10.52

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Geschäftsordnung des österreichischen Natio­nal­rates sieht eigentlich vor, dass keine Geschäftsordnungsdebatte abzuhalten ist, wenn jemandem bereits das Wort erteilt wurde, sondern nach dessen Redebeitrag. Es soll mir aber recht gewesen sein. (Abg. Haider: Die habt eh ihr verlangt! Unglaublich!) An sich ist es in der Demokratie jedoch üblich, dass man die Spielregeln beachtet und konsensual leben sollte. Das ist ein Problem, das sich für Europa stellt, aber offensichtlich auch – wenn ich die letzte halbe Stunde hier im Hohen Haus betrachte – in Österreich. Demokratie zu leben heißt nämlich auch, die Spielregeln zu beachten. Es heißt auch, Fristen zu beachten. Es heißt auch, Begutachtungen zu beachten, und gerade bei einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das eine Gesetzesän­de­rung – in dem Fall zur Frage des Karfreitags – in Österreich nach sich zieht, wäre es nur billig gewesen, eine ordentliche Begutachtung über den Entwurf zu machen, an­statt um Mitternacht hintenherum einen Entwurf vorzulegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz sachlich: Wenn man das dauernd macht (Ruf bei der ÖVP: Brexit!), ist es leider so, dass am Schluss die demokratische Kultur ein Stück weit kaputtgeht. Das ist auch ein Appell an Sie, Herr Präsident: Sie als Präsident des Nationalrates sind eigentlich dafür zuständig, dass das österreichische Parlament effizient arbeiten kann, sodass die Bürgerinnen und Bürger, wenn sie zuschauen, auch den Eindruck haben: Hier wird an der Zukunft unseres Landes gearbeitet und nicht durch Tricksereien und Mitternachts­vorlagen versucht, irgendwelche Dinge einfach durchzupeitschen, vor allem dann, wenn sie zum Nachteil der Österreicher sind, weil ihnen von der Regierung einfach ein Feiertag geklaut und gestrichen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Das stimmt ja nicht! – Abg. Hafenecker: Geklagt hat die Arbeiterkammer! Die Bombe haben Sie selbst gelegt!)

Da sieht man auch schon: Ein europäisches Gericht entscheidet, wie damit umzu­gehen ist, und es ist zwar vermutlich europarechtskonform, was die Regierung für den Karfreitag vorgeschlagen hat, aber es ist die schlechteste Variante, nämlich die, dass am Schluss alle weniger haben. Das hat natürlich das europäische Gericht nicht gemeint. Es hat eigentlich gemeint, dass die anderen Österreicher den Evangelischen gleichzustellen sind. (Rufe bei der FPÖ: Nein, das ist nicht dringestanden! Woher wissen Sie das? – Abg. Steinacker: Sie maßen sich an, den EuGH zu interpretieren! Diese Ableitung ist nicht dringestanden! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, ich maße mir an zu interpretieren, was ein europäisches Gericht gesagt hat, denn das ist die Aufgabe von Politikern. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie aber maßen sich eines an: Sie maßen sich an, den Österreichern einen Urlaubstag zu stehlen, und Sie maßen sich an, den Evangelischen einen Feiertag zu stehlen! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Blödsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Beruhig dich!) Das ist das, was Sie sich anmaßen, und das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, sehr geehrte Frau Abgeordnete! (Abg. Deimek: Eine Frechheit! – Abg. Hafenecker: Gestohlen haben Sie!) Nur damit das einmal klar gesagt ist, wer sich hier im Haus was anmaßt. Sie sind eine billige Feier­tagsdiebin! (Abg. Deimek: Die Partei der Stehler! Sie sollten sich mit dem Wort stehlen zurückhalten!) Das ist das, was Sie machen: Sie nehmen den Leuten einfach den Karfreitag weg. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker. – Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Aber jetzt weiter zur Europäischen Union, denn die Europäische Union ist auch in einer schwierigen Phase - - (Ruf bei der FPÖ: Aber nicht nur die Europäische Union! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ja, aber ehrlich gesagt: Wie ist es denn? (Präsi­dent Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Ja, dann bleiben wir bei dem Thema und lassen wir das! Bleiben wir bei dem Thema! (Abg. Hafenecker: Ja, bleiben wir dabei!) So ist es: Europäische Gerichte entscheiden. Übrigens, zur Klage der Arbeiterkammer (Ruf bei der FPÖ: Genau! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ): Diese bringt ein, dass es da einen Gleichheitswiderspruch gibt. Das europäische Gericht entscheidet: Gleichheit herstellen heißt (Abg. Deimek: Ihr glaubt ja nicht im Ernst, dass einen zusätzlichen Arbeitstag ...! – weitere Zwischenrufe bei FPÖ und SPÖ – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen), dass den Leuten, die nicht evangelisch sind, denen, die nicht altkatholisch sind, auch das Recht zusteht, am Karfreitag freizuhaben. (Ruf bei der FPÖ: Das steht aber so nicht drinnen! – Abg. Steinacker: Nein, Sie ...! Unglaublich!) – So, und was machen Sie? – Sie sagen: Das beste Gleichheitsniveau ist, wenn ich allen etwas wegnehme. (Weiterer Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Das ist das Gleichheitsprinzip der Regierung, und das ist schlecht! (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei der FPÖ.)

Wir wollen, dass alle mehr haben, mehr Freizeit und auch einen Feiertag mehr. Das ist unsere Vorstellung von Gesellschaft, und das sollten Sie sich hinter die Ohren schrei­ben! – Danke schön. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Eine hervor­ragende Rede!)

10.56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich begrüße sehr herzlich die Schülergruppe aus Fürstenfeld. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lopatka. – Bitte.