18.07

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Kollege Leichtfried, ich möchte einmal damit beginnen, wo wir uns einig sind. Es ist tatsächlich beein­druckend, was Ehrenamtliche in Österreich leisten, nicht nur bei den Rettungsdienst­organisationen, nicht nur bei den Feuerwehren, das gilt genauso für den Kulturbereich, das gilt genauso für den Sportbereich, das gilt natürlich auch für viele kleine Vereine, die bei uns in Österreich überaus wertvolle Arbeit leisten. Gerade diese Ehrenamt­lichen verdienen natürlich die größtmögliche Wertschätzung, die man nur geben kann. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) – Da kann man, denke ich, wirklich applaudieren.

Die Zahlen in Österreich sind tatsächlich beeindruckend: Über drei Millionen Öster­reicherinnen und Österreicher engagieren sich ehrenamtlich in der einen oder anderen Form, es sind 720 Millionen Stunden pro Jahr, das entspricht 400 000 Vollzeit­äqui­valenten und das entspricht einer Summe von in etwa 16 Milliarden Euro pro Jahr. Das sind enorme Leistungen. Man muss auch einmal festhalten: Da sind wir sogar im europaweiten und im weltweiten Vergleich ganz, ganz vorne dabei. Das ist ein Wert, der in Österreich gelebt wird: in der Eigenverantwortung zu agieren, solidarisch zu sein, wenn zum Beispiel eine Naturkatastrophe passiert. Das ist ganz, ganz wertvoll.

Jetzt komme ich aber zu einem Punkt, wo wir uns vielleicht nicht ganz einig sind. Ich würde vorschlagen, Herr Kollege Leichtfried, vielleicht reden Sie auch mit den betrof­fenen Organisationen, wie die dieses Thema sehen! (Abg. Leichtfried: Das machen wir dauernd!) Ich darf zum Beispiel Gerry Foitik zitieren, immerhin Bundesrettungs­kommandant des Roten Kreuzes. Was sagt zum Beispiel Gerry Foitik zu diesem Thema? – Er sagt: „Uns ist wichtig, dass dieses System der Freiwilligkeit aufrecht­erhalten bleibt und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge – wie der Rettungsdienst – nicht kommerzialisiert werden“. „Pickt man durch eine Kommerzialisierung des Ret­tungs­dienstes in einzelnen Regionen die Rosinen aus dem Kuchen, kollabiert das System: Neben dem Rettungsdienst ist dann die hauptsächlich von Freiwilligen aus dem Rettungsdienst getragene Katastrophenhilfe“ – da sind wir beim Thema – „in der derzeitigen Form nicht“ mehr leistbar. – Das sagt nicht die Politik, sondern das sagt der Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes.

Ich möchte auch ein anderes Zitat bringen. Ich war persönlich wirklich sehr beein­druckt, was da geleistet wird, gerade bei uns in der Region – ich komme aus der Region südliches Mostviertel, Hochkar, das war sehr stark in den Medien, natürlich auch das Ötschergebiet; Frau Bürgermeisterin Gruber ist ja auch im Nationalrat. Es ist tatsächlich beeindruckend, was die Rettungsorganisationen da leisten, und da möchte ich natürlich an dieser Stelle ein großes Danke sagen.

Wichtig ist aber auch, zu sehen, wie die Systeme organisiert und aufgestellt sind. Das sagt zum Beispiel der Landesfeuerwehrkommandant von Niederösterreich, Didi Fahrafellner, dazu: „‚Glaubt man vereinzelten Wortspenden, die in den vergangenen Tagen mancherorts zu hören waren, musste man den Eindruck gewinnen, dass die freiwilligen Feuerwehren bei Katastropheneinsätzen personell überfordert seien.‘ De facto sei aber genau das Gegenteil der Fall: Täglich kämen Anfragen von Mitgliedern, die ihre Hilfe anbieten. ‚Bei derartigen Ereignissen stehen ausreichend Leute zur Ver­fügung. [...]‘“.

„Eine Art ‚verpflichtende Freistellung‘ wolle man überhaupt nicht, im Gegenteil. Sie würde ‚alles ruinieren‘. Die große Angst bei einem gesetzlich verankerten Sonder­urlaub: ‚Im schlimmsten Fall wird ein Unternehmer dann auf die Anstellung von Feuer­wehrmitgliedern in seinem Betrieb verzichten‘ [...]. Also quasi ein riesengroßes Eigen­tor.“ „‚Keinem Kleinunternehmer ist es zumutbar, auf einen seiner wenigen Mitarbeiter viele Stunden oder gar tagelang zu verzichten‘ [...].“ Ein vernünftiges Miteinander auf betrieblicher Ebene schafft die wesentlich besseren Lösungen. Ein Miteinander von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, das wir immer wieder einfordern, ist die Lösung schlechthin.

Ich möchte aber schon auch zu dem Punkt kommen, was Freiwillige und Ehren­amts­organisationen brauchen, damit sie auch in Zukunft funktionieren. Ich höre immer wieder, es sind im Wesentlichen zwei Dinge: Sie wollen eine ordentliche Ausstattung haben, und sie wollen Sicherheit. Wenn sie in den Dienst gerufen werden, wenn sie in den Einsatz gerufen werden, geht es um eine ordentliche Ausstattung. Ich halte es zum Beispiel für einen richtigen Zugang, darüber nachzudenken, ob wir vermehrt auch Ausrüstungen für Katastropheneinsätze aus dem Bundeskatastrophenfonds finanzie­ren. Bei den Feuerwehren passiert das teilweise, bei den anderen Rettungsorganisa­tionen noch nicht.

Wir müssen ständig daran arbeiten, zum Beispiel am Thema Hepatitisimpfung. Ich weiß, das ist ein wichtiges Thema für die Feuerwehren. Hier haben wir in der letzten Gesetzgebungsperiode schon eine Lösung geschaffen, aber es ist halt leider nur eine halbe Lösung, weil derzeit die Logistik dahinter nicht wirklich funktioniert. Die Feuer­wehren haben gesagt: Die Logistik machen wir selber, wir machen auch die Impfung selber! Besser wäre es natürlich, das in einem Gesamtsystem darzustellen. Der Feuerwehrmann, die Feuerwehrfrau soll zum Arzt gehen und soll sich die Hepatitis­impfung holen können. Das wäre in Summe wesentlich einfacher.

Wir haben zum Beispiel auch die Frage der Notärzte geklärt, eine Klarstellung in der Notärztefrage getroffen, nämlich dahin gehend, wann ein Notarzt selbstständig arbei­ten darf und wann ein Angestelltenverhältnis vorliegen muss – die SPÖ hat dieser Lösung übrigens nicht zugestimmt –; auch das war ein wichtiger Schritt.

Wir brauchen zum Beispiel eine Änderung im Blutsicherheitsgesetz, das höre ich immer wieder vom Roten Kreuz. Es wird immer schwieriger, letztlich auch die Ärzte für Blutspendeaktionen zu bekommen.

Wir wollen das Ehrenamtsgütesiegel schaffen, das ist schon auch eine große Wert­schätzung für das Ehrenamt. Das heißt, letztlich sollen auch Qualifikationen, die man im Ehrenamt erwirbt, zertifiziert werden. Wir müssen sehr aufpassen, dass das System dann nicht zu bürokratisch wird. Das sind aber die Dinge, die kleinen Schritte, die die Arbeit der Ehrenamtlichen erleichtern.

Abschließend möchte ich noch eine Studie aus dem Sozialministerium zitieren: Es ist untersucht worden, warum sich Ehrenamtliche engagieren.

Präsidentin Doris Bures: Sie müssen zum Schlusssatz kommen, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (fortsetzend): Es gibt zwei zentrale Motive, die für Ehrenamtliche wichtig sind: Sie wollen anderen helfen, das altruistische Motiv. Meine Frau zum Beispiel war heute den ganzen Tag im Rettungsdienst, und wenn sie am Abend nach Hause kommt, freut sie sich ganz einfach, etwas Wertvolles für unsere Gesellschaft geleistet zu haben. Jemand anderem zu helfen, ist also wichtig; und Ehrenamtliche wollen Gemeinschaft erleben.

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, das ist ein sehr langer Schlusssatz, den Sie da formulieren. Ich würde Sie wirklich bitten, kurz den Gedanken zu beenden, und dann gehen wir in der Rednerliste weiter.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (fortsetzend): Ich bedanke mich noch einmal bei den vielen, vielen Menschen, die ehrenamtlich agieren. Wir müssen bei einer Systemänderung sehr vorsichtig vorgehen, und ich bedanke mich noch einmal sehr herzlich dafür. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.13

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Mag. Andreas Schieder gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Der hat am meisten Angst vor dem Feuer! – Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ.)