10.54

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Schieder, ich finde es wirklich erstaunlich, dass Sie dieser Regierung Faulheit auf europäischer Ebene vorwerfen! Soll ich Ihnen einmal sagen, was Faulheit wirklich ist? – Faulheit ist das, was Bundeskanzler Faymann oder Bundeskanzler Kern, das, was Sie in den vergangenen Jahren gemacht haben. Sie sind nach Brüssel gefahren und haben einfach blind die Meinung der Europäischen Union, von Merkel, Juncker und Co übernommen (Abg. Schieder: Sie fahren nicht einmal hin!), ohne sich ein einziges Mal selber Gedanken zu machen oder für etwas einzustehen. Sie haben das vielleicht aus Tourismusgründen gemacht, aber mit Sicherheit nicht zum Arbeiten! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Aber zurück zum eigentlichen Thema dieser Aktuellen Europastunde, das die NEOS gewählt haben: Ich muss zugeben, sehr geehrte Kollegen der NEOS, Ihr Antrag hat mich ein bissl zum Schmunzeln gebracht, weil Sie mir damit auch eine Steilvorlage geliefert haben; eine Steilvorlage deswegen, weil ich in das, was Sie geschrieben haben, jetzt auch einmal das Übelste hineininterpretieren kann, wie Sie das die ganze Zeit bei unserem Innenminister Herbert Kickl tun (Oh-Rufe bei den NEOS – Abg. Meinl-Reisinger: Der Arme!) – und bei Ihnen wäre das sogar rechtlich gerechtfertigt!

Ich zitiere den Titel: „Nach dem Brexit-Debakel: Jetzt ist die Chance, Europa neu zu gründen!“ – Einerseits ist Ihnen anscheinend nicht einmal klar, dass es einen Unterschied zwischen der Europäischen Union und dem Kontinent Europa gibt, und andererseits verlangen Sie tatsächlich die Neugründung der Europäischen Union. Und was geht einer Neugründung rechtlich voraus, wissen Sie das? (Ruf: Die Auflösung!) – Genau, die Auflösung und Abschaffung der Europäischen Union, so wie sie jetzt besteht. (Ah-Rufe bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Unglaublich!)

Das heißt, kurz zusammengefasst, die Europaliebhaberpartei NEOS stellt sich hierher und fordert tatsächlich die Auflösung der Europäischen Union, so wie sie existiert. (Heiterkeit bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Na, das bringt auch einen ganz neuen Aspekt in diesen Wahlkampf! Wo ist eigentlich der Bundes­präsident, wenn man ihn einmal zum Verurteilen braucht? Das wäre angebracht! (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Doch ich will einmal nicht so unanständig sein wie Sie und interpretiere nicht das Übelste hinein – das war wohl ein Versehen oder nicht ganz bedacht, anders kann ich mir das nicht vorstellen. Was Sie allerdings schockierenderweise tatsächlich ernst meinen, ist eine Forderung Ihrer Spitzenkandidatin Gamon, die sie nicht nur in der „ZIB 2“ geäußert, sondern auch heute wiederholt hat, nämlich nach der Abschaffung der österreichischen Neutralität (Rufe bei der FPÖ: Unglaublich!) – eh nur eine Staatszielbestimmung und eines der wichtigsten Identitätsmerkmale für 73 Prozent der Österreicher in diesem Land.

Sie machen aber nicht bei der Abschaffung der Neutralität halt, Sie wollen darüber hinaus noch eine eigene EU-Armee, einen europäischen Pass, eine eigene EU-Re­gierung, die Steuerhoheit soll an die EU abgegeben werden – kurz gesagt, Sie wollen anscheinend einen Staat Europa mit einem einfachen Bundesland Österreich haben. – Die Auflösung der Europäischen Union war anscheinend ein Versehen, dafür fordern Sie gleich die Auflösung der Republik Österreich. Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann Ihnen versprechen: Diese Forderungen werden nur dazu führen, dass Sie bei der nächsten Nationalratswahl aufgelöst werden! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn ich solche Zukunftsvisionen für Europa und für Österreich höre, bin ich wirklich froh, dass es nicht nur die FPÖ gibt, sondern dass es auch den demokratischen Schutzzaun einer zwingenden Volksabstimmung gemäß Art. 44 Abs. 3 B-VG gibt, der solche Visionen für die Zukunft verhindern wird, denn die EU ist kein Staat, und sie soll auch kein Staat werden. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ sowie Beifall bei der ÖVP.)

Auch die SPÖ hat aber anscheinend immer noch nichts aus dem Brexit und den Fehlern der Vergangenheit gelernt und will immer mehr Kompetenzen nach Brüssel abschieben. Sie verharrt in ihrer populistischen Anti-FPÖ-Angstmacherei-Dauerschleife, ohne sich irgendetwas inhaltlich Konstruktives einfallen zu lassen. Anstatt herzugehen und ständig, wie Sie es heute wieder einmal gemacht haben, den bösen, bösen Rechtspopulisten die Schuld am Brexit zu geben, sollten Sie vielleicht einmal darüber nachdenken, ob nicht gerade Ihre europäische Politik des Zentralismus, des Drüber­fahrens über nationale Interessen und des Stillschweigens für solche Zustände, wie wir sie jetzt haben, verantwortlich ist. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Nicht diejenigen, die die EU kritisieren und Fehlentwicklungen aufzeigen, nicht wir sorgen für eine gespaltene EU, nein, Ihre Politik, jede kritische Auseinandersetzung zu unterbinden, indem alle als EU-Feinde, als Populisten et cetera bezeichnet werden, sorgt für immer mehr Streitereien, Unruhen und Konflikte zwischen den Mitglied­staaten. Das ist das eigentliche, wahre Problem der europäischen Politik der Vergan­genheit.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sollten den Brexit als Warnsignal sehen, dass es eben mit der EU so nicht weitergehen kann. Da bringt es überhaupt nichts, ständig darüber zu philosophieren oder sich Gedanken darüber zu machen, dass die Bevöl­kerung immer wieder neu abstimmen sollte, sondern wir sollten lieber die Konsequen­zen aus dieser verfehlten Politik der Vergangenheit ziehen.

Wir wollen ein Europa, das sich auf die großen Fragen konzentriert und sich gleich­zeitig bei den Themen, die besser auf nationaler Ebene geregelt werden können, zurücknimmt. Wir wollen ein starkes, bürgernahes Europa mit einem starken, neutralen Österreich und keinen zentralistischen Superstaat à la SPÖ oder NEOS! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.00

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Besucher von der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik recht herzlich bei uns auf der Galerie begrüßen und als nächstem Redner Herrn Abgeordnetem Rossmann das Wort erteilen.