12.26

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Tschank, Sie haben gesagt, die Europäische Union sei mitschuldig gewesen am Brexit. – Es war nicht die Europäische Union, die schuld daran ist, dass die Briten ausgetreten sind, es war auch nicht Angela Merkel, die schuld daran war, dass die Briten ausgetreten sind. Schuld waren rechte und konservative Politiker, die die Menschen in Großbritannien belogen haben (Beifall bei NEOS und JETZT), die ihnen Milch und Honig versprochen haben. (Ruf bei der FPÖ: Ja ist eh klar! Die, die Gesetze machen, sind nicht schuld ...!)

Und was kriegen sie jetzt? – Eine Rechnung nach der anderen. Es wird nämlich außerhalb der Europäischen Union für die Briten wesentlich teurer werden. Und dieses Geld, das man versprochen hatte, das plötzlich daherkommen wird, das man ins Ge­sund­heitssystem und sonst überall hineinstecken kann, das ist nicht nur nicht da, sondern es wird im Nachhinein noch weniger da sein, das man in Großbritannien investieren kann. (Abg. Rosenkranz: Also dieses dumme Wahlvolk sollte man wirklich abschaffen!) Das ist die Konsequenz eines Austritts aus der Europäischen Union; und es waren konservative und rechte Politiker, die die Schuld daran tragen. (Beifall bei den NEOS.)

Wo kann man das nachlesen? – Auf Twitter. Da gibt es einen super Account, der heißt „Led By Donkeys @ByDonkeys“, das heißt angeführt von Eseln, und der sammelt Aussagen britischer Politiker im Vorfeld des Brexit-Votums, packt diese auf riesige Plakate und stellt sie in London hin, wie zum Beispiel jene von Boris Johnson, der gesagt hat: Es gibt keinen Plan für keinen Deal, weil wir einen großartigen Deal bekommen werden!, oder Michael Gove, der gesagt hat: Am Tag, nachdem wir für einen Austritt gestimmt haben, werden wir alle Karten in der Hand haben und den Weg wählen können, den wir wollen!, oder John Redwood, der gesagt hat: Aus der EU rauszukommen kann schnell und einfach sein – Großbritannien hat die besten Karten in jeder Verhandlung! (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Steger.)

Was ist das im Nachhinein wert? – Das alles sind Dinge, die konservative Politiker und EU-Skeptiker in Großbritannien im Vorfeld des Brexits gesagt haben – leichtfertig, verantwortungslos, ohne jegliche Ahnung, was populistische und machtgierige Politik letztendlich zu verantworten hat, nämlich dass die Chancen von Hunderttausenden, Millionen junger Britinnen und Briten für Jahrzehnte, die noch kommen werden, einfach so weggeworfen sind, vom Tisch gewischt. Es gibt keine Chancen mehr für die jungen Europäerinnen und Europäer in Großbritannien, die gerne in der Europäischen Union geblieben wären.

Und warum war das? – Weil man über die Folgen eines Brexits belogen worden ist. Ich habe heute schon über das Thema Desinformation gesprochen, das war ein wichtiger Teil davon. Es war ein wichtiger Teil davon, dass man keine Kontrolle mehr darüber hatte, wie eine Debatte eigentlich verläuft, weil man sich vollkommen darauf verlassen hat: Na ja, es wird schon stimmen, was die Politikerinnen und Politiker sagen, das sind ja ordentliche Leute, die haben ja eine große Verantwortung, die werden uns schon nicht belügen! – Blöd gelaufen.

Warum sage ich das alles? (Abg. Neubauer: ... Redezeit!) – Weil wir auch in Öster­reich darauf schauen müssen, dass wir der Europäischen Union nicht die Schuld für Dinge zuschieben, die wir selber mitbestimmen können, für Dinge, die wir selber in der Hand haben können, um etwas besser zu machen.

Im EU-Unterausschuss hat Minister Blümel gesagt: Es bringt nichts, die EU für Dinge verantwortlich zu machen, für die sie nicht verantwortlich ist, aber es bringt auch nichts, Probleme zu kaschieren und so zu tun, als wären es keine!, und hat die Migrationskrise als Beispiel dafür genannt – wo wir doch wissen, dass es einzelne Mitgliedstaaten waren, die verhindert haben, dass es eine europäische Lösung für diese Herausforde­rung gibt!

Wir müssen damit aufhören, die Europäische Union – wenn auch noch ein bisschen subtiler als in Großbritannien – für Dinge verantwortlich zu machen, für die wir selber die Verantwortung tragen. Da gibt es natürlich Beispiele wie ein super österreichisches Anti-Gold-Plating-Gesetz, bei dem es darum geht, dass wir uns vorschreiben, dass wir nicht mehr freiwillig Anforderungen von EU-Vorgaben übererfüllen. – Wie das Wort freiwillig schon sagt: So ein Gesetz bräuchte man nicht. (Abg. Gudenus: Die euro­päische Lösung als Selbstaufgabe!) Man könnte auch einfach die Verantwortung für die Dinge übernehmen, die man so tut, anstatt sie anderen Menschen oder der Europäischen Union zuzuschieben, denn so wird Stück für Stück Vertrauen in die Europäische Union vernichtet, und dann steht man vor dem Salat. Das kann man sich jetzt in Großbritannien anschauen. (Beifall bei den NEOS.)

12.29

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Mag. Blümel zu Wort gemeldet. – Bitte.