11.25

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kollegin Zadić! Ich bin ein wenig verwundert über die Art Ihres Rede­beitrags, denn ich habe angenommen, der Tagesordnungspunkt, um den es jetzt gerade geht, ist die EU-Jahresvorschau 2019. Und wenn ich in den sehr kompetent und kompakt gestalteten Bericht hineinschaue, dann sehe ich, hier geht es um Tagun­gen des Europäischen Rates, Vorhaben betreffend die Zukunft Europas, um institutio­nelle Angelegenheiten, den Mehrjährigen Finanzrahmen und um viele andere Themen, bis hin zur Erweiterung. Das Thema aber, das Sie der Regierung vorwerfen ständig aufspielen zu wollen, nämlich Migrationspakt, Migrationskrise, oder die Frage, welche Maßnahmen der Innenminister setzt, ist nicht darin enthalten. Ich frage mich, ob nicht Sie ein größeres Interesse an diesen Themen haben als alle anderen und das nur uns vorwerfen, weil Sie es selbst brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Wollen Sie der Frau Zadić vorschreiben, was sie sagen kann?)

Ich möchte mich an die Fakten und an das, was die EU-Jahresvorschau hergibt und was die großen Themen für 2019 sein werden, halten. Der Herr Bundeskanzler ist bereits auf einige dieser Themen eingegangen, und natürlich wird die Frage, in welcher Art und Weise Großbritannien die Europäische Union verlässt, auch dieses nächste halbe Jahr prägen. Da der nächste Tagesordnungspunkt aber auch das sogenannte Brexit-Begleitgesetz enthält, möchte ich nicht zu detailliert darauf eingehen, weil wir das noch in der nächsten Debatte werden tun können, aber das als Anlass nehmen, um vielleicht auch einen gegenteiligen Aspekt einzubringen.

Die Tatsache, dass die Europäische Union allgemein als Erfolgsprojekt gesehen wird, beruht auch auf der Tatsache, dass es ein Friedensprojekt ist, ein Projekt, das de facto nach Jahrhunderten des Krieges innerhalb der europäischen Staaten Wohlstand ge­schaffen hat. Deswegen war es umso unglaublicher für mich und für viele andere, als sich Großbritannien dafür entschieden hat, diese Union, dieses Erfolgsprojekt, jetzt zu verlassen. Ich halte das für eine Katastrophe für beide Seiten, und, egal, wie es ausgesehen wird, wir schaffen es nur, die geringstmögliche Lose-lose-Situation und keine Win-win-Situation mehr zu erreichen. Ich halte es aber für umso wichtiger, gerade in einer solchen Situation, auch den gegenteiligen Aspekt hervorzuheben, der wesentlich ist, nämlich die Frage, in welche Richtung sich die Europäische Union er­weitern kann.

Es ist Tradition der österreichischen Außenpolitik, für eine klare Beitrittsperspektive der Staaten am Westbalkan einzutreten, aus vielen verschiedenen Gründen: einerseits, weil wir einen historisch sehr engen Konnex zu diesem Bereich Europas haben, ande­rerseits aber auch, weil wir uns entscheiden können, ob wir als Europäische Union Stabilität exportieren oder Instabilität importieren wollen. Und die Beitrittsperspektive für alle Staaten am Westbalkan, natürlich unter Auflagen, ist ein unglaublicher Motor für Weiterentwicklung, für Veränderung, für rechtsstaatliche Reformen in diesem Be­reich und für die proeuropäischen Kräfte. Dafür haben wir uns während der Ratspräsi­dentschaft eingesetzt, und das ist auch ein Schwerpunkt im nächsten Halbjahr wäh­rend der rumänischen Ratspräsidentschaft.

Österreich macht das traditionellerweise, deswegen ist es, wie gesagt, auch ein Schwerpunkt, weil es notwendig ist, dass diese Länder einen Anreiz haben, sich in die richtige Richtung zu entwickeln. Es gibt eine Dynamik, die sich entwickelt hat – auch während der österreichischen Ratspräsidentschaft –, die hoffen lässt, dass eine positive Entwicklung vorgezeichnet ist. Ich spreche davon, dass ein jahrzehntelanger Streit zwischen – jetzt – der Republik Nordmazedonien und Griechenland beigelegt worden ist, ein Streit, der die Weiterentwicklung von Nordmazedonien blockiert hat, in jede Richtung. Es ist schön zu sehen, dass es auch während unserer Präsidentschaft – ich war kurz vor dem Referendum in Mazedonien – einen Schritt in die richtige Rich­tung gegeben hat. Dadurch ist eine Dynamik entstanden, die vielleicht auch dazu beitragen kann, dass andere Konflikte in dieser Region gelöst werden. Ich spreche da vor allem vom Belgrad-Pristina-Dialog, der einen Schritt in die richtige Richtung auch während der österreichischen Ratspräsidentschaft gegangen ist.

Ich möchte aber auch den Damen und Herren in Nordmazedonien Dank und Anerken­nung aussprechen, dass sie sich für diesen Schritt entschieden haben. Sie haben per Verfassung den Namen ihres Landes geändert, um die internationale Blockade zu beenden. Das verlangt auch großen Respekt, denn ich möchte nur darauf hinweisen, was oft in Österreich passiert, wenn man aufgrund von notwendigen Verwaltungs­reformen Bezirke zusammenlegt und Verwaltungsgrenzen ändert, ohne substanziell in die Verfassung oder Selbstbestimmung einzugreifen: Das ist oft sehr schwierig und auch mit vielen medialen Debatten verbunden.

Dieses Land hat es geschafft, den Namen eines ganzen Staates zu ändern, dadurch eine internationale Blockade aufzulösen und dadurch einen Weg Richtung Europa möglich zu machen. Diesen wollen wir weiter unterstützen, weil es, wie gesagt, not­wendig ist, eine klare Perspektive für diese Staaten am Westbalkan aufzuzeigen. Ich lege da so viel Gewicht darauf, weil uns das als österreichischer Bundesregierung auch im nächsten halben Jahr besonders wichtig ist. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.30

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlakovich ist der nächste Redner. – Bitte.