12.54

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Damen und Herren! Wir behandeln jetzt Tagesordnungs­punkt 4, die Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz. Inhalt dieser Novelle ist die neue e-card mit Foto. Grundsätzlich: ja. Wenn man sich aber den Gesetzestext anschaut und sich die Frage stellt, wo eigentlich der Mehrwert dieser neuen e-card mit Foto für die Versicherten ist, was eigentlich diese neue e-card mit Foto mehr kann als die alte e-card ohne Foto, dann sieht man, dass wieder all das passiert ist, was Sie in den letzten 14 Monaten hier in diesem Hohen Haus an Gesetzgebung betrieben haben, nämlich eine dilettantische Gesetzesvorlage, die wieder einmal ohne Begut­achtung versendet worden ist und die keinen Mehrwert für die Versicherten hat.

Ihr Entwurf, Frau Bundesministerin, ist eine e-card Neu, die keinen Ausweischarakter mit sich bringt, das heißt, wenn man medizinische Leistungen mit dieser neuen e-card in Anspruch nimmt, so ist die Ausweispflicht mit Personalausweis oder Reisepass weiterhin notwendig – also keine Verbesserung.

Der nächste Punkt: Sie beschreiben in Ihrer Gesetzesvorlage keine Kriterien, wie diese Fotos zu handhaben sind beziehungsweise welche Merkmale sie aufweisen müssen. Es können laut Ihrem Gesetzentwurf auch alte Fotos sein, wobei man dann überhaupt keinen Mehrwert von dieser ganzen Regelung hat.

Einer der Gründe dafür, warum wir auch immer dafür waren, dass es eine neue e-card gibt, ist, dass wir Sozialmissbrauch durch die e-card eindämmen wollen. Das Problem ist, dass sich die Versicherten diese Mehrkosten von über 32 Millionen Euro wieder selbst zahlen. Es gibt Missbrauchsfälle, diese sind auch aufgrund einer parlamen­tarischen Anfrage zum Vorschein gekommen, deren Kosten Sie mit rund 80 000 bis 100 000 Euro im Jahr beziffern. Es waren laut Ihrer parlamentarischen Anfragebeant­wortung sage und schreibe 812 Missbrauchsfälle in der Zeit von 2014 bis 2016. Da muss man Kosten und Nutzen gegenüberstellen und diese Kosten für eine e-card Neu, die nichts kann, schon infrage stellen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Holzinger-Vogtenhuber.)

Das weitere Problem, auf das viele Experten hinweisen, sind datenschutzrechtliche Be­denken, Verstöße gegen EU-Recht betreffend Ungleichbehandlung von Österreichern und Nichtösterreichern bis hin zu verfassungsrechtlichen Problemen, wobei Sie Ihre Verantwortung und Kompetenz an den Innenminister abgeben, indem die Selbstver­wal­tung unter Bindung an die Weisungen des Innenministers tätig wird. Das ist auch einzigartig und wirklich zu hinterfragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt ist dieser enorme zusätzliche Aufwand für alle Versicherten dort, wo jetzt noch kein Foto für die Ausstellung zu verwenden ist. Ich habe hier eine Anfrage von einem Bürger erhalten, der schreibt: Nach dem Gesetzeswortlaut sind für 15-Jährige für die e-card bei der Ausstellung des Passes als Zehnjährige diese Passfotos für die e-card zu verwenden. Es ist in Ihrem Gesetzestext nicht geregelt, ob abge­laufene Passfotos verwendet werden können, sollen oder nicht. Das ist nicht gere­gelt. – Zitatende.

Es werden auch ganz klar alle Eltern in Österreich, die jetzt ein 14-jähriges Kind haben, darauf hingewiesen, dass es dann ab 2020 notwendig sein wird, diese Fotos zu bringen. Sie müssen bitte auch darauf hingewiesen werden: Sie brauchen diese neue e-card mit Foto, um überhaupt einen Anspruch auf Gesundheitsversorgung zu haben.

Lassen Sie mich abschließend noch sagen, warum wir derartig enttäuscht sind! Wir haben Ihnen die Brücke im Sozialausschuss am 19. Februar gebaut, indem wir einen Antrag auf Ausschussbegutachtung gestellt haben. Wir haben euch von FPÖ und ÖVP angeboten: Machen wir eine Ausschussbegutachtung bis 15. März, damit wir Experten noch einmal alle diese offenen Fragen stellen und die Probleme lösen können! Am 20. März ist eine Sitzung des Sozialausschusses geplant, mit Ende März können wir das hier im Plenum verabschieden. – Sie haben das leider abgelehnt.

Aus diesem Grund geben wir Ihnen heute noch einmal eine Chance, eine gescheite, vernünftige und sichere e-card mit Foto zu machen, indem wir einen Rückver­weisungsantrag stellen. Sie haben die Möglichkeit, diesen Antrag zu unterstützen und damit dieses Husch-Pfusch-Gesetz zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich noch eines loswerden: Bitte machen wir doch nicht mit einem schnellen Gesetz ohne Begutachtung den gleichen Fehler wie beim Arbeitszeitgesetz, wo man hintennach sieht (Abg. Gödl: Was sieht man?), dass Veränderungen notwen­dig sind, oder beim Sozialversicherungsreform-Abbau für die Versicherten, wo jetzt schon Ihre Experten erste Texte umschreiben müssen, weil das Gesetz korrigiert wer­den muss – weil Sie es auch in diesem Fall wieder einmal durchgepeitscht haben, ohne mit den anderen zu reden –, und wo Sie von einer Leistungsharmonisierung für die Versicherten durch Ihre Reform sprechen, und jetzt wird offensichtlich, dass in Oberösterreich die Zeckenschutzimpfung statt 15 Euro in Zukunft 64 Euro kostet. Es erfolgt also eine Harmonisierung nach oben bei Selbstbehalten, aber nicht bei den Leistungen, und das ist keine gute Politik!

Machen Sie bitte Politik für die Versicherten in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

13.01

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch spricht als Nächste. – Bitte.