14.19

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe KollegInnen! Liebe Zusehe­rInnen zu Hause vor den Bildschirmen und auch hier auf der Galerie! Ich danke mei­nem Vorredner für die doch an den Tag gelegte Sachlichkeit, denn der Eingang in die Debatte hat alles andere als sachlich begonnen. Worüber diskutieren wir heute hier? Die Bevölkerung findet aktuell eine Situation vor, in der je nach Regierungs-/Opposi­tionsrolle Panikmache betrieben wird. Wir haben in den letzten Regierungsjahren von Rot-Schwarz eine rote Regierungsführung im Bereich des Gesundheitswesens gehabt, und wir haben nun eine freiheitliche Gesundheitsministerin.

Ich möchte Ihnen nun gerne zwei Zitate vorlesen, die ganz klar verdeutlichen sollen, warum im Gesundheitsbereich diese Art von Panikmache, die diese freiheitliche Re­gierungsfraktion betrifft und in der Vergangenheit natürlich auch die rote Fraktion be­troffen hat, einfach unangebracht ist.

Der Bevölkerung ist kein Stück geholfen, wenn kein Hausarzt mehr verfügbar ist und sich auf Regierungsebene, auf Parlamentsebene und im Nationalrat gegenseitig der Kopf eingeschlagen wird. Damit ist niemandem geholfen. Sie können gerne raten, von wem die zwei folgenden Zitate stammen.

Wenn nun die FPÖ kritisiert, die SPÖ würde Panikmache betreiben, möchte ich Ihnen folgendes Zitat bringen: „Die Bundesregierung [...] wird aufgefordert, ein Maßnahmen- und Förderprogramm gegen den drohenden Ärztemangel zu initiieren“. Und: „So gehen etwa im Bundesland Oberösterreich im kommenden Jahrzehnt mehr als die Hälfte der Landärzte in Pension. Dies führt dazu, dass eine qualitativ hochwertige ärztliche Nah­versorgung [...] nicht mehr gewährleistet werden kann.“

Die Bevölkerung wird vor eine Situation gestellt, die zukünftig eintreten könnte: Es gibt keine Landärzte mehr, die Menschen werden nicht mehr ärztlich versorgt. – Heute kri­tisiert die FPÖ, dass die SPÖ Panikmache betreibt. Dieses Zitat entstammt jedoch ei­ner Aussendung der FPÖ aus dem Jahr 2014 (Abg. Rosenkranz: Das hat ja ge­stimmt! – Abg. Kitzmüller: Das hat ja gestimmt!) – Panikmache par excellence. (Abg. Rosenkranz: Setzen Sie sich wieder zur SPÖ, da passen Sie eh besser hin! Mit JETZT geht es eh nicht mehr weiter in Zukunft!)

Nun haben wir ein weiteres Zitat, und zwar von der SPÖ als derzeitiger Oppositions­fraktion: „[...] da Österreich in den nächsten zehn Jahren ein akuter ÄrztInnenmangel droht“ – wortident: in den nächsten zehn Jahren; es droht anscheinend immer in den nächsten zehn Jahren eine Unterversorgung mit Ärzten – „und die zuständige Gesund­heitsministerin – die man als schlechteste Gesundheitsministerin aller Zeiten bezeich­nen kann – nichts dagegen tut“. – Das ist wieder übertrieben hoch zehn, wiederum ei­ne Kritik aus der Opposition an der Gesundheitsministerin.

Was die Bevölkerung so dermaßen satthat und was auch ich satthabe, ist: rote Minis­terin – blaue Kritik mit Panikmache par excellence; blaue Ministerin – rote Kritik mit Pa­nikmache par excellence. Können wir uns nicht darauf einigen, dass wir uns im Ge­sundheitsbereich, in dem wir tatsächlich die Situation vorfinden, dass es in der Realität dazu kommen kann, dass die Landarztsituation immer brenzliger wird, gemeinsam hin­setzen und gemeinsam eine Lösung überlegen, anstatt hier – je nachdem, ob man in der Opposition oder in der Regierung ist – Panikmache par excellence zu betreiben? (Abg. Rosenkranz: Jetzt wird es eh gemacht! Das wird jetzt eh gemacht!) Ich verstehe wirklich nicht, warum das nicht möglich ist. (Beifall bei JETZT. – Abg. Kitzmüller: Frau Abgeordnete, aufpassen! Jetzt wird es gemacht!)

Ich möchte hier auch noch etwas erwähnen, denn vielleicht ist dem Ganzen ja noch et­was Positives abzugewinnen – ich versuche es zumindest –: Am Ende des Tages – das sehen wir, wenn wir uns die zwei Presseaussendungen anschauen – hat die FPÖ erkannt, dass es ein Problem mit der Hausarztversorgungen gibt, und hat die SPÖ er­kannt, dass es ein Problem in der zukünftigen Hausarztversorgung gibt. Nur: Wer das noch nicht erkannt hat – nicht in der letzten und nicht in der aktuellen Regierung –, ist Ihr Koalitionspartner, die Österreichische Volkspartei. (Ruf bei der ÖVP: Wieso?)

Diese leugnet so wie ihr Vorsitzender des Hauptverbandes, Herr Dr. Biach, bis heute, dass es überhaupt ein Problem gibt. Ich möchte Ihnen das zitieren. Im „Morgenjournal“ am Montag hat Biach gesagt, „dass es keine Versorgungsprobleme gebe“ – die 129 ös­terreichweit unbesetzten Hausarzt- und Landarztstellen existieren in seiner Welt an­geblich überhaupt nicht – „und appellierte, die Kirche im Dorf zu lassen. [...] Österreich habe die zweithöchste Ärztedichte in der EU“.

Das ist wiederum eine Halbwahrheit, denn es werden da Turnusärzte und Wahlärzte mitgerechnet. Das ist wiederum nicht die Wahrheit, die da der Bevölkerung vermittelt wird. Es wird wieder ein Bild verklärt. Ich möchte Ihnen also wirklich dazu gratulieren – Ihnen als Garant des Leugnens in den letzten Jahren und auch in dieser Regierung –: Herzliche Gratulation an die ÖVP, dass wiederum eine Situation verkannt und eine Chance vergeben wird, Verbesserungen zu schaffen! (Beifall bei JETZT.) – Der Vorsit­zende des Hauptverbandes hat ja ein deutliches Wort mitzusprechen, was diese Situa­tion betrifft.

Um vielleicht den Bogen dahin zu spannen, wie die Realität wirklich ausschaut – es ist keine Panikmache nötig, es ist auch kein Leugnen der aktuellen Situation nötig –: Die aktuelle Realität sieht so aus, dass wir Hausärzte und insbesondere auch Kinderärzte brauchen, und zwar konkret im ländlichen Bereich. Die Zahlen sind genannt worden, 40 Prozent aller Hausärzte sind über 60 Jahre und nur 8 Prozent unter 45 Jahren. Ja, es gibt Gemeinden, in denen überhaupt kein Hausarzt mehr tätig ist. Ja, das sind Pro­bleme, aber da braucht es keine Panikmache, sondern da müssen wir uns nur gemein­sam an einen Tisch setzen und darüber reden.

Um auch konkrete Vorschläge machen zu können, habe ich bei Praktikern nachge­fragt. Und wer wäre ein besserer Praktiker als ein Hausarzt selbst? Ich habe den Ös­terreichischen Hausärzteverband kontaktiert und mir eine Stellungnahme dazu einge­holt, was denn wirklich die Probleme sind, warum Ordinationen in Landgemeinden ge­schlossen werden.

Ein Beispiel, das sehr bezeichnend war, war: ohne Patienten kein Geld. – Ich glaube, es ist für alle nachvollziehbar, dass Ordinationen in Städten, das heißt in urbanen Re­gionen, mehr Zulauf und mehr Frequenz haben als jene in ländlichen Regionen. Das dürfte uns allen klar sein. Das heißt auf der einen Seite, es braucht einen Ausgleich für Landärzte, für Hausärzte, die im ländlichen Bereich tätig sind. Das wurde erkannt. Ich hoffe, dass diesbezügliche Maßnahmen auch folgen.

Der Hausärzteverband schlägt hiezu vor – Hausapotheken werden immer schwerer möglich, weil durch den Ausbau öffentlicher Apotheken die Hausapotheken einfach entsprechend rückgebaut werden –, einen Landarztzuschlag in der Erstattung durch die Krankenkassen vorzusehen. Frau Ministerin, ich bitte Sie, diesen Vorschlag unbe­dingt ernst zu nehmen und mitzunehmen, weil das unter anderem eine Möglichkeit sein kann, wie man diesem drohenden Mangel wirklich entgegenwirken kann.

Auf der anderen Seite sind regionale Initiativen keine Leistung dieser Bundesregierung, wenn sich also ein Bundesland dazu entscheidet, ganz konkret Anschubfinanzierungen für die Errichtung von Praxen, für den Aufbau von Ordinationen zu leisten. Der Bund hat dazu überhaupt nichts beigetragen, das sind Initiativen der Bundesländer, die zu begrüßen und auch weiter zu unterstützen sind.

Ein ganz wichtiger Bereich, der ebenfalls vorgeschlagen wurde, ist, dass wir in den Ländern Finanzmittel investieren müssen, damit diese zum Beispiel den Studierenden Stipendien anbieten und Praxis in den Bundesländern ermöglichen können, um ihnen so den Hausarztberuf, den Landarztberuf näherzubringen.

Ein Beispiel aus Murau, um Ihnen noch zu verdeutlichen, warum der Aufwand für einen Landarzt derart höher ist: Es ist wirklich jenen Ärzten größter Respekt zu zollen, die sich dafür entscheiden, als Landarzt tätig zu sein. Während nämlich in den Städten die Praxen oft randvoll sind, hat man am Land meist eine andere Situation. Das Beispiel eines Allgemeinmediziners aus Murau, Steiermark, hat mich besonders beindruckt, denn dieser ist mit dem Skilift als Geburtshelfer zu einer Geburt gefahren und danach mit den Skiern wieder in seine Praxis im Tal.

Das ist die tagtägliche Situation von Landärzten, die dort draußen tätig sind. Es sind lange Wege, die oft zu bewältigen sind. In dieser Situation sogar Geburtshilfe per Ski zu leisten, also das ist wirklich - - (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das ist nicht zum Lachen, solchen Beispielen muss auch der nötige Respekt entgegenge­bracht werden! Während die einen die Praxen voll haben und dementsprechend nur die Termine wahrzunehmen haben, benötigen die anderen oft einen langen Anfahrts­weg. Deshalb sage ich: Ja, in diesen Bereich muss investiert werden. Das sollten auch Sie tun, liebe Kollegen von der Volkspartei. Das sollten auch Sie tun. (Beifall bei JETZT.)

Ich möchte zum Thema Ärztemangel am Land folgendermaßen schließen: Ja, es gibt konkrete Probleme. Ja, es müssen konkrete Lösungen her. Ja, für diese Situation braucht es auch entsprechende Mittel und Unterstützung. Die Unterstützung für die Menschen, die am Land leben, muss uns auch etwas wert sein. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

14.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist Frau Abgeordnete Verena Nussbaum gemeldet. – Bitte.