18.01

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf als Erste über den Antrag betreffend Forcierung der Haft in der Heimat sprechen. Zuerst möchte ich einmal Danke sagen. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss, allen Parteien, die gemein­sam daran gewirkt haben und einen einstimmigen Antrag für ein doch wichtiges Thema zustande gebracht haben.

Ich möchte kurz erklären, warum wir uns gemeinsam für die Forcierung des Konzepts Haft in der Heimat einsetzen, sodass jemand, der zu einer Haftstrafe verurteilt und nicht österreichischer Staatsbürger ist, diese Haft auch im Heimatland antreten kann. Es gibt hierfür drei Gründe.

Der erste Grund: Es ist wichtig, die Gefängnisse in Österreich zu entlasten. Ich darf ein paar Zahlen nennen. Es gibt circa 9 000 Gefangene in Österreich, davon sind 54 Pro­zent nicht österreichische Staatsbürger, von diesen 54 Prozent sind ein Drittel aus EU-Ländern und zwei Drittel aus Drittstaaten. Die österreichischen Gefängnisse sind an ihrer Kapazitätsgrenze.

Der zweite Grund ist, dass wir die Gefangenen unterstützen können, wenn sie in der Heimat die Haft antreten, weil die Resozialisierung leichter ist und es leichter ist, zu Verwandten und Bekannten Kontakt zu halten, denn auch das ist wichtig.

Ein dritter Grund ist – dieser betrifft ganz besonders den Ausschuss für Menschen­rechte –, dass wir die Haftbedingungen in den osteuropäischen EU-Ländern, aber auch in Drittländern verbessern wollen – aus menschenrechtlichen Gesichtspunkten und aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten. Dabei geht es vorwiegend um den Artikel 3 der EMRK, der besagt, dass unmenschliche und erniedrigende Behandlung verboten ist. Was das genau bedeutet, lesen wir in der Judikatur des EGMR. Ich sage Ihnen ein paar Beispiele, damit Sie wissen, worum es geht.

Das betrifft zum Beispiel die Zellengröße. Dazu sagt der EGMR, 4 Quadratmeter pro Person wären notwendig. Es geht um Hygiene, es geht um medizinische Versorgung, um die Regulierung der Isolationshaft und auch um so einfache Dinge wie dass man den Fernseher ausschalten kann. Es geht um separate Institutionen für Jugendliche und so weiter und so fort. Österreich wird sich für Menschenrechtsstandards auch in anderen Ländern einsetzen.

Ich möchte Ihnen jetzt noch ein Beispiel dafür geben, wie das aussehen kann. Es ist vielleicht kein typisches Beispiel für die Fragen, die wir uns in diesem Antrag gestellt haben, aber es ist wichtig, weil es um Europa und um Menschenrechtsverletzungen auf europäischem Boden geht. Einige Abgeordnete dieses Hauses haben gestern Vormittag einen ukrainischen Professor kennengelernt, Igor Kozlovsky, der Religions­wissenschaftler ist. Igor Kozlovsky hat uns gestern hier im Haus erzählt, dass er im Jahr 2015 in Donezk in der Ostukraine von prorussischen Milizen verhaftet und in ein Kellergefängnis gesteckt wurde, wo er zwei Jahre lang ohne Anklage gesessen und fast jeden Tag gefoltert worden ist – er hat gesagt, mit dem Sack über dem Kopf. Der Toilettengang war 2 Minuten in der Früh und 2 Minuten am Abend erlaubt. Er hat gesagt, er hat oben ein kleines Fenster gehabt – ohne Scheiben, aber dass der Schnee hereingefallen ist, hat ihn eigentlich gefreut, weil es für ihn ein willkommenes Zeichen der Welt da draußen war.

Im Dezember 2017 ist er mit 72 anderen Gefangenen ausgetauscht worden und freigekommen. Er hat gesagt, dass fast alle dieser Gefangenen eine umfassende Zahnwiederherstellung gebraucht haben, dass sie von Folter und sexueller Gewalt traumatisiert waren. Er erzählt, er ist jetzt seit fast einem Jahr wieder frei, aber Hunderte von Menschen sitzen weiterhin in diesen Kellergefängnissen. Das ist euro­päischer Boden, und da wollen wir nicht zusehen. Unter diesen Gefangenen sind zum Beispiel auch Verwandte der Verfolgten, auf die man eigentlich Druck ausüben möchte.

Niemand von diesen Menschen ist verurteilt worden. Österreich muss und wird sich mit diesem Antrag für Menschenrechte auch in Haftanstalten in EU-Ländern und in Dritt­ländern engagiert einsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abge­ordneten Kitzmüller und Rosenkranz.)

18.05

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Harald Troch. – Bitte.