15.18

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Ministerin! Hohes Haus! Wir haben in den letzten 2 Stunden – knapp 2 Stunden – sehr viel darüber diskutiert, wer wann was gemacht hat und woran schuld ist. Wir haben aber eigentlich sehr wenig darüber gesprochen, wie wir in Zukunft arbeiten können (Abg. Schimanek: Die Frau Minister hat es gesagt!) und wie wir in Zukunft die Haus­ärztinnen und Hausärzte besser unterstützen können.

Ich glaube, dass da ein ganz wichtiger Ansatzpunkt das Thema Digitalisierung ist. Das ist etwas, was sehr schnell als Floskel daherkommt. Ich muss leider sagen, Frau Ren­di-Wagner, auch in Ihrem Entschließungsantrag ist das mehr eine Floskel, die unten als vorletztes Wort noch hinzugefügt wird. Sie sprechen von besseren Arbeitsbedin­gungen für Ärztinnen und Ärzte und führen dann Beispiele mit „oder“ an: „oder eine Di­gitalisierungsoffensive“. Das ist genau diese Floskel, die wir in diesem Bereich nicht brauchen.

Die Regierung – das muss man leider sagen – macht dazu auch sehr viel Floskelar­beit. Es steht im Regierungsprogramm groß drinnen, aber Maßnahmen, um im Bereich Digitalisierung in der Medizin tatsächlich einen Schritt zu machen, gibt es nicht. Das finde ich nicht nur schade, sondern es ist am Ende des Tages in einer gewissen Art und Weise für die Ärztinnen und Ärzte wirklich eine massive Erschwerung der Arbeit.

Wenn wir uns anschauen, wo Digitalisierung in der Medizin gerade im hausärztlichen Bereich schon stattfindet, dann muss man sagen, wie in vielen Bereichen sind natürlich die nordeuropäischen Staaten weit voraus. Insbesondere das Thema Telemedizin ist dort im Kommen beziehungsweise großteils schon umgesetzt. Den Bereich der Tele­medizin teilt man normalerweise grob in drei Bereiche ein. Das ist erstens einmal das Telemonitoring, das heißt, dass man über Distanzen monitort und schaut, wie sich ein Gesundheitszustand entwickelt. Das kann man beispielsweise via Smartwatches, aber auch mittels täglicher oder regelmäßiger Gespräche über Internetverbindungen et ce­tera machen. Dann gibt es natürlich die Teletherapie, im Rahmen derer man über Fernzugänge auch Therapie machen kann. Für DiabetespatientInnen gibt es beispiels­weise die Möglichkeit, aus der Distanz zu messen, wie hoch aktuell der Insulinwert ist, den man zuführen muss und so weiter. Dadurch kann eine bestmögliche Behandlung stattfinden, ohne dass man jedes Mal zum Arzt gehen muss, was sehr viel Zeit erspart.

Ein weiteres ganz großes Thema sind Telekonferenzen, bei denen man sich während Operationen, während medizinischer Eingriffe mit anderen Ärztinnen und Ärzten aus­tauscht, um zu schauen, was die aktuellen Behandlungsmethoden sind, wo man noch etwas besser machen kann. Ich weiß schon, dass das für viele von Ihnen sehr fern und vielleicht futuristisch klingt, aber das ist im Endeffekt die Medizin der Zukunft. Ich finde es sehr schade, dass die österreichische Bundesregierung, wie auch die Vorgängerre­gierungen, in diesem Bereich nichts macht, einfach zuschaut und eben diesen nächs­ten Schritt nicht gehen will.

Es geht dabei nicht nur um Hausarztmedizin, sondern auch um Notfallprozesse, die man vereinfachen kann. Ein ganz einfaches Beispiel: Man kann den Prozess vom Not­ruf über den Notarzt und das Krankenhaus bis möglicherweise zur Therapie bezie­hungsweise zum Hausarzt für Kontroll- und Routineuntersuchungen danach einfacher abbilden, wenn man nur einmal seine Daten angeben muss und diese weitergegeben werden. Es wäre so einfach, Prozesse zu vereinfachen und wirklich einen Mehrwert zu erzielen, weil am Ende des Tages der Arzt profitiert, der weniger Zeit braucht, um Pa­tienten zu behandeln, und der Patient, der nicht immer den Weg zum Arzt auf sich nehmen muss. Natürlich gibt es Bereiche, in denen es nicht möglich ist, diesen Weg nicht auf sich zu nehmen, aber es würde sehr viel ersparen.

Wenn wir von diesem Thema sprechen, dann heißt es oft: Futuristisch, das funktioniert nicht!, und so weiter. Gerade im Unternehmensbereich – wenn wir uns die Klein- und Mittelbetriebe und auch die Industrie in Österreich anschauen – passiert da aber wahn­sinnig viel.

Schauen wir uns die Voest an! Bei der Voest weiß man am Standort Linz ganz genau, wie viel Grad jeder ihrer Hochöfen weltweit gerade hat. Man weiß auch ganz genau, wie die Produktionsauslastung in den USA oder in internationalen Werken gerade ist, und man weiß auch, wie viele ihrer Container weltweit gerade in den diversen Häfen unterwegs sind und wo sie gerade stehen.

Das sind Zeichen, an denen man sieht, wie einfach es ist, zu profitieren, wenn man die Digitalisierung als Chance betrachtet und aktiv etwas machen will. Warum schaffen wir im österreichischen Gesundheitswesen nicht, was in der Wirtschaft gang und gäbe und weit verbreitet ist?

Auch in Deutschland gibt es Paradebeispiele, wo es auch in der Medizin schon we­sentlich besser funktioniert. Schauen wir uns die deutsche Techniker-Krankenkasse an: Ihr Chef, Jens Baas, läuft selbst als Testimonial mit einer Apple Watch herum und zeigt dadurch, wie einfach es ist, Gesundheitstracking zu machen und über Apps di­verse Dinge abzufedern und schon im Vorhinein zu wissen, wo Gesundheitsrisiken sind und wie man sich darauf einstellen kann.

Die deutsche Techniker-Krankenkasse hat über 10 Millionen Versicherte, die sie mit di­versen Apps beispielsweise serviciert, auch um zu schauen, welche Möglichkeiten es gibt, gesünder zu leben, den Lebenswandel zu verbessern, um wirklich immer auf der Höhe der Zeit zu sein und so am Ende des Tages ganz viel Zeit und Energie in jenem Bereich zu sparen, in dem man mit Ärztinnen und Ärzten zusammenkommt.

Am Ende des Tages ist es, glaube ich, wichtig, dass wir diese Zukunftsthemen ernst nehmen und nicht nur immer diese Showpolitik machen, bei der der eine den anderen beschimpft, er habe alles falsch gemacht, und der andere den Ersteren wieder be­schimpft, er mache jetzt alles falsch. Es ist wichtig, dass wir wirklich zusammenarbei­ten und auch im Bereich Digitalisierung in der Medizin einiges vorantreiben.

Deswegen bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Förderung der Digitalisierung im niedergelassenen Bereich mit Bundesmitteln“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, aus dem Detailbudget ‚24.02.01‘ 100 Mio Euro dauerhaft herauszulösen und für den Ausbau der Digitalisierung im nie­dergelassenen Bereich bereitzustellen. Die Mittel sind jährlich entsprechend des Be­darfs zu erhöhen, wobei zumindest die Inflation berücksichtigt werden soll.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

15.24

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Förderung der Digitalisierung im niedergelassenen Bereich mit Bundesmitteln

eingebracht im Zuge der Debatte in der 59. Sitzung des Nationalrats über den Dring­lichen Antrag der Abgeordneten Dr. Rendi-Wagner

Problemsituation

Die Digitalisierung des niedergelassenen Bereichs und des Gesundheitssystems ins­gesamt schreitet nur sehr schleppend voran.

Aufgrund der Alterung der Bevölkerung und der restriktiven Vertragsvergabe-Politik durch die Selbstverwaltung (Kassen und Ärztekammern) wird das Ungleichgewicht im niedergelassenen Bereich zwischen ärztlichen Angeboten und der Nachfrage durch die Patienten und Patientinnen immer größer.

Digitalisierungsmöglichkeiten

Ein Mittel dem Ungleichgewicht entgegen zu wirken, kann die stärkere Nutzung von di­gitalen Technologien sein. Ausgehend von einer besseren Aufbereitung der ELGA-Da­tenbank sprechen wir hier auch von einer besseren Nutzung der Telemedizin. Konkret geht es dabei um Angebote, wie Telemonitoring, Teletherapie oder Telekonferenzen.

Umschichtung von Bundesmitteln

Um den Ausbau der Digitalisierung im niedergelassenen Bereich voranzutreiben, müs­sen aber auch die nötigen Mittel bereitgestellt werden.

Dabei bietet sich eine Umschichtung von Mitteln der Bundesgesundheitsagentur an. Für 2019 sind beispielsweise 718 Mio Euro für die Krankenanstalten-Finanzierung vor­gesehen. Davon könnten zumindest 100 Mio Euro für die Aufwertung der Digitalisie­rung im niedergelassenen Bereich umgeschichtet werden.

Budget-Voranschlag UG 24 ‚Gesundheit‘:

https://service.bmf.gv.at/BUDGET/Budgets/2018_2019/bfg2019/teilhefte/UG23/UG23_Teilheft_2019.pdf

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, aus dem Detailbudget „24.02.01“ 100 Mio Euro dauerhaft herauszulösen und für den Ausbau der Digitalisierung im nie­dergelassenen Bereich bereitzustellen. Die Mittel sind jährlich entsprechend des Be­darfs zu erhöhen, wobei zumindest die Inflation berücksichtigt werden soll."

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter David Lasar. – Bitte.