen wie in einem Selbstbedienungsladen, Kolleginnen und Kolle­gen! (Abg. Stefan: Nicht so wie damals, da war das ja so hervorragend! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sagen Sie doch den Menschen, dass es, wenn man ein guter Freund des Vizekanzlers ist, auch passieren kann, dass man in den Fonds der Privatkrankenanstalten hineinkommt, wenn man nicht schon drin ist.

Mir ist das völlig egal, Kolleginnen und Kollegen, wo ihr euch euer Gesicht zerschnei­det und wo ihr es euch wieder herrichten lasst – das ist mir völlig egal! – (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ), aber wenn das die Kolleginnen und Kollegen und die Arbeiter und Angestellten zahlen müssen, dann ist das in Wirklichkeit ein schwerwiegender Frevel! Das ist dann in Wirklichkeit ein Frevel. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Natürlich wird es von der ersten Sekunde an einen Geldmangel geben! Das wissen wir, weil die ÖGK wird ja, bevor man jetzt das Gesetz beschließt, ausgehungert. Die Selbstbehalte sind heute schon angesprochen worden. – Das wird der Dachverband besorgen, Kolleginnen und Kollegen! Der Dachverband, in dem die Arbeitgeber die Mehrheit haben, wird diese Selbstbehalte beschließen, sonst wären wir ja dann die Einzigen in der Gesundheitskasse, die keinen Selbstbehalt haben – alle anderen haben schon einen. Wir können uns darauf verlassen, dass dieser Selbstbehalt ein­geführt wird! (Abg. Belakowitsch: Bis jetzt sind alle Selbstbehalte unter Sozialisten eingeführt worden!)

Kolleginnen und Kollegen, da braucht man ja nicht weit zu schauen (in Richtung ÖVP), eure Wahlkampfspender wie der Herr Neumayer von der Industriellenvereinigung sagen das eh ganz genau – ich zitiere –: Österreich braucht ein systematisiertes Selbstbehaltsystem mit echter Steuerungswirkung, hat er gesagt. Ja, Österreich braucht keinen Selbstbehalt, sondern einen richtigen Selbstbehalt, also einen teuren Selbstbehalt. – Kolleginnen und Kollegen, wir wissen also, in welche Richtung das geht, daher sind wir ganz massiv dagegen und werden uns für die Kolleginnen und Kollegen einsetzen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.) Die Arbeiter und Angestellten werden das natürlich zahlen!

Die größte Schnapsidee – und das ist heute schon ein bisschen relativiert worden, Kolleginnen und Kollegen – ist die Sonderklasse in der Ambulanz. Ja hat denn irgendwer eine Ahnung, was das bedeutet? Ist irgendwer in letzter Zeit irgendwann einmal in einer Ambulanz gewesen? (Abg. Schwarz: Ja, ich! – Weitere Ja-Rufe.) 60, 70 Menschen sitzen dort! (Abg. Schwarz: Es geht nicht um den Akutbereich, ist das so schwierig?) Wird das dann so sein, dass ihr vorbeimarschiert und dass ihr im Fauteuil Platz nehmt, Kolleginnen und Kollegen, und die Arbeiter und Angestellten sollen sitzen bleiben und stundenlang warten? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das wird nicht der Weg sein, und darum werden wir ganz, ganz massiv dagegen auftreten! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kaniak hat es ja eh gesagt. Wie haben Sie das gesagt? – First Line, First Class, oder wie er es genannt hat – aber genau das wollen wir nicht, Kolleginnen und Kolle­gen, wir wollen dieselbe Behandlung haben für Arbeiter, für Angestellte, für Beamte, für Selbstständige und für Bauern! Das verlangen wir!

Ich werde Ihnen noch etwas unterstellen. (Abg. Haider: Ihr habt jahrzehntelang den Sozialminister gestellt, und jetzt stellst du dich heraus und redest ...! – Unruhe im Saal.) Ich unterstelle Ihnen (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), Sie machen das mit Absicht. Sie wollen, dass das System nicht funktioniert, meine sehr geschätz­ten Damen und Herren, und darum zertrümmern Sie die Gebietskrankenkassen.

Seien Sie doch ehrlich! Sagen Sie doch einfach, was Sie wirklich wollen! Sie wollen den Sozialstaat in die Luft jagen, Kolleginnen und Kollegen, Sie wollen den Sozialstaat schädigen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haider: Ihr habt ihn an die Wand gefahren!)

Lassen Sie mich zum Abschluss noch eines sagen, Kolleginnen und Kollegen, nur, damit wir es noch einmal festgehalten haben: Vor 130 Jahren waren es nicht die Arbeitgeber und es waren nicht die Regierungen, die gesagt haben: Na, die Arbeit­nehmer brauchen wirklich eine Grundversorgung, die Arbeitnehmer brauchen Geld, wenn sie krank sind! – Nein, es waren die Arbeiterinnen und die Arbeiter, die es vor 130 Jahren geschafft haben, eine soziale Krankenversicherung zu erkämpfen, zu erwirken, denn die ist ihnen nicht geschenkt worden. (Abg. Haubner: Geh, so ein Schmarren!)

Das zerstören Sie heute, und darum werden wir mit aller Kraft dagegen ankämpfen, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.) Ich verspreche Ihnen, wir werden Sie daran hindern, ich verspreche Ihnen, wir werden mit den betroffenen Menschen dagegen ankämpfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.59

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung gelangt Herr Abgeord­neter Leichtfried zu Wort. – Bitte.